Uetersen/Halstenbek. Gehälter wurden nicht gezahlt. In der Uetersener Firma rumort es. Investor will Haustarif, die Beschäftigten nicht.
Eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle müssen die verbliebenen, ehemaligen Mitarbeiter der Uetersener Maschinenfabrik Hatlapa gerade durchmachen. Im Februar wäre der Betrieb, der seit 2013 zur MacGregor-Gruppe gehörte, beinahe für immer geschlossen worden. Aber dann schien sich mit dem Investor Sven Rother aus Kaltenkirchen, der bereits mehrere Betriebe aus der Insolvenz herausgekauft hatte, eine Rettung für 30 von 90 Arbeitsplätzen abzuzeichnen.
Doch nun stehen auch diese knapp 30 Kollegen erneut vor dem Aus. Rother habe die August-Gehälter nur zum Teil und für September gar nicht gezahlt. Jetzt wollen die Beschäftigten das ausstehende Gehalt, das sich nach Angaben von Betriebsratschef Kay Alexander Garbers auf mehr als 200.000 Euro beläuft, einklagen. Und das alles in dem Jahr, in dem die Uetersener Maschinenfabrik Hatlapa, die vor zehn Jahren noch etwa 450 Mitarbeiter beschäftigte, ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert hätte.
Betriebsrat spricht von Untergangsstimmung
„Die Stimmung ist auf dem absoluten Tiefpunkt“, sagt Betriebsratschef Garbers am Rande der Vollversammlung, zu der die IG Metall am Mittwoch in das Clubheim des Uetersener Tennisvereins einlud. „Es fehlt nur noch die Musik von der Titanic“, beschreibt Garbers die Stimmung unter den noch 28 Kollegen.
„Sie sind alle mit den Nerven fertig, wissen nicht, wie sie jetzt ihre Miete und andere Verpflichtungen zahlen sollen.“ Juliana Plump hat Tränen in den Augen. Seit 13 Jahren arbeite sie für Hatlapa, MacGregor und nun Rother. Vor drei Monaten ist sie Mutter geworden. „Ich weiß jetzt gar nicht, wie es nach der Elternzeit weitergehen soll“, sagt sie.
Investor soll Wochen nicht im Betrieb gewesen sein
Aber mit Gefühlen kämen sie nicht weiter, sagt ein Kollege am Tisch. Rother habe ihm gegenüber gesagt, „diese Wehwehchen interessieren mich nicht“. Seit Wochen soll er nicht mehr im Betrieb gewesen sein und auch mit niemanden gesprochen haben. Auf die Mails der IG Metall habe er auch nicht reagiert, sagt der Bevollmächtigte Kai Trulsson.
Für Rainer Dreyer ist das unvorstellbar. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende, der bis zur Insolvenz im März dieses Jahres 37 Jahre bei Hatlapa gearbeitet hatte, ist auch zur Vollversammlung gekommen. Mehrfach hat er als Betriebsratschef mit der damaligen Hatlapa-Geschäftsführung Krisenpakete geschnürt, bei denen die Mitarbeiter auf Gehalt verzichten mussten, wenn der Schiffbau wieder mal in eine Krise geraten war. Doch dass der Chef für die Belegschaft nicht zu erreichen und quasi untertaucht sei, hätte es früher nicht gegeben.
„Betriebsrat und Geschäftsführung haben immer an einem Strang gezogen“, erinnert er sich an die Zeit, als Hatlapa noch ein Familienunternehmen war. Er selbst habe im März den Absprung zu einem Elmshorner Schiffszulieferbetrieb geschafft und werde auch tariflich bezahlt, sagt Dreyer und kann darüber nicht lachen, weil es „so bitter“ für seine ehemaligen Kollegen sei.
Mitarbeiter prüfen Insolvenzantrag
Die 28 Mitarbeiter des jetzt als „Uetersener Zerspanungstechnik und Vorrichtungsbau (UZV)“ firmierenden Betriebs werden gemeinsam ihr ausstehendes Gehalt einklagen. Das haben sie am Mittwoch auf der Mitgliederversammlung beschlossen. „Bevor das Gehalt nicht gezahlt ist, werden wir auch nicht über ein befristetes Aussetzen des Tarifvertrages mit Rother verhandeln“, was Rother verlangt haben soll, so Trulsson.
Zudem lasse die IG Metall prüfen, ob die Mitarbeiter Insolvenz für den Betrieb anmelden und ihr Recht auf „Leistungs-Zurückhaltung“ wahrnehmen sollten. Bei der Insolvenz würden sie zumindest drei Monate von der Arbeitsagentur weiterbezahlt. Entscheidend für die Betroffenen sei, dass sie möglichst schnell wieder Geld bekämen, damit sie ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen könnten und neben dem Job nicht auch noch ihre Wohnungen verlören. „Wir lassen das jetzt prüfen, damit wir juristisch sicher sind“, erklärt Trulsson.
Das sagt der Investor
Aus Sicht des Investors und Inhabers Sven Rother ist das gar nicht nötig. „Natürlich zahle ich die Gehälter nach“, betont er auf Nachfrage. Aber im Gegenzug müsse die Belegschaft ihm entgegenkommen, an der Gehaltsstruktur zu drehen. Sein Ziel sei ein Haustarifvertrag, der ein bis drei Jahre dauere. Die Situation in Uetersen sei aber nicht mit der in Halstenbek zu vergleichen, so Rother. Dort hat er im Juli das Feinwerktechnik-Unternehmen Schreck mit 31 Mitarbeitern übernommen. „Bei Schreck sind die Auftragsbücher voll“, versichert Rother. In Uetersen könnte es auch wieder aufwärts gehen, wenn die Personalkosten im Zusammenspiel mit Betriebsrat und Gewerkschaft gesenkt werden könnten.