Pinneberg. Der Opferschutzverein Weisser Ring im Kreis Pinneberg zieht Bilanz. Von 124 bearbeiteten Fällen waren 118-mal Frauen betroffen.

124 neue Fälle im Jahr 2018, dabei 118-mal Frauen als Opfer, und sieben Fälle mehr als 2017. Das ist die Bilanz des Vereins Weisser Ring im Kreis Pinneberg, die der Außenstellenleiter Uwe Kleinig mit den Opferhelfern Heike Behrmann und Peter Wieruch am Dienstag bei einer Pressekonferenz zog. „Wir haben es wieder vermehrt mit Opfern von Gewalttaten zu tun“, sagt Kleinig. „Die psychischen Folgen bei den Opfern werden stark unterschätzt.“ Von den 124 Fällen war 89-mal Gewalt der Grund, sich an den Weissen Ring zu wenden: 51-mal Körperverletzung und 38-mal sexuelle Gewalt. 31 Attacken fanden im häuslichen Umfeld statt.

Im Kreis kümmern sich zwölf ehrenamtliche Mitarbeiter um Hilfesuchende, davon sieben Opferhelfer. 39 Prozent der Fälle kamen über die Polizei, wo Uwe Kleinig regelmäßig Karten mit der Telefonnummer des Weissen Rings an die Beamten verteilt: „Bei der Polizei hat sich das Bewusstsein eingestellt, dass wir diesen Menschen helfen können. Ich wünsche mir, dass die Vermittlung über die Polizei auf 50 Prozent ansteigt.“ Der übrige Teil erfährt über Mund-zu-Mund-Propaganda, Netzwerke, die zunehmende Öffentlichkeitsarbeit, Vorträge und Aufklärung von der Arbeit des Vereins.

„Wir sehen uns als Lotsen im Hilfe-Netzwerk“, sagt Heike Behrmann. „Betroffene sind in dem Moment, in dem sie kommen, überfordert.“ Eng arbeiten die Opferhelfer mit der Traumaambulanz und dem Elmshorner Wendepunkt zusammen, ihr Netzwerk umfasst Frauenhäuser, Anwälte, Psychotherapeuten, Ferienhilfe oder Selbsthilfegruppen.

Es ist ein dunkles Feld, in dem sie sich bewegen. „Bei uns werden auch vergewaltigte Menschen betreut, die keine Anzeige erstatten möchten“, sagt Heike Behrmann. „Mit Anzeige kann man aber viel mehr erreichen.“ Deshalb sei die sofortige gerichtsmedizinische Beweissicherung so wichtig, „da helfen wir auch“. Handelt es sich um Vergewaltigung nach der Einnahme von K.O.-Tropfen, solle so bald wie möglich der Urin gesichert werden, in dem der Wirkstoff noch nachweisbar sei, „zur Not in einem Marmeladenglas“. Vieles, mit dem die Weisse-Ring-Mitarbeiter in Berührung kommen, erfährt niemand. Betrugsopfer, die fiktiven Lovern im Netz Riesensummen überwiesen haben, Leute, die auf den Enkeltrick hereingefallen sind - die Dunkelziffer ist hoch: „Die offiziellen Zahlen sind kein Abbild dessen, was passiert. Es gehen viel zu wenig Opfer zur Polizei oder zu uns“, sagt Uwe Kleinig.

Rund 50.000 Mitglieder hat der Verein bundesweit, 335 die Außenstelle Kreis Pinneberg. Der Weisse Ring bekommt kein öffentliches Geld, ist unabhängig und lebt von Spenden (2,50 Euro Monatsbeitrag) oder Erbschaften. Wichtige Gesetzesinitiativen wie die Bestrafung von Stalking oder das Opfer-Entschädigungsgesetz gehen auf hochrangige Juristen zurück, die Mitglieder im Verein sind. Helfer sind willkommen.