Elmshorn. Vor der Bürgermeisterwahl: 400 Elmshorner vergleichen Volker Hatje mit Tafin Ahsbahs, Thomas Philipp Reiter und Jonas Stiefel.

Sie sind alle wortgewandt, schlagfertig und teilen die meisten Standpunkte. Nur in manchen Ideen, im Alter und in der Erfahrung unterschieden sich die vier Kandidaten für die Bürgermeisterwahl in Elmshorn am 15. September. Vor gut 400 Zuhörern in der Nordakademie musste sich Amtsinhaber Volker Hatje (58) seinen drei Herausforderern stellen: Tafin Ahsbahs (30), Grünen-Politiker aus Pinneberg, der schon mit 15 Jahren als Elmshorner Jung für eine Skateboardanlage Unterschriften gesammelt hatte; Thomas Philipp Reiter (50), Unternehmensberater aus Herzhorn und ehemaliger Pressesprecher von Talkline, der von sich selbst so überzeugt ist, dass er „der kompletteste Spieler auf dem Feld“ sei; und Jonas Stiefel (21), Literaturstudent mit nordfriesischen Wurzeln, der das 2007 geschlossene Apollo-Kino wieder zu einem Jugendkulturzentrum ausbauen und Bürger-Ratssitzungen von unabhängigen Bürgern einführen will.

Gegen so viel junge Dynamik und überquellendes Selbstbewusstsein versuchte Bürgermeister Hatje mit seiner Erfahrung von sechs Jahren Amtszeit und konkreter Vision für die Zukunft zu punkten. „Der Bahnhof wird zum Herzstück meiner zweiten Amtszeit“, versprach er den Elmshornern Zuhörern. Land und Bahn hätten grünes Licht für den Umbau des Bahnhofs gegeben. Mit einer Untertunnelung zum Krückaupark könnte endlich „ein grünes Band entlang der Krückau geschaffen werden“, prophezeit der amtierende Verwaltungschef. Kontrahent Reiter konterte: „Wer am Bahnhof aussteigt, hat unweigerlich das Gefühl, schnell weglaufen zu müssen. Das muss sich ändern.“

Reiter mag markige Worte, Stiefel liest vom Laptop ab

Der als neutraler Moderator die zweistündige Vorstellungsrunde leitende Marc Ziertmann vom Städtebund strukturierte seine Fragen in Themen zum Stadtumbau, Verkehr, Digitalisierung und Führungsstil. Kandidat Ahsbahs beeindruckte mit ruhiger Art und konkreten Ideen. So müsse das Ziel sein, überall von Elmshorn in 40 Minuten am Hamburger Hauptbahnhof zu sein. Dazu bedürfe es möglicherweise des dritten Bahngleises, aber auf jeden Fall brauche es Angebote wie Carsharing, Bus auf Abruf und Sammeltaxis wie mit Moia in Hamburg. Die Infrastruktur sei lange vernachlässigt worden, gab Hatje zu. „Das rächt sich jetzt.“ Darum investiere die Stadt gerade verstärkt in neue Radwege, wofür sie sogar eine Auszeichnung erhalten habe, weil sie am meisten je Einwohner investierte, berichtete Hatje. Er habe sich selbst darüber gewundert. Das Gelächter im Saal dokumentierte ungläubiges Staunen.

Für Reiter ist das richtige Handling des Stadtumbaus „der Schlüssel zum Rathaus“. Der FDP-Mann ist ein Freund markiger Worte. Da ist das Gebiet um den nicht mehr schiffbaren Krückauhafen für ihn „wesentlicher Punkt meines Hafencity-Konzeptes und ein wesentliches Element des Wohlfühlcharakters“ von Elmshorn, das sich „seines maritimen Erbes wieder erinnern muss“. Eine Aussage, bei der sich der Moderator Ziertmann von der Kieler Förde vor staunendem Schmunzeln fast verschluckte.

Kandidat Stiefel war zwar der Einzige, der sein Konzept zum Teil vom Laptop ablas. Aber er hatte die weitreichendsten Ideen und Wortwitz. So will er als Bürgermeister versuchen, kostenlose Bustickets zumindest für junge und alte Menschen zu erreichen und die Angst vieler älterer Menschen vor der Digitalisierung gleich zum Thema seiner ersten „Stiefels Stunde“ machen, die er als monatliche Info-Gespräche mit den Bürgern einführen wolle. „Meinem Vater muss ich auch immer seinen Account erklären. Und deshalb wäre ich auch prädestiniert dafür, den Mitarbeitern zu erklären, wo es im Rathaus bei der Digitalisierung langgehen soll.“

Ahsbahs, gelernter Holzkaufmann, der als Projektleiter Hochbauten für 25 Millionen Euro im Jahr verantworte, will Bürgermeistersprechstunden anbieten und die Bürger mehr als bisher an Bau- und Verkehrsvorhaben beteiligen. „Ich will ein niedrigschwelliger Bürgermeister sein, der für jeden ein offenes Ohr hat.“ Auch die Homepage der Stadt müsse dringend überarbeitet werden, da die Suchfunktion „eine einzige Katastrophe“ sei. „Das muss besser und transparenter werden.“ Auch der Haushalt müsse digital einsehbar sein und jederzeit nachvollziehbar machen, welche Projekte schon angelaufen seien.

Auch Hatje will künftig „Verwaltungsvorgänge transparenter machen“. Aber der Bürgermeister sei nicht nur Dienstvorgesetzter von 540 Mitarbeitern, dem Chef der Stadtwerke und Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse. „Der Bürgermeister hat auch mal unangenehme Beschlüsse auszuführen“, sagte er auf den Einwand eines Zuschauers, warum er denn noch Ausbaubeiträge zu zahlen hatte, während dieses Gesetz doch nun abgeschafft sei. Das Gesetz sei aber nicht rückwirkend zu ändern gewesen, trat Moderator Ziertmann vom Städtebund Hatje zur Seite.

Kandidat Reiter fordert eine „Elmshorn-App“ zum Herunterladen auf das Smartphone, mit der die Bürger wichtige Behördenangelegenheiten online erledigen können sollten. Selbst wenn er die Wahl verlieren sollte, würde er sein Wahlkampfbüro in der Innenstadt als Anlaufstelle für die Bürger weiterbetreiben, versprach er. Während Hatje auf Geld vom Elbe-Ausbaggerungsfonds aus Hamburg hofft, um die Krückau endlich entschlicken zu können und ein „klares Verkehrsleitsystem mit einheitlichen Parkgebühren einführen“ will.