Elmshorn. Detlef Witthinrich gibt nach 28 Jahren die Geschäftsführung an Soudakone Rattanavong ab. Es gab gute und sehr problematische Zeiten.

28 Jahre lang hat er die Geschäfte des Vereins Brücke Elmshorn geführt, ihn mit auf aufgebaut und maßgeblich geprägt. Nun verabschiedet sich Detlef Witthinrich offiziell in den Ruhestand. Der 66-Jährige übergibt seine Aufgaben an seinen Nachfolger Soudakone Rattanavong (48) aus Kiel.

„Wir haben mit Herrn Witthinrich gute und sehr problematische Zeiten erlebt“, resümiert Klaus-Werner Dreschel, Erster Vorsitzender des Vereins Brücke Elmshorn, am Montag in der Tagesstätte an der Neuen Straße. Zu den schlechten Zeiten zählte, dass der Verein den Betrieb des Café „Auszeit am See“, in dem Menschen mit und ohne Behinderung arbeiteten, im Sommer 2014 hatte aufgegeben müssen. Der im Jahr 2010 eröffnete Integrationsbetrieb am Steindammpark war nicht wirtschaftlich. Die Umsätze reichten nicht, um das Stammteam von sieben Mitarbeitern weiter zu beschäftigen. Der Verein – Eigentümer der Immobilie – hatte deshalb die Reißleine ziehen müssen, um noch größeren finanziellen Schaden abzuwenden.

Mehr als 28 hauptamtlich für die Brücke tätig

„Jetzt ist die Brücke Elmshorn wieder wirtschaftlich gut aufgestellt“, sagt Detlef Witthinrich, der mehr als 28 Jahre lang hauptamtlich für die Brücke Elmshorn tätig gewesen ist, davor vier Jahre als ehrenamtlicher Vorsitzender. Der gemeinnützige Verein hat mehr als 120 Mitglieder. Ein großer Teil darunter sind Betroffene und Angehörige. Hier werden Menschen sozialpsychiatrisch versorgt. Die etwa 60 Mitarbeiter sowie Dutzende Ehrenamtliche und Honorarkräfte beraten und helfen bei der Lösung psychosozialer Probleme, leisten Unterstützung beim Leben mit psychischen Erkrankungen, bei der Sicherung der materiellen Lebensgrundlagen, bei Aufbau sozialer Beziehungen und bei der Entwicklung realistischer Lebensperspektiven.

Ein Treffpunkt von Menschen unterschiedlicher Couleur

Ein wichtiges Ziel besteht darin, Vorurteile und Abwehrhaltungen abzubauen und den Kontakt zu fördern – also eine Brücke zwischen psychisch erkrankten und nicht erkrankten Menschen zu schlagen. Die Brücke ist eine Begegnungsstätte mit vielfältigen Angeboten und Treffpunkt von Menschen unterschiedlicher Couleur. Die Räume stehen unter anderem verschiedenen Selbsthilfegruppen offen. „Hier finden aber auch öffentliche Musikveranstaltungen und Lesungen statt“, sagt Detlef Witthinrich. Als Geschäftsführer leistete er zunächst Pionierarbeit im Aufbau psychosozialer Hilfen, baute über Jahre Netzwerke auf und das Angebot aus, verstärkte in den letzten Jahren die Öffentlichkeitsarbeit.

Am 19. März 1985 hatten Angehörige den Verein in der Kaltenweide gegründet und schrittweise Hilfen für psychisch erkrankte Erwachsene aufgebaut: Begegnungsstätte, Tagesstätte und ambulante Betreuung sowie das Arbeitstraining im Fahrradservice Freilauf. Zwei Jahre nach der Gründung kam Witthinrich an Bord, wurde für vier Jahre Vorsitzender des Vereins und 1991 Geschäftsführer, „mit zehn Wochenstunden neben einer halben Pädagogenstelle“, so Witthinrich, der Deutsch und Sozialkunde auf Lehramt studiert hat.

Brückenhof ist Beratungs- und Begegnungsstätte

Seit November 1998 baute der Verein auch Angebote zur Begleitung seelisch schwer verletzter Jugendlicher und junger Erwachsener und zur Hilfestellung für Familien mit psychisch erkrankten Eltern auf durch flexible Hilfen, die Wohngruppe Wilhelm-Busch-Weg, die Projekte Regenbogen und Kopfstand.

Im Herbst 2003 wurde der Brückenhof in der Neuen Straße 7 bezogen. Dort befinden sich unter einem Dach die Beratungs- und Begegnungsstätte, der Ambulante Dienst und die Sozialpsychiatrische Tagesstätte. Die Angebote reichen von Patenschaften für Kinder psychisch kranker Eltern, einer Jugendwohngruppe über eine Malgruppe für Kinder, die Selbsthilfegruppe Alleinerziehender bis hin zu Gesprächsgruppen für Frauen und Männer sowie Hilfen für Migranten. Zuschüsse für Projekte kommen von Stadt, Kreis und Land.

Soudakone Rattanavong leitete zuvor eine große Kindertagesstätte in Kiel, wo der Diplom-Sozialpädagoge mit seiner Frau und drei Söhnen lebt. Zur Arbeit wird der gebürtige Laote pendeln. Mittelfristig ist ein Umzug nach Elmshorn nicht ausgeschlossen, so der 47-Jährige. Einblicke in die Arbeit des Vereins Brücke hatte Soudakone Rattanavong 2003 bis 2009 bei der Brücke SH in der Eingliederungshilfe, wo er unter anderem als Projektleiter für die Einführung eines Dokumentationssystems verantwortlich war. Er verließ den Verein, um in einem anderen Unternehmen Erfahrungen zu sammeln. Er sagt: „Nun schließt sich der Kreis.“

Weitere Infos: Zusammen frühstücken oder Rad fahren

Immer am ersten Sonntag im Monat ab 10 Uhr zaubern die Mitarbeiter der Begegnungsstätte der Brücke Elmshorn zum Selbstkostenpreis von fünf Euro ein Frühstücksbüfett für Menschen, die gern einmal in freundlicher Atmosphäre neue Menschen kennenlernen möchten. Die offene Radgruppe der Brücke Elmshorn bietet am Sonnabend, 8. Juni, ab 13 Uhr einen Ausflug zu Rosen Kordes nach Sparrieshoop an. Die Teilnehmer treffen sich im Brückenhof, Neue Straße 7, in Elmshorn. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen erteilt die Brücke unter 04121/701 77 02 oder begegnungsstaette@brueckeelms-horn.de. ade