Pinneberg. 15-jähriger Vietnamese, der in Pinneberg zur Schule geht, und sein Vater müssen Deutschland verlassen. Mitschüler demonstrierten.
Der Vietnamese Hoi Nam Le, Schüler an der Johannes-Brahms-Schule in Pinneberg, darf nicht in Deutschland bleiben. Das hat die Härtefallkommission (HFK) beim schleswig-holsteinischen Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration am Donnerstag mitgeteilt. Sie hatte sich in ihrer Sitzung vom 19. März mit dem Fall des vietnamesischen Staatsangehörigen Cong Thang Le und seines in Pinneberg zur Schule gehenden Sohnes Hoi Nam Le befasst.
Mitschüler des 15-jährigen Hoi Nam Le hatten auf dessen drohende Abschiebung aufmerksam gemacht und im Februar vor der Drostei dagegen demonstriert und Unterschriften gegen eine Abschiebung gesammelt. Aufgrund des öffentlichen Interesses an Les Schicksal hat sich die Härtefallkommission auf diverse Nachfragen hin in der Pflicht gesehen, ihr Beratungsergebnis – abweichend von der in den Verfahrensgrundsätzen niedergelegten Praxis – öffentlich bekannt zu machen.
Die Schutzquote für Vietnamesen ist relativ gering
„Die Härtefallkommission hat sich intensiv mit der Vita von Vater und Sohn Le beschäftigt“, sagt Norbert Scharbach, Vorsitzender der Härtefallkommission. „Die Mitglieder der HFK haben großen Respekt und Anerkennung für das zivilgesellschaftliche Engagement der Schüler und Lehrer gezollt und deren Einsatz für den Verbleib des Schülers Hoi Nam ausdrücklich gewürdigt.“
Die HFK – sie arbeitet behördenunabhängig – sah sich jedoch „angesichts der Umstände des Einzelfalles und vor dem Hintergrund der geltenden Verfahrensgrundsätze der HFK mit eindeutig formulierten Regelausschlussgründen für eine Anrufung nicht in der Lage, weder für den Vater noch den Sohn ein Härtefallersuchen gemäß Paragraf 23 a Aufenthaltsgesetz an den Innenminister zu richten“. Zu den Gründen dieser Entscheidung dürften darüber hinaus keine weiteren Angaben gemacht werden.
„Die Schutzquote für Vietnamesen ist relativ gering“, sagt Scharbach. Für den Jungen, der relativ gut Deutsch spreche, gebe es nach einer freiwilligen Ausreise und nach einem Schulabschluss die Möglichkeit, erneut nach Deutschland einzureisen, um hier zu studieren oder zu arbeiten. „Bei einer nicht freiwilligen Ausreise, also einer Abschiebung, kann allerdings eine Wiedereinreisesperre von drei bis zehn Jahren verhängt werden.“
Das weitere Verfahren zur Umsetzung der Ausreisepflicht liegt in der Zuständigkeit der Ausländerbehörde des Kreises Pinneberg. Das heißt, hier wird entschieden, wie und wann Sohn und Vater auszureisen haben. Kreissprecher Oliver Carstens: „Wir verstehen, dass dies für die Familie eine harte Entscheidung ist. Auf der Grundlage der Entscheidung der Härtefallkommission wird der Kreis Pinneberg das Gespräch mit der Familie Le führen, um zu klären welche Möglichkeiten nunmehr bestehen. Ich bitte um Verständnis, dass wir bis zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Informationen und Auskünfte geben können.“
Hoi Nam Le möchte IT-Spezialist werden
Hoi Nam Le lebt seit sechs Jahren in Deutschland und besucht die neunte Klasse der Johannes-Brahms-Schule. Er hat im Oberstufen-Profil Physik und Informatik ausgesucht, weil er nach eigenen Angaben IT-Spezialist werden möchte. Der junge Vietnamese lebt allein mit seinem Vater, der sich noch in Vietnam von Nams Mutter getrennt hatte. Der Asylantrag von Vater und Sohn, die in Halstenbek leben, wurde im Sommer 2018 abgelehnt. Hoi Nam Le ist, seit er als Kind die alte Heimat in Ho-Chi-Minh-Stadt verlassen hat, nicht mehr dort gewesen. Vietnamesisch zu lesen und zu schreiben hat er nach eigenen Angaben nie gelernt.
Flüchtlinge aus Vietnam haben kaum Aussichten auf Asyl in Deutschland, weil es als ein sicheres Herkunftsland eingestuft wird. Vietnamesen, die beispielsweise als Leiharbeiter in die DDR kamen, wird allerdings der Familiennachzug ermöglicht. Ende der 70er-Jahre flohen zudem Millionen Vietnamesen vor dem kommunistischen Vietcong aufs offene Meer hinaus. Rund 35.000 der sogenannten Boat-People fanden in der Bundesrepublik Zuflucht.
Hoi Nam Le selbst sowie die Schulleitung der Johannes-Brahms-Schule waren am Donnerstag für die Redaktion nicht zu erreichen.