Schenefeld. Kommunalpolitiker stellen sich der VHH in den Weg. Nun sieht das Unternehmen die Umstellung auf Elektrobusse gefährdet.
Die Fronten zwischen der Stadt Schenefeld und den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH) bleiben verhärtet. Einstimmig haben sich die Kommunalpolitiker am Donnerstagabend einem 55-Millionen-Euro-Projekt der VHH in den Weg gestellt – trotz der massiven Proteste von 30 Mitarbeitern des Busunternehmens, das einer der größten Arbeitgeber der Stadt ist. Laut VHH-Chef Toralf Müller bringt diese Verweigerungshaltung Schenefelds die gesamte Elektromobilitätsstrategie des Hamburger Senats in Gefahr.
Der hat den VHH, die zu 94,2 Prozent der Hansestadt gehören, die Umstellung der Flotte auf Elektrobusse bis 2030 verordnet. Bereits ab dem Jahr 2020 dürfen keine Diesel-Busse mehr angeschafft werden. Um die notwendige Infrastruktur zu schaffen, soll der Betriebshof mit aktuell 600 Mitarbeitern am Schenefelder Osterbrooksweg umgebaut und erweitert werden. Dafür erwarben die VHH im August dieses Jahres das Grundstück der durch ein Großfeuer zerstörten Sportwelt Schenefeld, das zwischen Blankeneser Chaussee und Holzkoppel liegt.
Zuvor hatte das Unternehmen die Verhandlungen mit der Stadt über eine Fläche am Osterbrooksweg – den ehemaligen Parkplatz der Spar-Zentrale – abgebrochen. „Wir haben ein Bodengutachten erstellen lassen. Auf der ehemaligen Deponie unter der Fläche liegen Industrieabfälle der höchsten Schadstoffklasse“, so Müller. Zur Gründung müssten alle zehn Meter Pfähle in den Boden gerammt werden – 30 Meter tief durch die Deponie bis ins Grundwasser. Dieses Verfahren führe zu Mehrkosten von 25 Millionen Euro – und wohl auch zur Verseuchung des Grundwassers.
„Das ist in dieser Form für uns nicht tragbar“, so Müller. Durch die Umstellung auf Elektrobusse sinke die Lärmbelastung in Schenefeld, es würden etwa 6,3 Millionen Liter Diesel und mehr als 16,5 Millionen Kilogramm CO2 pro Jahr eingespart. Müller: „Das entspricht dem Co2-Ausstoß von ganz Schenefeld.“
Die Stadt könne den VHH jedoch „nicht zur Auflage machen, eine Deponie zu sanieren“. Die Gespräche mit der Familie Timmermann über das Sportwelt-Areal seien erst nach der Absage an die Stadt aufgenommen worden. Müller: „Wir haben stets fair und offen gespielt.“ Er sehe den eigentlichen Grund für die Haltung der Stadt darin, „dass wir keine Gewerbesteuer zahlen“. Der am 6. November gestellte Bauantrag entspreche dem gültigen Bebauungsplan. Müller: „Ändern Sie nicht im Nachhinein die Regeln, nur weil Sie es können.“
Stadt möchte Technologiepark statt „Abstellplatz für Busse“
Doch genau das hat der Stadtentwicklungsausschuss jetzt getan. Laut Votum werden zwei B-Pläne, die für das VHH-Areal sowie Gewerbeflächen gelten, mit dem Ziel geändert, einen Technologiepark anzusiedeln. „Für uns war immer klar, dass angrenzend an den Röntgenlaser XFEL ein solches Zentrum entstehen soll“, so Mathias Schmitz (Grüne), der Vorsitzende des Planungsausschusses. Die VHH habe den schweren Fehler begangen, die Stadt nicht nach ihren Plänen zu fragen, bevor sie das Sportwelt-Areal erwarben. Schmitz: „Eine Ansiedlung im Kontext zu XFEL ist uns unheimlich viel wichtiger als ein Abstellplatz für Busse.“
Die Stadt könne den VHH für ihr Projekt nur ein Grundstück anbieten – nämlich den von ihr einst erworbenen Ex-Spar-Parkplatz. „Wenn Sie dorthin wollen, haben Sie die einhundertprozentige Unterstützung der Stadt“, so Schmitz weiter. Bürgermeisterin Christiane Küchenhof sprang ihm bei. „Sie können auf dieser Fläche sofort eine Bauvoranfrage stellen.“ Die Stadt habe selbst nicht gewusst, was genau an belasteten Stoffen unter dem Grundstück liege. „Aber es war immer klar, dass es auf eine Pfahlgründung hinausläuft“, so Küchenhof weiter. Es sei möglich, den belasteten Boden aufzunehmen und für den Bau eines Lärmschutzwalls zu verwenden. Küchenhof: „Wir als Stadt können die Fläche auch nicht sanieren.“ Sie sehe das eher als Aufgabe der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein. Dieser Meinung ist auch Ausschusschef Schmitz. „Mir kann niemand erzählen, dass 25 Millionen Euro für die beiden Länder ein Problem darstellen.“
Ein Problem hat jetzt das Busunternehmen. Es gilt als sicher, dass die Ratsversammlung am Donnerstag, 13. Dezember, der Empfehlung des Stadtentwicklungsausschusses folgen und zusätzlich noch den Erlass einer Veränderungssperre beschließen wird. Unter diesen Voraussetzungen kann die Stadt den Bauantrag der VHH ablehnen und das Projekt auf der Sportwelt-Fläche stoppen. Möglicherweise wird das Busunternehmen, das mit dem Ausbau des Betriebshof 200 zusätzliche Arbeitsplätze in Schenefeld schaffen wollte, jetzt die Stadt verlassen.
VHH-Chef Müller, der sich erst nach einem hitzigen Wortgefecht mit Ausschusschef Schmitz ein Rederecht erstritt, verließ nach der Entscheidung stinksauer das Rathaus – ebenso wie die anwesenden Mitarbeiter. Auch Betriebsratschef Cemil Oezcan zeigte sich empört. „Die Belegschaft ist hochgerade wütend und frustriert. Am liebsten würde sie den Busverkehr von und nach Schenefeld einstellen.“ So weit wird es natürlich nicht kommen.
300 Unterschriften hatten die Mitarbeiter vor der Sitzung gesammelt – unter Federführung der Gewerkschaft Ver.di. „Betriebsrat, Beschäftigte, Gewerksschaft und Geschäftsführung stehen Seite an Seite“, so Gewerkschaftssekretär Andreas Riedl.