Halstenbek. Serie „Wo in aller Welt“: Die Firma Sun Oyster Systems GmbH hat eine neuartige Solaranlage konstruiert, die weltweit zum Einsatz kommen soll.
Die Prototypen stehen in China, Indonesien, Ägypten und Südafrika. Die Sun Oyster Systems GmbH aus Halstenbek hat sich nichts weiter vorgenommen, als den weltweiten Markt für Solaranlagen zu revolutionieren. Und das könnte auch klappen, schließlich haben die zwölf Mitarbeiter, allen voran Firmenchef Carsten Corino, eine neuartige Technologie entwickelt, die Strom, Wärme und Kühlung erzeugt.
Das Produkt heißt wie die Firma – Sun Oyster. Das Prinzip ist revolutionär. Das System besteht aus zwei Spiegeln, die mit je einem Receiver gekoppelt werden. Das Besondere daran: Die Solaranlage dreht sich mit dem Sonnenverlauf. Dank dieser Technologie kann die Anlage Strom mit einem deutlich höheren Wirkungsgrad im Vergleich zu herkömmlichen Anlagen produzieren. Ihre Leistung ist bei gleicher Fläche laut Firma dreieinhalb Mal höher als moderne Photovoltaik.
„Weil die Anlage den ganzen Tag über der Sonne folgt, ist sie deutlich effizienter“, erklärt der Firmengründer. So könne die Anlage im Winter morgens bei Minustemperaturen volle Leistung erbringen – vorausgesetzt natürlich die Sonne scheint. Noch eine Besonderheit: Die Sun Oyster kann die Spiegel des Sonnenkollektors wie eine Auster einklappen, falls Gefahr wie etwa durch zu starken Wind droht. Sie erzeugt gleichzeitig Wärme, quasi als Nebenprodukt. Künftig soll es auch möglich sein, diese Wärme in Kälte umzuwandeln, damit die Anlage den Bedarf eines Hauses an Strom, Wärme und Kälte decken kann.
„Wir haben das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, das man aus der konventionellen Energieerzeugung in Blockheizkraftwerken kennt, quasi auf die Solarenergie übertragen“, erläutert Corino, der früher für ein Windkraftunternehmen arbeitete. Vor sieben Jahren hatte der Halstenbeker diese Idee – und fand ein Jahr später die Kapitalgeber für die Firmengründung. Seit sechs Jahren tüfteln er und sein kleines Team an der anspruchsvollen Technologie und haben in einer ehemaligen Baumschulscheune in Halstenbek diverse Prototypen gebaut.
Zwei unterschiedlich große Anlagen – die große mit 57 Quadratmetern, die kleine mit 21 Quadratmetern Bruttospiegelfläche – werden derzeit auf dem GreenTEC Campus in Enge-Sande (Nordfriesland) zur Serienreife gebracht. „Wir haben Anfragen aus aller Welt“, sagt der Firmenchef. Aktuell werden die Anlagen noch manuell gefertigt. „Um wettbewerbsfähig zu sein, brauchen wir nicht nur ausreichende Produktionskapazitäten, sondern auch einen erheblichen Grad der Automation“, so der Firmenchef. Wie dies realisiert werden kann, daran tüfteln derzeit die Spezialisten der Firma M-Works aus Uetersen. Das kleine Team der Halstenbeker Firma wird durch Praktikanten aus aller Welt unterstützt – unter anderem aus Australien, Jordanien, Amerika oder Ägypten. „Wir bieten Studenten mit einem Technik-Schwerpunkt die Möglichkeit an, bei uns mitzuarbeiten. Einer schreibt sogar seine Abschlussarbeit bei uns“, sagt Corino. Seine Firma erhält sowohl Fördergelder von der EU als auch vom Land.
In China, wo Sun Oyster in der Stadt Zhangjiakou eine Demo-Anlage betreibt, wurde dem Unternehmen der sogar „Future Star Award“ verliehen. Damit werden Technologien gewürdigt, die ein großes Potenzial zur Emissionsreduzierung haben, aber noch in einer frühen Phase der Kommerzialisierung sind.
Firmenchef Corino sieht großes Potenzial im chinesischen Markt. Doch nicht nur dort. In allen Regionen der Welt, wo sehr häufig die Sonne scheint etwa in Nord- und Südamerika, der Mongolei, Chile, Südafrika oder auch Australien könnte sich die Technologie made in Halstenbek bezahlt machen. Während die größere Anlage insbesondere für Firmen oder auch das Hotelgewerbe von Interesse sein könnte, soll die kleinere Sun Oyster den Durchbruch im Privatkundenbereich bringen. Letztere existiert momentan aber nur auf dem Papier. „Wir wollen im Juni mit dem Design fertig sein und Ende des Jahres fünf Prototypen erstellt haben, um die Testphase beginnen zu können“, erläutert Corino. Ein Prototyp werde dann in Kalifornien aufgestellt.
„Wir wollen mit der Anlage auf die Villen im Silicon Valley, wir wollen die Tesla-Fahrer als unsere Kunden gewinnen“, skizziert der Firmenchef seine Vision. Weil ein Investor des Unternehmens dort seinen Sitz hat, könnte das auch funktionieren. Damit es klappt, soll das Design der kleineren Sun Oyster wie eines der Premium-Produkte von Apple aussehen – mit abgerundeten Ecken und aus eloxiertem Aluminium gefertigt.
Neues Gebäude für Produktion und Verwaltung ist geplant
Auch eine günstigere Version aus anderen Werkstoffen ist in Planung. Die kleinere Sun Oyster kann auf einer Garage, einem Carport oder einem Hausdach installiert werden. Sie kann auch schräg aufgestellt werden, soll sich selbstständig installieren und aktuelle Daten zur Strom- und Wärmeproduktion auf eine Handy-App übertragen. Ende 2020 soll die Serienproduktion starten.
Bis dahin hat der Firmenchef noch viele Ziele. So wünscht sich Corino ein gemeinsames Verwaltungs- und Produktionsgebäude und hat dafür erste Entwürfe erstellt. „Wir möchten gerne in der Region bleiben.“ Zudem möchte der Firmenchef daran arbeiten, dass seine Anlagen Wärme, die im Sommer gewonnen wird, so lange speichern, bis sie im kalten Winter abgerufen wird.