Elmshorn. Gast im Streit niedergestochen: Polizei durchsucht Diskothek “Duplex“ nach Spuren für versuchtes Tötungsdelikt.

Der rote Teppich ist zusammengelegt, an der geöffneten Tür lehnt ein Besen. Drinnen sind Nummerntäfelchen aufgestellt, die Eins direkt im Eingang, weitere vier im Abstand von mal zwei, mal drei Stufen eine Steintreppe hinauf. Eine Kriminalpolizistin macht mit einer Spiegelreflexkamera Fotos. In der Diskothek Duplex im Gewerbegebiet am Elmshorner Stadtrand gibt’s an diesem trüben Dienstagvormittag nichts zu feiern. Die Mordkommission ist Herr im Haus. Die Beamten sind dabei, ein versuchtes Tötungsdelikt aufzuklären.

Das Verbrechen, von dem die Öffentlichkeit bis zu diesem Dienstagvormittag nichts erfahren sollte, hatte sich bereits in der Nacht zum 29. Juni zugetragen, gegen 3.30 Uhr am frühen Sonnabendmorgen. Ein 35 Jahre alter Gast der Diskothek geriet mit einem anderen Besucher in Streit. In der Folge wurde er mit einem Messer niedergestochen. Der Täter konnte aus dem Tanzlokal flüchten. Das Opfer erlitt Verletzungen, „die als potenziell lebensgefährlich einzuordnen sind“, wie der Itzehoe Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rakow auf Abendblatt-Anfrage sagt.

Passanten beobachten die Aktion neugierig

Die Polizei ist am Dienstag mit einem stattlichen Aufgebot zur Kurt-Wagener-Straße gekommen. Vier Streifenwagen stehen vor der Disco auf der Fahrbahn, mehrere Kleinbusse mit Itzehoer und Hamburger Kennzeichen sind eindeutig als zivile Einsatzfahrzeuge zu identifizieren. Immer wieder bleiben Passanten stehen, gucken neugierig. Nachts mögen sich hier nur Partygänger tummeln. Tagsüber herrscht reger Verkehr. Auf der anderen Straßenseite hat der Ölkonzern Orlen seine Zentrale, schräg gegenüber befinden sich Kreisverwaltung und Straßenverkehrsamt. Schutzpolizisten geben acht, dass niemand außer ihren Kripokollegen das Duplex betritt.

Ist der Täter, ist das Opfer, sind womöglich beide am Sonnabend vor einer Woche diese Steintreppe hinabgerannt? Markieren die Nummerntäfelchen Blutflecken? Wie viel lässt sich elf Tage nach der Tat überhaupt noch sichern? Und wieso sind die Spurensicherer nicht schon viel früher tätig geworden?

Laut Oberstaatsanwalt Müller-Rakow bedarf es für so eine Aktion eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses, der sich in diesem Fall übrigens „gegen einen Unverdächtigen“ richte. „Wenn ein Durchsuchungsbeschluss erlassen worden ist, geht man davon aus, dass etwas zu finden sein könnte“, erklärt der Sprecher der Itzehoer Anklagebehörde. Und ergänzt: „Es wird gegen eine Person ermittelt.“ Mit anderen Worten: Es gibt bereits einen konkret Beschuldigten in diesem Fall. Die Spurensicherung könnte insofern dazu dienen, den Tatvorwurf zu erhärten.

Die Polizeidirektion Itzehoe wendet sich unterdessen mit einer Täterbeschreibung an die Öffentlichkeit. In einer am Dienstag herausgegebenen Pressemitteilung heißt es: „Der Täter soll Anfang 20 und etwa 1,70 bis 1,80 Meter groß sein. Er trug zur Tatzeit kurze dunkle Haare und einen Vollbart. Er soll ein südländisches Erscheinungsbild haben.“ Hinweise zur Tat nimmt die Mordkommission in Itzehoe unter der Telefonnummer 04821/60 20 entgegen.

Rechts neben dem Duplex hat eine Institution namens Beauty Zentrum ihren Sitz. Unter anderem im Angebot: Wimpernverlängerung. Bis zum Ende der Durchsuchung nebenan gibt es allerdings keine Schönheitsdienstleistungen: vorübergehend geschlossen. Eine Mitarbeiterin steht vor der Tür und raucht. Was sie denn so über die Bluttat weiß? „Kein Kommentar.“