Hamburg. In Hamburg demonstrierten etwa 80 Weidetierhalter und Vertreter von Bauernverbänden. Wölfe sind in Deutschland streng geschützt.

Vor zehn Jahren noch waren Wölfe eher das Thema von Märchen, mittlerweile gibt es in Deutschland offiziellen Schätzungen zufolge und nach jährlichen Steigerungsraten von 30 Prozent bereits rund 1500 dieser Raubtiere – und damit auch immer mehr Angriffe auf Schafe oder Rinder. Rund 80 Weidetierhalter und Vertreter der norddeutschen Landesbauernverbände nutzten daher am Donnerstag eine dreitätige Konferenz der Länder-Umweltminister im Hotel Lindtner in Hamburg-Heimfeld, um für ein „aktives Wolfsmanagement“ zu protestieren.

Bisher wird von Behörden das Wiederauftauchen des Wolfes eher als Erfolg des Artenschutzes gesehen, Wölfe werden gezählt aber in der Regel nicht geschossen, weil sie streng geschützt sind. Die Verbände fordern jetzt eine gezielte „Entnahme“, also den Abschuss problematischer Tieren oder auch ganzer Rudel. „Es muss auch wolfsfreie Zonen wie auf Deichen oder in der Heide geben“, sagte der niedersächsische Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers, der die im Hotel versammelten Minister zum Handeln aufforderte. Das Problem sei in Deutschland verschleppt worden und bedrohe vor allem den ländlichen Raum. Warum, so fragten andere Teilnehmer, sei die Zahl der Wölfe in Frankreich und Schweden auf 500 beziehungsweise 350 begrenzt, während in Deutschland immer mehr Rudel gezählt werden. Auch in Deutschland müsse es „endlich“ eine Obergrenze für die Zahl der Wölfe geben.

Minister Albrecht und Senator Kerstan ernten Buhrufe

Auch im Kreis Pinneberg hat es zuletzt vermehrt Attacken auf Schafe gegeben, Tierhalter berichteten immer wieder von Rissen. Ein Wolf, dem die Behörden den Namen GW924m verpasst und den sie als sogenannten Problemwolf eingestuft haben, ist sogar offiziell zum Abschuss freigegeben worden (wir berichteten).

Um ihre Sicht der Dinge besser in der Politik zu verankern, übergaben die Verbandsvertreter in Heimfeld daher im Anschluss an die eigentliche Kundgebung den norddeutschen Ministern ein Positionspapier. Olaf Lies (SPD, Niedersachsen), Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) als Gastgeber der Tagung, sein Parteifreund Jan Philipp Albrecht aus Schleswig-Holstein und Till Backhaus (SPD, Mecklenburg-Vorpommern) waren dazu am Mittag kurz aus dem Hotel gekommen, wo die Minister, Staatssekretäre und Amtsleiter im großen Saal tagten. Es habe für die Weidetierhalter doch schon „Fortschritte“ geben, sagte Umweltsenator Kerstan mit Blick auf Entschädigungen und erntete dafür Buhrufe. Ebenso wie sein Kieler Kollege Albrecht, der die Demo-Teilnehmer daran erinnerte, dass es allein aus EU-Recht keine wolfsfreien Zonen geben dürfe.

Minister Backhaus, selbst gelernter Landwirt, versuchte indes, eine Kompromisslinie zu finden. Klar sei das Vorkommen von Wölfen als Erfolg des Artenschutzes zu werten, sagte er und bekam dafür ebenfalls Protestrufe. Backhaus sprach sich aber für eine Obergrenze aus.

Man brauche dazu aber auch einen gesellschaftlichen Konsens, den es noch nicht gebe. Während Wölfe auf dem Land eher als Problem wahrgenommen würden, sei das in den Städten oft anders. Backhaus: „Manchmal habe ich das Gefühl, die Affinität zum Wolf steigt mit der Zahl der Stockwerke“.

Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies erinnerte die protestierenden Tierhalter an diese unterschiedlichen Sichtweisen in der Bevölkerung. So gebe es auch in Niedersachsen beispielsweise den Fall, dass ein problematischer Wolf geschossen werden muss. „Ich finde aber keinen, der das macht“, so der Minister. Grund sei die Drohung von Wolfsschützern, die Namen von solchen Jägern öffentlich zu machen.