Elmshorn. Bekannter Schlagzeuger lässt es bei SHMF-Generalprobe in Elmshorn mit Kindern und Jugendlichen krachen, bis die Ohren schmerzen.
Schon von der Straße sind die Trommeln zu hören. Während die Schlange vor dem Eingang immer länger wird, wird hinter den Kulissen in der Nordakademie Elmshorn noch geprobt. Zwei Tage lang hat Martin Grubinger mit den rund 80 Kindern und Jugendlichen in der Nordakademie gearbeitet. Bei der Veranstaltung „SHMF Backstage“ am Sonntagnachmittag bekommen die Zuschauer dann einen Einblick in die Arbeit Grubingers und seines Dozenten-Teams mit den 80 Kindern und Jugendlichen von sieben bis 17.
Zunächst präsentieren zwei kleinere Gruppen gemeinsam mit ihren Dozenten, was sie an den vergangenen beiden Tagen gelernt haben. Martin Grubinger und seine Kollegen sitzen dazwischen, wippen mit den Beinen, nicken mit dem Kopf. Die Kinder sind gut im Rhythmus, und vor allem scheinen sie Spaß an der Sache zu haben. Wem diese Vorführungen auf den unterschiedlichen Trommelinstrumenten schon etwas zu laut ist, der hat bei dem anschließenden zweiten Teil seine Probleme.
In der Umbaupause kündigt Martin Grubinger bereits an, dass es bei dem folgenden Teil mit Samba-Musik „sehr intensiv für die Ohren“ werden würde. Dann sammeln sich die Musiker am Eingang, dirigiert von Martin Grubinger senior ziehen sie mit Samba-Rhythmen in den Raum und beziehen schließlich vor dem Publikum Position. Grubinger senior klettert auf eine Kiste und dirigiert von dort aus die etwa 70 Trommler – mittendrin sein Sohn und die anderen Dozenten.
Im Saal wird es immer heißer
Es beginnt mit einem Säuseln, wie Wind, ein leichter Regen klingen die Trommeln. Dann werden sie zu einem Brausen, einem Sturm und schließlich zu einem ohrenbetäubenden Donnerwetter. Alle 70 und allen voran Grubinger senior bewegen sich im Takt, wippen mit und steigern sich immer mehr in die Samba-Rhythmen hinein. Das Publikum steht teilweise und wippt mit, die Kinder sitzen mit Ohrenschützern vorn direkt vor der Samba-Gruppe, im Saal wird es immer heißer.
Auch wenn die Ohren schmerzen, ist es doch schade, dass die Musik nach einer Stunde schon vorbei ist. Für Martin Grubinger und seine 80 Schüler ist das aber nur das Aufwärmen, an diesem Montag steht in Lübeck das große Konzert an. Das große Finale eines spannenden Workshops.
Mit denen kennt der Percussionist sich schon aus. Bereits 2017 war er mit Kindern und Jugendlichen im Rahmen seines SHMF-Workshops in der Nordakademie Elmshorn zu Gast. „Wenn man gemeinsam Musik macht, sind wir innerhalb von wenigen Sekunden Freunde“, sagte er damals. „Wir wollen 3000 Leute mit unserer Musik begeistern, aber dieses Gemeinschaftsgefühl, das da entsteht, ist schon etwas Besonderes.“
Als besonders muss man auch die Beziehung von Martin Grubinger mit dem Schleswig-Holstein Musik Festival bezeichnen. Er feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bühnenjubiläum beim SHMF. Seinen ersten Auftritt hatte er beim Musikfest auf dem Land auf dem Gut Emkendorf 1999, und er kann sich noch genau an das Programm erinnern. Auch in Erinnerung geblieben sind ihm die 45-Grad-Konzerte im letzten Jahr – unter anderem im Haseldorfer Rinderstall –, als schon die Zuschauer schweißgebadet waren und er noch spielen musste. Das verrät Grubinger in der abschließenden Talkrunde, in der auch SHMF-Intendant Christian Kuhnt auf dem Podium Platz genommen hat.
Die beiden kennen sich schon seit Jahren und verstehen sich gut, nicht nur weil Kuhnt auch passionierter Schlagzeuger ist und sogar eines in seinem Büro stehen hat. Einig sind sich die beiden auch darin, wie wichtig es ist, Musikunterricht für Kinder zu ermöglichen, und zwar nicht nur in der Stadt, sondern auch in der Provinz. „Man sollte es nicht dem Zufall überlassen, dass alle Kinder Zugang zur Musik haben“, meint Grubinger. Und Kuhnt betont: „Ein Musikinstrument spielen zu lernen ist wie mit Sport anzufangen. Zwischen Fußball und klassischen Instrumenten gibt es im Grunde keinen Unterschied, beides lebt von der Gemeinsamkeit.“
Das Schleswig-Holstein Musik Festival sei extrem breit aufgestellt, so werde die Musik dahin gebracht, wo die Menschen sind, so Kuhnt. Und Grubinger fügt hinzu: „Das Besondere am Festival ist, dass man das Gefühl hat, dass es ein Festival für jeden ist, ein Festival, an dem die gesamte Nachbarschaft teilnimmt.“ Und zumindest an diesem Tag mit all den Kindern, den Eltern, den Großeltern und Freunden im Publikum stimmt das tatsächlich. Bei Bratwurst und Getränken und mit einem Klingeln in den Ohren geht der Nachmittag in der Nordakademie zu Ende.