Haseldorf. Die Betreiberfirma Gasunie erläutert erstmals die Pläne für das Millionen-Projekt. Der Korridor für die Gasleitung steht so gut wie fest.

Sie soll 60 Kilometer lang werden und mehr als 100 Millionen Euro kosten: die neue XXL-Gasleitung von Brunsbüttel nach Hetlingen. Mit dem Bau dieser unterirdischen Superröhre rollt ein gewaltiges (und nicht unumstrittenes) Infrastrukturprojekt auf die Marschlandschaft im Kreis Pinneberg zu. Denn von 2021 an will der Leitungsbetreiber Gasunie Deutschland dafür eine mindestens 35 Meter breite Schneise durchs Schwemmland nördlich der Elbe ziehen. Etwa 360 Landeigentümer, so eine erste Schätzung, sind betroffen.

Bei einer Informationsveranstaltung in Haseldorf setzte das deutsch-niederländische Unternehmen die Betroffenen und interessierte Anlieger in Kenntnis. „Auf Anregung der örtlichen Bürgermeister“, wie Gasunie-Sprecher Philipp von Bergmann-Korn sagte. Zuvor hatten die CDU-Landtagsabgeordnete Barbara Ostmeier und der Hetlinger Bürgermeister Michael Rahn das Unternehmen für seine zögerliche Informationspolitik gerügt. Denn während das sogenannte Raumordnungsverfahren, bei dem Für und Wider unterschiedlicher Streckenverläufe vom Land abgewägt werden, bereits seit April läuft, verstreicht die Frist für Stellungnahmen schon nächste Woche.

Zumal der wahrscheinlichste Korridor zwischen der Elbe im Süden sowie Wilster, Kremperheide, Elmshorn und Pinneberg im Norden liege, wie nun Projektleiter Arndt Heilmann sagte. So, wie es der Hetlinger Bürgermeister befürchtet hatte. Grund sei zum einen die einfachere und kostengünstigere Elbunterquerung bei Hetlingen, wo bereits ein Elbdüker besteht. Zum anderen sei der Eingriff für Mensch und Natur auf dieser Route im Vergleich zu vier ebenfalls geprüften Alternativrouten wohl am verträglichsten, sagte Gasunie-Genehmigungsexperte Anton Kettritz.

Grundeigentümer sollen entschädigt werden

Im Unterschied zu den lokal betroffenen Bauern und Landschaftsschützern sieht der Gasleitungsbetreiber sein Vorhaben global, sei von der Bundesnetzagentur verpflichtet, den Transport großer Gasmengen ins internationale Netz sicherzustellen. Denn Erdgas werde mit dem Ausstieg aus Atom- und Kohleenergie ein immens wichtiger Baustein der Versorgung, wobei verflüssigtes, mit Schiffen geliefertes Gas eine immer größere Rolle spiele. Deshalb sei Gasunie verpflichtet, auch den Transport dieses Liquefied Natural Gas (LNG) im Sinn der „Versorgungssicherheit“ herzustellen. Und da es ein „Netzanschlussbegehren“ des geplanten 450 Millionen Euro teuren LNG-Terminals in Brunsbüttel gibt, müsse eine neue Leitung gelegt werden. Letzten Verlautbarungen zufolge soll das erste deutsche LNG-Terminal Ende 2022 in Betrieb genommen werden – sofern alle Genehmigungen vorliegen.

Der Zeitplan des Netzbetreibers Gasunie sieht für diesen Fall vor, nach dem Ende des Raumordnungsverfahrens im Sommer 2020 in das Planfeststellungsverfahren zu gehen, um im Sommer 2021 mit dem Bau zu beginnen, damit Ende 2022 das Gas fließen kann. Um die 1,2 Meter dicken Rohre gefahrlos mindestens einen Meter tief unter die Erde zu bringen, werde noch in diesem Herbst bei den betroffenen Landeigentümern um eine „Begehungserlaubnis“ gebeten. Der Baugrund müsse auf Kampfmittel, archäologische Funde und seine generelle Beschaffenheit untersucht werden.

Die etwa 360 Eigentümer auf dem 500 Meter breiten Untersuchungskorridor zwischen Brunsbüttel und Hetlingen werden kontaktiert, sagt Henning Stegemerten, Leiter der Gasunie-Genehmigungsabteilung. Jeder habe das Recht, die Voruntersuchung abzulehnen und den Rechtsweg zu beschreiten, so wie es einige Bürgermeister der betroffenen Regionen fordern.

„Unser Ansatz wird aber sein, mögliche Konflikte einvernehmlich zu klären“, so Stegemerten. Grundeigentümer sollen per Gestattungsvertrag und Bauerlaubnis entschädigt, Flurschäden und wirtschaftliche Einbußen kompensiert werden. „Nach dem Verlegen der Leitung wird sogar wieder eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche möglich sein“, verspricht Stegemerten.

Da auch Natur- und Landschaftsschutzgebiete in der Elbmarsch betroffen sind, regt sich nicht nur bei Gemeindevertretern und Bauern Kritik. Auch Umweltschützer halten nicht viel von dem Plan. Zudem sei der Marschboden nicht geeignet. Doch die Vertreter der Gasunie bezeichneten sich als „Pipelineprofis“, sie seien geübt mit solchem Untergrund. So müssten etwa tragfähige Baustraßen angelegt werden. Projektleiter Arndt Heilmann nannte es ein „sensibles“ Vorhaben, das in jeder Hinsicht „individuelle Lösungen“ verlange.