Kreis Pinneberg. Absage von Verwaltung und Gemeinden an Kiel: Kreisgebiet für zusätzliche Windenergieflächen in Uetersen und Bokel nicht geeignet.
Der Kreis Pinneberg lehnt eine Ausweitung der Windenergieflächen strikt ab. In einer Stellungnahme zum neuen Regionalplan, die der Bauausschuss des Kreistages am 15. Januar berät, wird die Ausweisung einer 30 Hektar großen, neuen Fläche in Bokel abgelehnt, ebenso die Vergrößerung der Windparkfläche in Uetersen von 30 auf 45 Hektar. Die betroffenen Kommunen und ihre Nachbarn haben dies in ihren Gremien ebenso entschieden.
„Insgesamt ist festzustellen, dass der Kreis Pinneberg für die Ausweisung von Gebieten für Windenergie denkbar ungeeignet ist“, sagt Kreis-Regionalplaner Tobias Kuckuck. „Es stehen schlicht und einfach nicht genug geeignete Flächen zur Verfügung. Große Teile des Kreises sind entweder dicht besiedelt oder als Schutzgebiete ausgewiesen.“ Schließlich handele es sich um den mit 664 Quadratkilometern kleinsten Flächenkreis in Schleswig-Holstein, in dem aber mit etwa 315.000 Menschen die meisten Einwohner leben.
Der einzige Rückenwind, den die Windkraft hier erfährt, bläst in Raa-Besenbek. Und zwar kräftig. So plant das 550 Einwohner zählende Dorf bei Elmshorn in diesem Jahr bereits mit 14 Millionen Euro die zweite Vergrößerung seines 80 Hektar großen Windparks an der B 431. 2011 sind bereits vier neue, 150 Meter hohe Anlagen gebaut worden, die 20 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Im Sommer sollen die vier alten Anlagen von 1999 durch vier größere ersetzt werden, die 30 Millionen Kilowattstunden erzeugen, erklärt Geschäftsführer Hans-Hermann Magens. Etwa 14.000 Haushalte könnten damit versorgt werden. Magens leitet beide Bürger-Windparks, an denen etwa 100 Raa-Besenbeker beteiligt seien. „Das ganze Dorf steht hinter dem Windpark“, sagt er. Bürgermeister Norman Sternberg bestätigt das: Immerhin seien die beiden Bürger-Windparks mit rund 150.000 Euro im Jahr „der größte Gewerbesteuerzahler in Raa Besenbek“.
5200 Stellungnahmen
Doch dieses einhellig windpark-freundliche Klima ist die Ausnahme im Kreis Pinneberg. In Uetersen war es schon vor 20 Jahren heftig umstritten, sechs etwa 100 Meter hohe Anlagen an der Ortsgrenze zu Neuendeich und Groß Nordende aufzustellen, die seit 2001 etwa 13 Millionen Kilowatt Strom pro Jahr erzeugen. CDU, BfB und FDP setzten Ende November mit knapper Mehrheit durch, dass die Vorrangfläche für Windenergie nicht von 30 auf 45 Hektar ausgeweitet wird. „Wir erzeugen schon genug grünen Strom“, meint CDU-Fraktionschef Andreas Stief. „Davon, dass die Anlagen immer größer, höher, weiter werden sollen, hat hier keiner was.“
Die Nachbargemeinden sehen das ähnlich. „Unser Gemeinderat hat sich einstimmig gegen eine Ausweitung des Windparks ausgesprochen“, sagt Ute Ehmke, Bürgermeisterin von Groß Nordende. Reinhard Pliquet, Bürgermeister von Neuendeich, das sich ebenfalls einstimmig dagegen positioniert hat, sagt sogar: „Am liebsten sollte man die Windräder wieder abbauen.“
Unterstützt wird diese Haltung von der Kreisverwaltung. Eine Ausweisung des Windparks in Uetersen, der ohnehin als eine Ausnahme im Landschaftsschutzgebiet gebaut wurde, führe zu einem „massiven Konflikt zu den Festsetzungen der Landschaftsschutzverordnung“. Bürgermeisterin Andrea Hansen bedauert die ablehnende Haltung ihrer Politik allerdings. „Ich persönlich finde das schade. Denn Energie wollen wir ja alle.“
In Bokel wäre sogar eine dritte Windparkfläche im Kreis Pinneberg möglich. Das lehnt die Gemeinde komplett ab, hat es kurz vor Weihnachten nach einem Erörterungstermin mit der Landes- und Regionalplanung im Dezember auch so der Landesplanung mitgeteilt. „Ein Windpark würde die Entwicklung unserer Gemeinde erheblich behindern“, sagt Vize-Bürgermeister Götz Reimer. So hofft das kleine Dorf im Norden darauf, 2030 an der dann vielleicht gebauten A 20 ein Gewerbegebiet ausweisen zu können, wofür es wegen seiner „Lagegunst prädestiniert“ sei, wie es in der Stellungnahme des Amtes Hörnerkirchen heißt.
Landschaftsraum wichtig für Tourismus und Naturschutz
Argumente, die auch die Kreisverwaltung in ihrer Stellungnahme ans Land vorträgt. Die Fläche im Norden Bokels sei „ein Standort, der sich nach Errichtung der Bundesautobahn 20 aufgrund seiner Lagegunst als ein hervorragender Gewerbestandort erweisen könnte“, zumal Bokel solche Gewerbeflächen „dringend benötigte“, kommentiert Regionalplaner Kuckuck.
Und die Kreis-Naturschutzbehörde betont die „besondere Bedeutung“ dieses Landschaftsraumes im Norden des Kreises „für Tourismus und Erholung“, der deshalb bald als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden solle. Zudem tummelten sich hier zahlreiche gefährdete Greifvogelarten wie brütende Seeadler, Mäusebussard, Uhus, Weißstörche und Kraniche. Darum sei die Ausweisung einer Windparkfläche in Bokel „landesplanerisch nicht zu verantworten“.