Kreis Pinneberg. Schleswig-Holsteins Innenminister stellt Verfassungsschutzbericht 2018 vor. Kriminalität der linken und rechten Szene steigt zum Teil stark an.

Der Kreis Pinneberg nimmt einen der Spitzenplätze im Land Schleswig-Holstein ein, was die politisch motivierte Kriminalität angeht. Das geht aus dem in dieser Woche von Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018 hervor.

So liegt der Kreis Pinneberg landesweit auf dem ersten Platz, was die von linken Bewegungen ausgehende Kriminalität betrifft. 138 derartige Taten nahm die Polizei im vergangenen Jahr auf. Die Zahl hat sich damit im Vergleich zum Jahr 2017 mehr als verdreifacht.

Die Erklärung dafür ist einfach. Laut dem Verfassungsschutzbericht entfällt ein Großteil der Taten auf den Kommunalwahlkampf 2018. Betroffen waren in den meisten Fällen Plakate der rechtsgerichteten AfD, die entweder gestohlen beziehungsweise oder wurden. Da derzeit der Europawahlkampf stattfindet und die AfD auch in das EU-Parlament einziehen will, könnten es auch 2019 linke Täter auf die Plakate der Partei abgesehen haben. Beschmiert wurden zudem auch die Plakate des CDU-Kandidaten Boris Karabacak, der türkische Wurzeln hat – in diesem Fall aber wohl eher von rechten Tätern.

Die zweithöchste Zahl von linksgerichteten politischen Straftaten verzeichnet die Stadt Kiel, wo 79 derartige Anzeigen vorliegen. Die Landeshauptstadt steht mit 95 Straftaten auf dem Spitzenplatz der rechtsgerichteten Kriminalität – ebenfalls gefolgt vom Kreis Pinneberg, wo 82 derartige Straftaten von den Ermittlern bearbeitet werden mussten.

Beim größten Teil dieser Straftaten handelt es sich um sogenannte Propaganda-Delikte, also etwa Hakenkreuzschmierereien oder das Verwenden sonstiger verbotener Nazi-Symbole im öffentlichen Raum. Es folgen Volksverhetzungsdelikte, Sachbeschädigungen etwa von Wahlplakaten und „Hasspostings“. Laut dem Bericht liegen im Kreis keine Hinweise für eine Verfestigung von rechtsgerichteten Täterstrukturen vor, vielmehr seien viele der ermittelten Tatverdächtigen erstmals mit einer politisch motivierten Tat aufgefallen.

Die rechte Szene im Kreis Pinneberg machte 2018 mit einem Liederabend auf sich aufmerksam, der in Uetersen stattfand. Insgesamt gingen 2018 landesweit acht rechtsextremistische Musikveranstaltungen über die Bühne. Auch die Aktion „Schwarze Kreuze Deutschland“, bei der die Neonaziszene an angebliche deutsche Opfer von Gewalttaten erinnern will, wurde am 13. Juli 2018 im Kreis Pinneberg begangen. Einige Kreuze standen laut dem Bericht an Straßen und unter Ortsschildern, sie trugen Schriftzüge wie „Offene Grenzen töten“, „Deutsche Opfer – Fremde töten – unvergessen“ oder die Namen der vermeintlichen Opfer.

In Schleswig-Holstein haben sich zwei neonazistische Gruppierungen namens Nordic Division und Nordadler überwiegend auf die Agitation im Internet konzentriert. Die Sicherheitsbehörden haben im vorigen Jahr bei mehreren Personen, die einer dieser Gruppierungen angehören sollen, Hausdurchsuchungen gemacht. Dabei kam es offenbar auch zu einer Durchsuchung in Appen.

Laut dem Verfassungsschutzbericht ist im Kreis Pinneberg auch die sogenannte Reichsbürgerbewegung sehr stark. 313 Reichsbürger – also Personen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen – sollen in Schleswig-Holstein leben. 33 davon im Kreis Pinneberg, der hinter dem Kreis Herzogtum-Lauenburg mit 37 Personen dieser Ideologie landesweit den zweiten Platz einnimmt.

Am 6. Mai 2018 verzeichnete die Polizei eine politisch motivierte Sachbeschädigung, die sich gegen ein Metallbauunternehmen aus Halstenbek richtete. Die Firma beliefert die deutsche und die internationale Marine. Diese Tat soll sich im Rahmen einer Protestbewegung gegen die türkische Militäroffensive gegen die Kurden in Afrin (Syrien) ereignet haben. Laut dem Verfassungsschutzbericht spielt der Kreis Pinneberg auch eine Rolle bei der Unterstützung der pro-kurdischen Demokratischen Partei der Völker (Halkların Demokratik Partisi). So gab es für die Parlaments- und Präsidentschaftswahl am 24. Juni 2018 in Pinneberg ein Wahlkomitee, das etwa für die Registrierung von Wahlberechtigten und für einen Fahrdienst zum türkischen Generalkonsulat in Hamburg sorgte.