Pinneberg . 17 Betreuungseinrichtungen des Kreises Pinneberg werden zertifiziert. 300 Mitarbeiter verpflichten sich zu neuem Verhaltenskodex.

Egal, ob übergriffige Doktorspiele oder körperliche Machtdemonstrationen: Der Schutz von Kindern vor Missbrauch und sexueller Gewalt rückt mit jedem aufgedeckten Skandal-Fall stärker in den Fokus der Betreuung und genießt inzwischen in Kitas oberste Priorität. Mit einem verpflichtenden Konzept stellt nun auch der Pinneberger Kreisverband des DRK den Schutz des Kindswohls vehement in den Mittelpunkt seiner Präventionsarbeit in Kitas.

Unter dem Titel „Gemeinsam passen wir auf“ stellte das DRK das neue, überarbeitete Schutzkonzept am Montag vor. Es dient den 300 Mitarbeitern der 17 DRK-Kitas im Kreis nicht nur als Leitfaden und Fortbildungsprogramm gleichermaßen. Es soll auch Eltern und Kindern zertifizierte Sicherheit bieten. Einbezogen sind die DRK-Familienzentren in Quickborn und Elmshorn.

In DRK-Kitas werden rund 1200 Kinder betreut

In der Neufassung des 2013 erstmals aufgelegten Schutzkonzepts ist etwa ein Verhaltenskodex verankert, der besagt, übergriffige Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen. Falls sie beobachtet werden, verpflichtet sich jeder Mitarbeiter, sie umgehend zu melden, auch wenn es Vorgesetzte betrifft. In keinem Fall soll der Machtmissbrauch älterer Kinder gegenüber jüngeren geduldet werden. Der Schutz des Kindes soll stets im Blick behalten werden und das gemeinsame Ziel sein. In den DRK-Kitas des Kreises werden derzeit etwa 1200 Kinder betreut.

Raum für Missbrauch dürfe gar nicht erst entstehen, sagt Thekla Kowalleck, pädagogische Fachberaterin des DRK. Mit dem Elmshorner Verein Wendepunkt, der sich für Respekt und Gewaltfreiheit in der Erziehung engagiert, hat sie das neue Konzept erstellt. Platz darin gefunden hat auch eine Risikoanalyse, mit der jede Kita Räume, Situationen und Personen auf Gefahren überprüfen kann. Eine Checkliste soll beim systematischen Ausschließen helfen. Bei externen Dienstleistern etwa rät das Konzept zum „Vier-Augen-Prinzip“, sodass immer eine Erzieherin dabei ist. Auch die Rehabilitation von zu Unrecht in Verdacht geratenen Personen ist geregelt.

Neues Konzept bezieht auch Eltern und Kinder mit ein

Das neue Schutzkonzept bezieht aber auch Eltern und Kinder mit ein. So sollen jährlich die Eltern mit dem Konzept bei Elternabenden vertraut gemacht werden, vor allem sollen sie für die altersgemäßen Körpererfahrungen ihrer Kinder sensibilisiert werden. Denn während Eltern eine lustgesteuerte Vorstellung von Körpererfahrungen haben, ist es bei Kindern meist Neugier. In der Kita sei es deshalb Alltag, dass Kinder ein gesundes Körperverständnis entwickeln, indem sie sich aus Neugier sensible Bereiche zeigen, sich vergleichen. Eltern seien darüber nicht selten entsetzt. „Wichtig ist dabei, dass Kinder ein gesundes Grenzverständnis lernen, dass ihre Stimme gehört wird, dass ein Nein zählt“, sagt Kowalleck. Nur so könne Prävention wirksam vor Übergriffen schützen.

Ursprünglich geht das Schutzkonzept auf einen Verdachtsfall aus einer Tornescher DRK-Kita im Jahr 2011 und die darauffolgende, teils vorverurteilende, skandalisierende Medienberichterstattung zurück. Damals hatten sich wohl zwei fünf Jahre alte Jungen aus kindlicher Neugier mit zwei vier und fünf Jahre alten Mädchen erst in eine Kuschelhöhle zurückgezogen und sie dann dort gegen ihren Willen festgehalten. Die Kommunikation nach diesem Verdachtsfall war damals auf allen Seiten ausbaufähig. Das Konzept sieht auch dafür nun klare Regeln vor.