Wedel . Viele Probleme bei den Prestigeprojekten: Östliche Spundwand im Hafen ist ein Sanierungsfall, Nordumfahrung verzögert sich, Wedel Nord wackelt.

Schulauer Hafen, Nordumfahrung, Wedel Nord: Sie zählen zu Wedels großen Zukunftsprojekten. Von ihnen hängt viel ab, ob nun in Sachen Wohnen, Tourismus oder Verkehrsinfrastruktur. Und bei all diesen wichtigen Projekten muss Wedel nun erneut teils herbe Rückschläge verkraften. In einer vertraulichen Sitzung teilte die Stadtverwaltung am Montag den Fraktionschefs und den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses mit, was man öffentlich nur ungern breittreten möchte: Bei allen Projekten gibt es Probleme, die Geld und Zeit fressen werden.

Großbaustelle Nummer eins: Die Sanierung des Schulauer Hafens wird teurer (1,5 Millionen Euro). Das kennen die Wedeler und schockt sie kaum noch. Doch diesmal steckt mehr dahinter. Laut Abendblatt-Informationen hat ein im Zusammenhang mit der Gestaltung der Ostpromenade in Auftrag gegebenes und seit Mittwoch vergangener Woche vorliegendes Gutachten zu Tage gefördert, dass die Spundwand marode ist und umfangreich saniert werden muss. Geschätzte Kosten: im Millionenbereich.

Dabei geht es nicht um den Bereich der abgesackten Westmole, sondern ausgerechnet um die östliche Hafenseite. Dort, wo Wedel in diesem Jahr ursprünglich mit der Neugestaltung endlich beginnen wollte. Die Pläne sahen Folgendes vor: Mithilfe von Treppen- und Sitzstufen sollte in Höhe des Hafenmeisterhauses eine zweite Promenade entstehen. In einem hier vorgesehenen Neubau wäre eine Fläche für Gastronomie mit Draußensitzplätzen entstanden. Die Flutschutzmauer sollte Durchlässe bekommen, die Promenade barrierefrei erreichbar und eine grüne Böschung angelegt werden. Und nun?

Nun muss das Geld in die Stabilisierung des Untergrundes fließen, weitere Untersuchungen sind nötig, die Zeit kosten werden. Das Gutachten soll laut Abendblatt-Informationen der Spundwand so wenig Tragfähigkeit bescheinigen, dass dort bereits Belastungen durch Bühnen oder Marktstände wie beim Hafenfest zu einem schwerwiegenden Problem werden könnten. Große Lasten durch Fahrgeschäfte oder Fahrzeuge müssen laut Stadt vermieden werden.

Standsicherheit der Kaimauer aus 60ern wurde vorausgesetzt

Wie die Verwaltung in einer Pressemitteilung von Donnerstag zum Thema Spundwand erklärt, muss die Stadt nun sicherstellen, dass grundsätzlich keine Fahrzeuge diesen Bereich befahren. Zudem muss die Spundwand nun engmaschiger kontrolliert werden, um auf Veränderungen schnell reagieren zu können. Es droht laut Stadt ein langsames Vorrutschen der unteren Spundwandenden in Richtung Hafenbecken. In den dahinter entstehenden Hohlraum könnte Erde nachrutschen, darüber liegende Fußwegplatten könnten absacken oder sich aufstellen.

Warum das erst jetzt und nicht zu Beginn der Sanierungsarbeiten des Hafens in 2012 festgestellt wurde – vor allem da bereits fertige Teile des Hafens betroffen sind? Laut Stadt sei die Standfestigkeit damals in Betracht gezogen worden, allerdings mehr theoretisch als praktisch. Sprich: Es wurde nicht wie jetzt eine Bodenuntersuchung vorgenommen, sondern vom damaligen Planer eine Vergleichsrechnung angestellt. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Kaimauer aus den 1960ern standsicher ist und nur berechnet, inwieweit sie durch zusätzliches Gewicht aufgrund der neuen Planungen in Mitleidenschaft gezogen wird. „Diese Vorgehensweise ist durchaus üblich und für die Aufgabe auch ausreichend“, zitiert die Stadt laut der Pressemitteilung „Sachverständige“.

Klar ist: dass die unerwartete Sanierung den Zeitplan durcheinanderwirbelt und damit das neue Hafenmeisterhaus samt Kiosk Jahre später fertig sein dürfte. Das gehört aber zum Konzept der Investoren um den Hafenbetrieb, genauso wie der Standort an der Ostmole. Zudem wollten die Investoren ihre Pläne eines Traditionshafens mit Wassertaxis schnell realisieren. Ob sie nun Abstand nehmen? Für den heutigen Freitag ist laut Abendblatt-Information in dieser Sache ein Gespräch im Rathaus geplant.

Planung der Nordumfahrung könnte erst in 2029 fertig sein

Doch nicht nur das Hafenprojekt und die Fragen bezüglich einer schlechten Planung trieben den Wedeler Politikern während der Sondersitzung hinter verschlossenen Türen die Sorgenfalten auf die Stirn. Denn es gab noch mehr Hiobsbotschaften. Schlecht steht es auch um Wedels Pläne im Norden der Stadt.

„Wir sind als Grüne in unserer Skepsis bestätigt worden“, sagt Olaf Wuttke als Fraktionschef der Grünen. Er bricht, wie er sagt, das Schweigekartell, zumindest beim Thema Nordumfahrung. „Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass das hinter verschlossenen Türen besprochen wird.“

Wuttke sieht eine dringende Informationspflicht der Öffentlichkeit. Denn nach einem Gespräch im Februar mit Vertretern der Stadt Wedel und des Landes Schleswig-Holstein sowie einer Stellungnahme des Bundes ist endgültig klar, wovor die Grünen schon seit Monaten warnen: Die bisherigen Pläne zur Nordumfahrung funktionieren so nicht.

Der Bund fördert die Straße nur, wenn sie nicht wie geplant als Erschließungsstraße für ein neues Wohngebiet dient. Wedel Nord müsste also über andere Straßen angebunden werden. Zudem besteht Berlin auf einem weiteren Gutachten, das die politisch nicht mehr gewollte Südumfahrung und die jetzt geplante Nordtangente hinsichtlich ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit abwägt. Das wird Zeit und Geld kosten. Kommt dabei heraus, dass die teils schon überplante und bebaute Südumfahrungstrasse leistungsfähiger ist, gibt’s kein Geld vom Bund. Wedel plant mit Bundesmitteln in Höhe von 58 Prozent der Gesamtkosten von rund 30 Millionen Euro.

Die zweite schlechte Nachricht in Sachen Nordumfahrung: Die Stadtverwaltung hat laut Wuttke den Zeithorizont für das gesamte Planfeststellungsverfahren durchgerechnet. Demnach könnte das Planfeststellungsverfahren für die Straße, die von vielen Wedeler Parteien als Voraussetzung für das neue Stadtgebiet Wedel Nord gilt, erst 2029 fertig sein. Das ist sechs Jahre später als angenommen. „Das bedeutet, dass wir grundsätzlich über die Frage nachdenken müssen, ob Wedel Nord in der bisher gedachten Fassung überhaupt machbar ist“, sagt Wuttke.

In den Fraktionen muss nun beraten werden, wie es weitergehen kann. In Sachen Hafen sollen die Sachverständigen den politischen Vertretern in einer kurzfristig einberufenen Sitzung der Hafen AG, die Situation erläutern. Dann wieder hinter verschlossenen Türen.