Pinneberg. Ehemalige Kneipe Marktgraf in Pinneberg öffnet bald unter neuem Namen wieder. Und es tut sich noch viel mehr in der Gastroszene.
Ein Bierchen zum Start ins Wochenende? Beim Wein ein wenig klönen, vielleicht zu späterer Stunde irgendwo tanzen? In Pinneberg, einst Paradies für Nachteulen, längst nicht mehr selbstverständlich. Das Kneipensterben hat auch vor der Kreisstadt nicht haltgemacht. Doch jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Gastronomen investieren in den Standort. Sogar Pinnebergs wohl schillerndste Kneipen-Adresse soll eine neue Chance bekommen. Der frühere Marktgraf, später als Restaurant Edelweiss geführt, wird mit neuem Leben erfüllt. Ein Abriss ist vom Tisch.
Totgesagte leben länger. So sagt man. Scheint auch für den Ex-Marktgraf zu gelten. Nach Informationen des Abendblatts hat der Klinkerbau, der einst Pinnebergs Kultkneipe beherbergte, doch noch eine Zukunft. Der Unternehmer Benjamin Gadow hat sich das kleine Häuschen am Marktplatz gesichert. Gadow betreibt bereits die Begas-Bar, eine klassische Eckkneipe im Quellental. Die läuft prima. Und so plant der Wirt, der auch einen Schankwagen sein Eigen nennt, den Ex-Marktgraf wieder mit gastronomischem Leben zu füllen. In den sozialen Netzwerken herrscht bereits Vorfreude, seit erste sichtbare Veränderungen am Häuschen zu sehen sind. Es wird wild spekuliert.
Biergarten mit rund 100 Plätzen geplant
Dass ihn das freut, daraus macht Benjamin Gadow kein großes Geheimnis. Offenkundig gehört es zu seiner Marketingstrategie, Informationen nur häppchenweise rauszulassen. Wie sein neues „Kind“ heißen wird, gibt er schon mal preis: Frau Miller, wie eine Figur aus Friedrich Schillers Stück „Kabale und Liebe“. Das Konzept weiche von dem der Begas-Bar ab, so Gadow. Es werde im Frau Miller etwas zu essen geben. Raucher müssten draußen bleiben. Aber dort soll es auch genug Platz geben. Geplant ist ein Biergarten mit rund 100 Plätzen. Und wann wird am Marktplatz eröffnet? „Ich hoffe, innerhalb der nächsten drei Monate“, antwortet Gadow.
Er ist nicht der einzige Gastronom, der in Pinneberg derzeit Potenzial erkennt und wieder investiert. Betty Behrend geht einen ähnlichen Weg. Sie betreibt seit Jahren den Barcode 23 an der Bahnhofstraße, eine Kneipe, in der sich auch Fußballfans regelmäßig treffen, um die Spiele des HSV zu schauen.
Das Barcode 23 bekommt einen Ableger
Jetzt investiert Behrend ein paar Meter weiter die Bahnhofstraße hoch. Im ehemaligen Cult eröffnet am Sonnabend, 13. April, ein Ableger, Barcode Live genannt. Der Name ist Programm: „Wir werden regelmäßig Konzerte auf die Beine stellen“, sagt Behrend, die künftig zwischen ihren beiden Läden pendeln wird. Aktuell wird das frühere, ziemlich düstere Cult umgebaut. Alles wird heller, freundlicher. Vom Fass gibt’s im neuen Barcode Live dann erst mal Krombacher. „Kann sein, dass wir das Angebot am Zapfhahn später noch erweitern“, sagt die Wirtin, die im Sommer mit einem neuen Biergarten punkten will und bei den Öffnungszeiten („Wir planen open end“) auch Nachtschwärmern entgegenkommt. Warum sie ausgerechnet in Pinneberg investiert? Weil es in der Stadt Nachfrage gebe: „Ich höre immer wieder, dass die Menschen es vermissen, abends loszuziehen“, sagt Behrend. Ihr liege daran, jüngere und ältere Gäste in ihren beiden Bars zusammenzubringen. Darum werde es bei den Konzerten und bei den Tanzabenden am Wochenende auch keine Festlegung auf einen bestimmten Musikstil geben.
Ein weiteres Beispiel für den Aufschwung in der Kneipen- und Gastroszene bietet die zuletzt monatelang leer stehende Köpi-Stube im Quellental. Die hat kürzlich unter neuer Bewirtung neu eröffnet. Die Remise, das Kleinod unweit der Drostei, ist seit März in neuen Händen und wurde gleich mal einem Lifting unterzogen.
Brüder investieren in ihr Brauhaus 300.000 Euro
Und dann sind da noch die Pläne der Brüder Wolpers. Im Frühsommer werden die ihr Brauhaus namens Ida, benannt nach ihrer Großmutter, im Quellental eröffnen. Auf der Baustelle an der Oeltingsallee geht’s voran. Die Front mit den neuen Fenstern ist bereits fertig. Drinnen werden knapp 30 Plätze zur Verfügung stehen, draußen nochmal 25. Rund 300.000 Euro investieren Clemens und Torben Wolpers in ihren Traum.
Die Wiedergeburt der Pinneberger Kneipenszene lässt sicher bei vielen Erinnerungen aufkommen. An eine Zeit, da es überflüssig war, in die Bahn nach Hamburg zu steigen, um nachts Spaß zu haben. An Tage, da im Bessere Zeiten von Kult-Wirt Benno bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wurde. Da im Marktgraf das Bier floss und zum Tanzen die „Carina“ am Hafen angesteuert werden konnte. Zeiten, die womöglich wiederkommen. Betty Behrend hat jedenfalls keine Angst vor Konkurrenz. Sie sagt angesichts des Aufschwungs in Pinnebergs Gastroszene: „Das ist gut für die Stadt.“