Pinneberg. Trotz kühl-feuchter Witterung sind die Böden zu trocken. Risiko von Waldbränden ist hoch, Landwirte klagen – eine Folge des Hitzesommers.
Ein Hitzesommer und seine Folgen: Wie fast überall in Deutschland leiden die Böden auch im Kreis Pinneberg nach wie vor unter Wassermangel – eine Spätfolge des ungewöhnlich trockenen Vorjahres. Weil auch der Winter keine ergiebige Feuchtigkeit brachte, sind die Bedingungen in Wäldern und auf Feldern problematisch. Trotz feucht-kühler Tage fürchten hiesige Bauern bereits Ernteeinbußen, die Flächen- und Waldbrandgefahr ist hoch. Nutznießer ist bisher nur der Borkenkäfer, der den Forstbeständen zusetzt.
Udo Busch, Leiter der Agrarmeteorologie des Deutschen Wetterdienstes DWD, warnt bereits: „Sollte die trockene Witterung anhalten, könnte sich die Dürre des Jahres 2018 wiederholen.“ Denn lang anhaltender, ergiebiger Landregen ist vorerst nicht in Sicht, und das bereitet der Forstwirtschaft Sorgen.
10.000 junge Bäume in Gefahr
„Durch das insgesamt viel zu trockene Vorjahr fehlt immer noch wahnsinnig viel Wasser“, sagt etwa der Revierförster im Klövensteen, Nils Fischer. Der Grundwasserspiegel sei mancherorts fast einen Meter zu niedrig, die Pflanzen darben vor allem, weil in den unteren Erdschichten die Feuchtigkeit fehlt. „Das beeinträchtigt das Wachstum des Waldes erheblich. Besonders bei jungen Bäumen rechnen wir in diesem Jahr mit erhöhten Ausfallraten.“ Etwa 10.000 neue Bäume – ohnehin durch den sogenannten Pflanzschock geschwächt – seien allein im Klövensteen betroffen.
Hinzu kommt, dass die klimatischen Bedingungen des Vorjahres die Ausbreitung und Fortpflanzung des Borkenkäfers begünstigt haben. Insbesondere der gefräßige Buchdrucker, der seinem Beinamen „Großer achtzähniger Fichtenborkenkäfer“ alle Ehre macht, sei auf dem Vormarsch. „Wir rechnen mit hektargroßen Schäden in den Fichtenbeständen“, sagt Fischer. Wegen der klimatischen Bedingungen habe sich der Schädling zwei- bis dreimal fortpflanzen können und stille nun seinen Hunger an dem Nadelbaum, der am weitesten in Norddeutschland verbreitet ist. Neben dem biologischen Verlust gehe ein nicht unerheblicher wirtschaftlicher Schaden mit dem Borkenkäferbefall einher. Denn neben Trockenheitsbaumleichen und orkanbedingten Baumverlusten überschwemmt nun auch Holz aus Schädlingsbefall den Markt, und das drückt den Preis.
Schlechte Startbedingungen für Pflanzen
Was Fischer besonders Besorgnis bereite, sei die schnelle Abfolge der Extreme in den vergangenen Jahren. Extreme Hitze, extreme Trockenheit, extreme Stürme oder extreme Niederschläge würden sich rasant abwechseln. Damit hätte die sonst auf Ausgleich und Langmut getrimmte Natur ihre Schwierigkeiten. Kurzfristig wünscht sich der Förster nur eines: „Es müsste jetzt mal zwei Monaten lang regnen.“
Udo Busch, der Experte des Deutschen Wetterdienstes, bestätigt: „Wälder und Pflanzen mit Wurzeln, die die Feuchtigkeit in tieferen Bodenschichten anzapfen, sind betroffen.“ Die Bodenfeuchte in diesen tieferen Bodenschichten war 2018 noch relativ hoch. Aktuell seien diese Speicher allerdings weit weniger gut gefüllt als im Vorjahr. Zum Start der diesjährigen Vegetationsperiode seien die Böden deshalb viel trockener als im vieljährigen Durchschnitt. Selbst im Dürrejahr 2018 lagen nach Berechnungen des DWD die Bodenfeuchtewerte im April deutlich über den aktuellen Werten. Sollte sich nicht bald lang anhaltender Regen einstellen, so Agrarwetterexperte Udo Busch, müsste die Landwirtschaft auch 2019 mit Ertragseinbußen rechnen.
Bauern fürchten Futterknappheit
Nicht grundlos kommt Georg Kleinwort, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, zu der Einschätzung: „Ein Sommer wie im vergangenen Jahr darf sich nicht wiederholen.“ Falls doch dürfte es für viele Landwirte im Kreis eng werden, und zwar auch für die Viehzüchter. „Bei einem weiteren Dürresommer wird das Futter ernsthaft knapp.“ Gerade an „leichten Standorten“, die nicht durchgängig mit Wasser versorgt werden wie Marschlandschaften, sei der fehlende Niederschlag eine Herausforderung. Barmstedt oder Heidkaten seien solche Regionen, auch Teile von Wedel würden den Wassermangel spüren.
Insgesamt sei die Lage auf den Feldern aber noch erträglich, sagt Kleinwort. Dem Obstbauer fehlen wegen der kalten Temperaturen zwar gerade die bestäubenden Insekten, aber Roggen und Raps seien bisher gut aus dem Boden gekommen. Gerste und Mais fehle allerdings die Grundfeuchtigkeit. „Wir bräuchten in den nächsten zwei Monaten mal 150 Millimeter Regen“, so Kleinwort. „Damit sich die Reserven auffüllen.“
Dieser Mai ist für Insekten zu kühl
Der Mai sei der entscheidende Monat in der Landwirtschaft. Jetzt entwickeln sich die Ähren, jetzt wird bestäubt, jetzt ziehen sich Pflanzen die Nährstoffe. Für Kleinwort gelte deshalb nach wie vor das Sprichwort: „Ist der Mai kalt und nass, füllt’s dem Bauern Scheun und Fass“. Kühl sei der Mai schon mal, jetzt fehle nur der reichliche Niederschlag. Nachteil dabei allerdings: Hummeln und Bienen bestäuben bei diesen Witterungsbedingungen nur ungern, sie brauchen wärmere Temperaturen.
Seit April 2018 war laut DWD jeder Monat zwar wärmer, aber auch niederschlagsärmer als im vieljährigen Mittel. Die ausgetrockneten Böden haben die Ernteerträge einiger Feldfrüchte deutlich geringer ausfallen lassen als in den Vorjahren. Und: Das extreme Niederschlagsdefizit aus dem Jahr 2018 konnte noch nicht ausgeglichen werden. Deshalb waren die Startbedingungen für viele Pflanzen im Jahr 2019 schlechter als im Vorjahr.
Feuerwehr ging das Löschwasser aus
Diese anhaltende, tiefergehenden Trockenheit stellt auch die Feuerwehren im Kreis vor Herausforderungen. Zuletzt kam es wiederholt zu Flächenbränden, im April etwa im Ahrenloher Moor. „Um das Ausmaß der Problematik zu sehen, muss man ja nur einen Blick auf den Waldbrandindex werfen“, sagt Kreispressewart Michael Bunk. Aktuell liege er nach kleineren Niederschlagsphasen bei 2. „Aber drei, vier trockene Sonnentage reichen, um die ohnehin ausgedörrten Gebiete wieder in den leicht entzündlichen Bereich zu bringen.“ Gemeint ist Waldbrandstufe 4 oder 5 wie im Sommer des Vorjahres.
Für den Notfall größerer Wald- oder Flächenbrände seien die Feuerwehren im Kreis indes gut gerüstet, so Bunk. In jeder Gemeinde gebe es tragfähige Konzepte für den Ernstfall. Zudem sei die Technik auf dem Stand der Zeit. So würden etwa 3000 Meter Schlauch für einen abgelegenen Einsatz jederzeit zur Verfügung stehen, ein spezieller Schlauchwagen ergänze dieses Notfallmaterial. Das Tornescher Moor oder das Waldgebiet Hasselbusch könnten so problemlos erreicht werden. Besonders gefährdet seien die ausgelaugten torfreichen Gegenden des Kreises. Und schwer erreichbare Brände bei niedrigen Brunnenwasserständen: Erst Ende April hatte die Feuerwehr bei einem Großbrand auf einem Schenefelder Bauernhof alle Mühe, genügend Löschwasser bereitzustellen. Nachdem der Löschbrunnen wegen Trockenheit versiegt war, musste ein weit entfernter Hydrant angezapft werden. Das kostete wertvolle Zeit.