Kreis Pinneberg. Defekte Lamellen an Stromkabeln müssen ersetzt werden. Arbeit erfolgt vom Helikopter aus. Es geht dabei um den Vogelschutz.
Diese Arbeit ist nichts für Menschen, die leicht zur Nervosität neigen. Gelassenheit, Sorgfalt und Zuversicht zeichnen diejenigen aus, die derzeit an der Höchstspannungsstromleitung der Tennet TSO im Raum Quickborn und Kaltenkirchen arbeiten. Vom Helikopter aus müssen die Stromkabel repariert werden. Das ist nicht nur eine diffizile Arbeit in luftiger Höhe. Am Dienstag ist auch noch zweimal der ausgeklügelte Zeitplan aus den Fugen geraten.
Um 9 Uhr soll die A 7 zwischen Kaltenkirchen und Quickborn das erste Mal von der Polizei gesperrt werden, damit gefahrlos an den Stromleitungen über der sechsspurigen Straße gearbeitet werden kann. Doch die Netzleitstelle in Lehrte bei Hannover, die bundesweit den Betrieb aller Überlandleitungen koordiniert, gibt kein Okay für die Abschaltung der Stromtrasse. Die Leitungen werden noch gebraucht. Erst knappe eine Stunde später sind die Kapazitäten nicht mehr vonnöten.
Mit gut einstündiger Verspätung geht es ans Werk
Gegen Mittag ist dann die zweite Trassenabschaltung inklusive Autobahnsperrung geplant, doch der Funkverkehr zwischen dem Piloten und den beiden Männern in dem Korb, der unter dem Hubschrauber hängt und von dem aus sie an den Kabeln arbeiten, funktioniert nicht. Auf dem Flugplatz Alveslohe, von wo aus die Crew startet, muss gebastelt werden. Mit gut einstündiger Verspätung geht es ans Werk. Die Mannschaft ist dafür so schnell, dass der geplante dritte Flug am Nachmittag – inklusive dritter Autobahnsperrung – entfallen kann.
Das alles verfolgt Peter Hilffert von Tennet von einer Autobahnbrücke nahe der Autobahnabfahrt Henstedt-Ulzburg aus. Er ist Bürgerbeauftragter des Stromnetzbetreiber mit Sitz in Bayreuth und Mutterkonzern in Holland. Wenn man ihn als Blitzableiter für die Menschen bezeichnet, mag er nicht widersprechen. Hilffert informiert Bürger und Politiker, hält Kontakt zu Behörden und Polizei, organisiert Informationsveranstaltungen und sorgt dafür, dass Tageszeitungen und Rundfunk rechtzeitig vor möglichen Staus warnen. Und er zeigt sich zufrieden mit dem Verlauf der Aktion.
30 mal 40 Zentimeter großen Lamellen dienen dem Tierschutz
Und wofür das Ganze? Von 2015 bis 2019 hat die Tennet ihre sogenannte Mitteltrasse von Flensburg bis zur Elbquerung bei Hetlingen von einer 220- auf eine 380-Kilovolt-Leitung aufgerüstet. Mehr von dem im Norden produzierten Windstrom soll dadurch zu den Verbrauchern im Süden Deutschlands transportiert werden. Dies ist eines der wichtigen Projekte der Energiewende.
Doch die auf den Kabeln angebrachten Lamellen sind bereits schadhaft. Sie müssen ausgetauscht werden, weil sie hinabfallen könnten. Die Lamellen dienen dem Tierschutz, erklärt Hilffert. Die etwa 30 mal 40 Zentimeter großen Plastikteile sind für Vögel wesentlich besser erkennbar als die Leitungskabel selbst. Wenn die Tiere am Boden unter der Trasse grasen und dabei plötzlich aufgeschreckt werden, flüchten sie nicht mehr steil in die Höhe, kollidieren mit den Kabeln und verenden, sondern fliegen seitlich an ihnen vorbei.
Weitere Sperrungen heute und in der nächsten Woche
Lernfähigkeit gehört übrigens auch zu den Tugenden der Stromleitungsexperten. Bei ersten Arbeiten am Kabel wurde die Autobahn tagsüber längerfristig gesperrt, was zu erheblichen Staus führte. Am Dienstag wurde die A 7 nur jeweils für rund eine Stunde gesperrt. Bis zu zwei Kilometer lang waren die Staus an den Abfahrtstellen. Sie lösten sich nach dem Ende der Sperrungen rasch wieder auf. Außerdem kam es kaum zu Staus auf Umleitungsstrecken, und es gab wenig Verkehr auf Nebenstrecken.
Am Mittwoch wird die A7 noch dreimal von 9 bis 15 Uhr für jeweils circa eine Stunde zwischen den Abfahrten Kaltenkirchen und Quickborn gesperrt. Umleitungen sind ausgeschildert. Das Prozedere wird sich in der nächsten Woche noch einmal wiederholen. Der Termin steht allerdings noch nicht fest.