Wedel. Die Stadt richtet offiziell Parkplätze für Motorräder hinter Durchfahrtsverbot am Hafen ein. Das verstehen weder die Polizei noch die Anwohner.
Ein Parkplatz in der Fußgängerzone? Andernorts wäre das undenkbar, nicht zulässig oder auch: ausgeschlossen. An der Wedeler Hafenpromenade ist es Realität. Anwohner nennen die Situation: einen Witz. Nur lachen sie nicht, denn dafür sei der Ärger zu groß.
Es geht um einen Motorradparkplatz, der eigentlich nicht existieren dürfte, jedenfalls nicht dort, wo er ist. Denn die Stellfläche für Zweiräder liegt hinter einem Durchfahrtsverbot für den motorisierten Verkehr. Das machen Schilder ordnungsgemäß und unmissverständlich klar. Ein roter Kreis auf weißem Grund weist laut Straßenverkehrsordnung eindeutig daraufhin, dass die Durchfahrt verboten ist. Zur Sicherheit versperrt an der Zufahrt am Strandweg sogar eine Schranke den Weg. Dennoch hat die Stadt offiziell mehrere Motorradparkplätze hinter der Schranke eingerichtet. Klingt komisch, ist aber so.
Weiße Markierungen grenzen die Parkplätze in der Fußgängerzone sogar gut sichtbar ein. Die Beschilderung müsste bei jedem Verkehrsteilnehmer schwere Gewissenskonflikte auslösen. Zumindest aber die Frage aufwerfen: Wie komme ich dahin? „Das ist doch absurd“, meinen Anwohner, die namentlich nicht genannt werden wollen. „Entweder, die Zufahrt ist verboten, und zwar für alle. Oder man kann sich die Sperrschilder auch sparen.“ Denn insbesondere an Wochenenden würden viele Motorradfahrer die Stellplätze intensiv nutzen. „Und natürlich fliegen oder schieben die Biker ihre Gefährte nicht dahin“, so der Anwohner.
Im Gegenteil: Ein Großteil der Motorradtouristen röhre an den Verbotsschildern vorbei auf den ihnen zugewiesenen Parkplatz. „Ich kann da nur von einem Schildbürgerstreich sprechen“, sagt ein Anlieger. „Zumal die Harley-Fahrer gern Wert darauf legen, auch wirklich gehört zu werden.“
Die Polizei in Wedel kennt die verzwickte Situation, könne aber nicht eingreifen, denn für Sanktionen im „ruhenden Verkehr“ sei die Stadt zuständig. Die Polizei dürfe nur die Zufahrt kontrollieren, doch da es „keine Beschwerdelage“ gebe, sei das bisher kaum notwendig. „Wir wissen aber, dass die Beschilderung eindeutig zweideutig ist“, sagt ein Beamter.
Grundsätzlich stehe die Straßenverkehrsordnung über kommunalem Recht. „Insofern würden wir uns wünschen, dass die Stadt diesen Bereich für den Verkehr klar regelt“, heißt es aus der Wedeler Wache. Denn nicht nur die Anwohner fragen sich, was diese widersinnige Ausschilderung soll. „Auch wir als Polizei fragen uns: Was soll das?“
Was das soll, versucht Jürgen Brix, Leiter des zuständigen Ordnungsamtes in Wedel, auf Abendblatt-Anfrage zu erklären. Demnach sei die Beschilderung erstens: Absicht. Zweitens: funktional. Und drittens: ein Zugeständnis an den widerborstigen Motorradfahrer an sich. Denn: „Mit dem ausgewiesenen Parkplatz an der Hafenpromenade haben wir versucht, das vorher gängige wilde Abstellen einzudämmen“, so Brix.
Zuvor seien andere Versuche, das Parkproblem in den Griff zu kriegen, ins Leere gelaufen, sagt Brix. So habe sich etwa gezeigt, dass Motorradfahrer zu bequem für andere Lösungen waren. „Der vorher ausgewiesene Parkplatz ein paar hundert Meter weiter am Strandbaddamm wurde nicht angenommen. Anscheinend will der Biker nicht so weit laufen“, so der Ordnungsamtsleiter.
Deshalb habe sich die Stadt im Sommer 2018 gebeugt. „Wir haben pragmatisch auf ein Problem reagiert“, nennt es Brix. Kurzerhand wurde die Stellfläche im verbotenen Land markiert. Seitdem laufe es besser. Zumindest für die Biker und die Stadt.
Dem Ordnungsamt sei die widersinnige Beschilderung bewusst. „Eine schräge Regelung, das wissen wir“, sagt der Ordnungsamtsleiter. Aber das nehme man in Kauf. Denn, so Brix: „Es funktioniert. Der Parkverkehr wird kanalisiert.“ Vorher hätten die Zweiräder kreuz und quer auf den Autoparkplätzen und dem Rasen am Strandweg gestanden. Nun missachten die Motorradfahrer zwar das Durchfahrtsverbot an der Hafenpromenade, stellen ihre Fahrzeuge aber dafür schön geordnet ab.
Brix spricht von einer „Übergangslösung“. Denn bekanntlich soll die östliche Hafenpromenade in den kommenden Jahren saniert werden. Dann falle die jetzt ausgewiesene Parkfläche ohnehin weg. Andererseits könnte dieses Provisorium etwas länger Bestand haben. Denn da jüngst herausgefunden wurde, dass die Spundwand des Hafens marode ist, verzögert sich die ganze Sanierung der Promenade. Zusätzliche Kosten in Millionenhöhe kommen auf die Stadt zu.
Weil sich die Pläne geändert haben, bringen vorerst nur die Motorradfahrer das erhoffte „Flair“ auf die Promenade – nämlich das Flair der „kleinen Harley-Days“, wie Anwohner sagen.