Ellerhoop. 300 Aussteller, 8000 Besucher: Im Gartenbauzentrum Ellerhoop sind Messen „Baumschultechnik“ und „Florum“ am Donnerstag gestartet.

Sie kommen vom Ufer kanadischer Seen, von bergigen japanischen Inseln oder aus den lieblichen Landschaften Tschechiens: Wer am Donnerstag den Wiesenparkplatz vor dem Ellerhooper Gartenbauzentrum betritt und sich in die 30-Meter-Schlange vor der Kasse einreiht, hat weder Kosten noch Mühen gescheut, um auf den Fachmessen Baumschultechnik und Florum zu erfahren, was seit 2012 an neuen Techniken entwickelt wurde und welche neuen Züchtungen an Blühpflanzen, Bäumen oder Obstsorten inzwischen unter dem Firmament gedeihen.

Rund 300 internationale Aussteller präsentieren ihre Produkte, erwartet werden bis zu 8000 Besucher, bis die Florum am 5. September endet. „Diese Fachmessen kann sich niemand entgehen lassen, der beruflich mit Bäumen und Sträuchern zu tun hat“, sagt Dorit Kuhn, Staatssekretärin des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung. „Ellerhoop wird damit zum ,Baumschul-Mekka‘, zu dem Interessierte aus allen Richtungen pilgern.“

Das bestätigt der Besuch der Messen am Eröffnungstag, wo alle möglichen Sprachen zu hören sind und gleich am Eingang eine 25-köpfige Abordnung des tschechischen Baumschulverbandes in gelben Käppis ein Gruppenfoto macht. Ja, wer in der Branche die Nase vorn haben will, kommt hierher, trifft Berufskollegen, schaut sich um und vergleicht.

Und spätestens seit das durch Chemiekeulen maßgeblich mitverursachte Bienensterben massive Proteste und ein immenses Medienecho hervorgerufen hat, geht es auch auf dieser Messe nicht mehr nur darum, den nächsten Chemiecocktail gegen Schädlinge, Unkraut, Viren, Pilze und anderes feilzubieten, sondern verstärkt um biologische und mechanische Alternativen.

Was zum Beispiel tun gegen den Vormarsch nicht heimischer Dickmaulrüsslerarten? Dagegen helfen nämlich Nematodenlarven von Öre Bio-Protect. Vielleicht ist es aber langfristig günstiger, andere Sorten anzubauen, deren Früchte die Freiburger Firma Artevos zum Kosten anbietet. Diese seien resistenter gegen Schorf, Viren oder Pilze, sagt Chefin Sabine Fey. Oder was motiviert Baumschulhelfer, trotz chronischer Rückenschmerzen weiter Unkraut zu jäten und sich keinen anderen Job zu suchen? Das führt Paul Andela aus den Niederlanden auf der großen Wiese vor, wo Hunderte von Schleppern, Traktoren, Pflanzlochbohrern, Ballenstechern, Düngerstreuern, Fräsen und viele weitere lackglänzende Maschinen auf Besucher warten. Mit dem solarkraftbetriebenen, leisen Jäteflieger können Arbeiter im Liegen jäten, und „wer glücklich ist, arbeitet härter“, sagt ein junger Andela-Mitarbeiter mit einem Grinsen.

Damit ist ein zentrales Thema der Branche angesprochen: Der Mangel an Arbeitskräften und die Effizienz beim Säen, Setzen, Aufziehen, Verpacken und Verschicken junger Pflanzen. „Wir haben eine großartige Natur und ziehen aus Saaten heimische Sorten, mit denen wir Wälder rekultivieren. Aber die Mechanik und Technik sind hier in Europa, deshalb sind wir gekommen“, sagt John Verbinnen, der mit seinem Kollegen John Morse aus der westkanadischen Provinz British Columbia angereist ist. Sie selbst haben keinen Arbeitskräftemangel, aber sie erzählen, dass viele kanadische Baumschulen über ein teures Staatsprogramm Gastarbeiter aus Mexiko, Guatemala und Jamaika anheuern.

Arbeit mithilfe von Maschinen effizienter zu machen ist auch das Anliegen von Kotaro Kanno, der schon vor sieben Jahren hier war. Er kommt aus dem japanischen Norden von der Insel Hokkaido. Auf seinem Mobiltelefon zeigt er riesige Anbauflächen für Baumsetzlinge, die er aus Samen keimen lässt, erst in Treibhäusern, dann im Freien kultiviert - überwiegend von Hand. Kanno aber will wissen, was die Technik an Arbeit übernehmen kann.

Dasselbe Thema haben auch Zinko Nazariy und Galyna Bevz aus der Ukraine, wo die Arbeit ebenfalls weitgehend von Hand erledigt wird. Von dort wandern viele Fachkräfte nach Polen ab, weil sie dort mehr verdienen. Manche kommen zurück, „aber wir müssen die Arbeit effizienter machen und stärker automatisieren. Hier möchten wir uns über Technologien dafür informieren“, sagt Bevz.

Französische Topfroboter von instar versetzen mit maschineller Stoik Töpfe mit kleinen Nadelbäumchen – und den interessierten Besuchern dämmert, dass sie sich mit dem Kauf eines solchen Gerätes künftig einiges an Rücken- und Knieschmerzen ersparen und mehr Zeit für andere Arbeit haben.

Die Kanadierin Anita Heuver und ihr Begleiter Narinder Sihota sind ebenfalls hergereist, um mithilfe neuer Maschinen zu Hause die Arbeit schneller zu erledigen. Am Eagle Lake kultivieren sie große Bäume und Gehölze. Aber sie interessieren sich auch sehr für das, was es hier an Pflanzen zu sehen gibt. Anita Heuver: „Solche großen Baumschul-Shows, die haben wir in Kanada nicht.“