Tornesch. Keine Zauberei: Anfang Juni kämpfen 35 Teams in Tornesch um Quaffle, Klatscher und Schnatz. Und Besenstile sind auch mit im Spiel.
Quidditch – jeder, der die Harry-Potter-Romane von Joanne K. Rowling kennt, hat sich schon einmal vorgestellt, selbst auf einem fliegenden Besen zu sitzen und den goldenen Schnatz zu jagen. Auch wenn das alles im realen Leben nicht möglich ist – Quidditch gibt es trotzdem. Fliegende Besen weichen Plastikstangen zwischen den Beinen, der goldene Schnatz muss nicht aus der Luft, sondern vom Trikot eines Gegners gepflückt werden, und das alles findet nicht hoch oben in der Luft statt, sondern auf dem Boden der Realität. In Tornesch (Kreis Pinneberg).
„Quidditch eine ernst zu nehmende Sportart“, sagt Tristan Dück (23), Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit bei den Hamburg Werewolves. „Immer mehr Menschen spielen Quidditch, und der Sport entwickelt, unabhängig von Harry Potter, seine eigene Dynamik.“ Was der fiktionale Junge mit der Blitznarbe 1997 zum ersten Mal in die Köpfe der Leser brachte, gibt es seit 2005 nun auch auf Sportplätzen der echten Welt. Seinen Anfang fand die Sportart in den USA, wo Studenten aus Middleburry, Vermont, – zunächst nur aus Spaß – Quidditch in die Realität umsetzten. „Damals noch mit echten Besen und Umhängen. Zunächst war es nur was für echte Potter-Fans“, sagt Tristan Dück. Aber das habe sich schnell geändert. Mittlerweile gibt es eine Weltmeisterschaft, in Deutschland eine Quidditch-Liga und eine deutsche Meisterschaft.
Zur Meisterschaft 2018 kamen ein paar Hundert Zuschauer
Letztere wird am 8. und 9. Juni 2019 in Tornesch ausgetragen. Etwa 35 der circa fünfzig deutschen Quidditchteams werden um den Titel des deutschen Quidditchmeisters 2019 kämpfen. „2018 in Hamburg war das schon ein Spektakel“, sagt Tristan Dück. „Ein paar Hundert Zuschauer waren da, viele Familien, die neugierig waren, wie Quidditch in der Realität aussieht und ob es noch etwas mit Harry Potter zu tun hat.“
Hat es nur in Grundzügen. Heute stünden ganz klar die athletische Leistung und der Sport im Vordergrund, nicht mehr das Erzählen der Geschichte eines jungen Zauberers, erklärt Dück. Was durch die Romane bekannt geworden ist, entwickelt mehr und mehr seine eigene Dynamik. „Klar, es ist ein Nischensport und man kann nicht davon leben, aber Quidditch wächst.“ Als Beweis erzählt Tristan Dück von der Quidditch-Weltmeisterschaft 2018 in Florenz, die er besucht hat: „Teams aus der ganzen Welt waren da, aus den USA, aus Kanada. Sogar aus Malaysia. Das ist ein großer organisatorischer Aufwand, weite Strecken werden zurückgelegt, um Quidditch sehen und spielen zu können.“
Plastikstab zwischen den Beinen ersetzt Besen
Und so funktioniert das Spiel: Zwar gibt es die gleichen Bälle wie bei Harry Potter, Quaffle, Klatscher und Schnatz, und auch die Spielpositionen sind gleich. Aber in den Büchern gehe es fast nur darum, die Rolle des Protagonisten Harry Potter zu erzählen. „Bei uns steht das Spiel an sich im Vordergrund.“, erklärt Tristan Dück. Beim realen Quidditch geht es darum, Tore mit dem Spielball, dem sogenannten Quaffle, zu machen. Tackling – gegenseitiges angreifen – ist erlaubt, so können die Spieler einander den Quaffle abnehmen. Außerdem gibt es die drei „Klatscher“. Diese Bälle werden genutzt, um Gegner abzuwerfen und so kurzzeitig aus dem Spiel zu nehmen. Den Schnatz gibt es auch, aber er spielt eine sehr viel kleinere Rolle als in den Romanen. Hier bringt er nur dreimal so viele Punkte wie ein Tor, nämlich 30, und nicht 15-mal so viele. Zusätzlich haben alle Spieler als Handicap einen Plastikstab zwischen die Beine geklemmt, als Hommage an Harry Potter und hauptsächlich als sportliches Handicap.
Quidditch bestehe also im Wesentlichen aus Elementen der drei Sportarten Handball, Völkerball und Rugby, sagt Dück. Vorbei ist das Spiel, wenn der Schnatz der gegnerischen Mannschaft erobert wurde, gewonnen hat das Team mit den meisten Punkten. „Letztendlich geht es aber hauptsächlich um den Spaß am Spiel und am Sport“, sagt Tristan Dück. Ein Preisgeld zum Beispiel wird es im Juni in Tornesch nicht geben. „Dafür aber einen Pokal und hübsche Medaillen. Und natürlich den Titel des deutschen Quidditchmeisters.“