Elmshorn. Im Holsteiner Verband ist ein Streit um angebliche Provisionsforderungen eskaliert. Mehrere Züchter ziehen sich zurück.

Der Holsteiner Verband steckt mitten in einer schweren Krise. Die Vorstandsmitglieder Christian Dietz und Günther Friemel sind zurückgetreten, dem Verkaufsleiter Ove Asmussen ist fristlos gekündigt worden, mehrere Pferdezüchter wie Derbysieger Sören von Rönne aus Neuendeich haben ihre Mitgliedschaft aus Protest gekündigt oder lassen sie ruhen; ihre Stuten stehen dem Verband nicht mehr für die Zucht zur Verfügung.

Was ist geschehen? Auslöser des Eklats sind Provisionszahlungen, die Christian Dietz und Günther Friemel für sich in Anspruch genommen haben sollen. Insider berichten: Dietz habe für die Holsteiner Elite-Pferde-Auktion am 3. November in Neumünster Kunden aus Südafrika akquiriert. Er habe fünf Prozent des Verkaufspreises als Provision gefordert und sich mit Friemel teilen wollen.

Provisionen sind in der Branche durchaus üblich. Wenn hochwertige Pferde den Besitzer wechseln, wollen Profis über Kontakte und Vermittlung Profit daraus schlagen. Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt haben mehrere Verbandsmitglieder erklärt, weshalb sie in diesem Fall dennoch empört seien: Sie werfen Dietz vor, sein Ehrenamt mit geschäftlichen Interessen verquickt zu haben.

Eine typische Szene, hier bei der Fohlenauktion im September in Elmshorn.
Eine typische Szene, hier bei der Fohlenauktion im September in Elmshorn. © Melanie Mallon | Melanie Mallon

Bei Friemel komme aus ihrer Sicht hinzu, dass er auch vereidigter Auktionator der Veranstaltung war. „Der wird als Auktionator fürstlich entlohnt“, sagt ein erbostes Verbandsmitglied gegenüber dem Abendblatt. „Für die Auktion in Neumünster mit mehr als zwei Millionen Euro Umsatz kommt da ein fünfstelliges Honorar zusammen, ich schätze etwa 30.000 Euro.“ Er behauptet: „Friemel wollte doppelt kassieren, damit hat er den Bogen eindeutig überspannt.“ Zudem sei ein vereidigter Auktionator zu Neutralität verpflichtet.

Zudem meinen mehrere Beobachter der Auktion, dass der Kunde aus Südafrika den Zuschlag ungewöhnlich schnell bekommen habe. „Beim Preis lag noch mehr drin“, sagt ein entrüsteter Pferdezüchter aus dem Kreis Pinneberg. Friemel versteigerte den zwei­einhalbjährigen Hengst Averno des Brillenkönigs Günther Fielmann (Gut Schierensee) für 14.000 Euro an die Südafrikaner.

Ove Asmussen, hauptamtlicher Verkaufsleiter der Vermarktungs-GmbH des Holsteiner Verbandes, wollte die Provisionsansprüche nicht mittragen und machte den Vorgang öffentlich. Die Folge: Der Holsteiner Verband kündigte Asmussen fristlos. Der hat nun einen Anwalt eingeschaltet. „Asmussen ist ein Bauernopfer“, sagt ein Verbandsmitglied. „Ein 50-Jähriger, der zwei Kinder hat und ein Haus abbezahlen muss, steht nun ohne Job da.“

Asmussen und Auktionsbeschicker Reimer Hennings bestätigten die Provisionsforderungen von Dietz und Friemel in eidesstattlichen Erklärungen. In der folgenden Delegiertenversammlung habe Dietz laut Verbandssprecherin Donata von Preußen die Provisionsansprüche eingeräumt und gesagt, sie seien rechtmäßig. Friemel hingegen habe behauptet, generell keine Provisionen bei Auktionsverkäufen zu fordern, die über die offiziellen Gebühren hinausgehen. Er habe gesagt: „Es muss sich um ein Missverständnis handeln.“

Die Mehrheit der Delegierten sah in der Causa offensichtlich kein Problem, ebenso wenig der Vorsitzende Thies Beuck und der Zweite Vorsitzende Timm Peters. Beide hatten die Provisionsanfragen laut Verbandssprecherin Donata von Preußen genehmigt. Bei der Vertrauensfrage hätten 52 Mitglieder für Dietz und Friemel gestimmt, 36 Mitglieder ihnen das Vertrauen entziehen wollen.

135 Jahre für die Zucht besserer Pferde

Schon vor 1883 haben in Schleswig-Holstein mehrere Pferdezucht­vereine existiert. Diese schließen sich in dem Jahr zum Pferdezuchtverband in der Kremper Marsch zusammen.

Der Verband fusioniert 1935 mit dem 1896 gegründeten „Verband des Schleswig-Holsteiner Geestlandes“ zum heutigen „Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes“.

Ziel des Verbands ist es, in der Zucht die besonderen Eigenschaften des Holsteiners wie z. B. Leistungsbereitschaft, Härte und Springvermögen zu erhalten und weiter zu verfeinern.

Nach dem Bestandstief im Jahr 1960 mit nur noch 1311 Holsteiner Stuten folgt die Konzentration auf den Verbandssitz Elmshorn und den Aufbau eines Hengstdepots, dem rund 70 Tiere angehören.

Weitere 200 private Hengste befinden sich ebenfalls im Zuchteinsatz für die rund 8000 Stuten, die 2018 wieder registriert waren.

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Doch die Empörung sitzt tief. Auch Vorstandsmitglied Jan Lüneburg, Pferdezüchter aus Hetlingen und von 2008 bis 2015 Verbandsvorsitzender, erklärte seinen Rücktritt von dem Ehrenamt. Er sehe auch seine persönliche Integrität gefährdet: „Das ist nicht mehr mein Verband“, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Sören von Rönne, Pferdezüchter und Derbysieger aus Neuendeich, kündigte seine persönliche Mitgliedschaft und zieht seine Zuchtstuten zurück. „Es tut mir in der Seele weh, aber ich habe in der aktuellen Situation keine Alternative gesehen“, sagte von Rönne dem Abendblatt.

Ihm folgten mehrere weitere hochkarätige Verbandsmitglieder, darunter ein Hamburger Milliardär. Insgesamt könnten bis zu 350 Stuten plus deren Nachwuchs zumindest vorläufig nicht mehr für die offizielle Holsteiner Zucht zur Verfügung stehen, schätzt ein Züchter aus dem Kreis Pinneberg. Er sagt dem Abendblatt: „Wir sind richtig sauer, es läuft nicht seriös. Wir erkennen unseren Verband nicht wieder.“

Im Ergebnis traten Dietz und Friemel doch von ihren Vorstandsposten zurück; der Druck aus dem Verband war offensichtlich zu groß geworden.

Und was sagen die beiden Männer, die nun im Kreuzfeuer der Kritik stehen, zu den Vorwürfen? „Es ist bis heute kein Geld geflossen, und es wird auch nichts an Provisionsgeldern fließen“, so Christian Dietz auf Abendblatt-Anfrage. Und: „Wenn eine Provision geflossen wäre, hätte ich diese an unsere Jungzüchter gespendet.“ Und Günther Friemel sagt auch gegenüber dem Abendblatt: „Die Fünf-Prozent-Forderung wurde vom Ersten Vorsitzenden Thies Beuck und vom Zweiten Vorsitzenden Timm Peters genehmigt. Ich selbst habe keine Provision gefordert, das ist ein Missverständnis.“ Zu seiner Rolle als Auktionator sagt er, zwischen den Pferdeaustellern und den Interessenten „sitze ich immer zwischen den Stühlen“. Bei der Auktion im November habe es tatsächlich Diskussionen über die Nummer 25 gegeben: „Es ist ein Cascadello-Sohn. Wann soll ich denn wem den Zuschlag geben?“ Es sei alles korrekt gelaufen, ein schlechtes Gewissen habe er nicht.

Christian Dietz sieht sich nun als Opfer. Er sagt: „Wegen der Sache läuft eine Hetzkampagne in den sozialen Medien gegen mich. Ich empfinde das als Mobbing. Es betrifft auch meine Familie.“

Der Erste Vorsitzende Thies Beuck will demnächst eine offizielle Erklärung herausgeben.