Pinneberg. Hausnummern-Adventskalender: Das Abendblatt schaut jeden Tag hinter eine andere Tür. Heute: Flensburger Straße 3 in Pinneberg.
Es ist 8 Uhr an einem Sonnabend, die Türen des Haupteingangs zum Famila Markt an der Flensburger Straße 3 in Pinneberg öffnen sich. Die ersten Kunden sind unterwegs. Manch einer wirkt noch etwas verschlafen, manch anderer rollt schnell und zielgerichtet mit seinem Einkaufswagen und – zettel in das Geschäft hinein.
Die beste Sicht auf das Geschehen haben Martina Mohrdieck (53) und Susanne Steuck (52), die für die Bäckerei Kolls arbeiten und hinter ihrem Verkaufstresen im Eingangsbereich stehen. Bäckereifachverkäuferin Mohrdieck sagt: „Für viele Kunden sind wir die ersten Menschen am Tag, die sie sehen. Da ist es wichtig, besonders freundlich zu sein.“
Die 53-Jährige erklärt weiter, dass es erst kürzlich eine interne Firmenschulung gegeben hat. Ab sofort setze man noch mehr auf Kundenkontakt und Service. Das bedeutet: Kunden heißen ab sofort Gäste, anstatt eines einfachen „Moin“ gibt es jetzt eine Drei-Wort-Begrüßung wie „Schönen guten Morgen“ und, wenn jemand etwas probieren möchte, ist eine Verköstigung kein Problem mehr. Maßnahmen, die den Verkauf vorantreiben sollen – besonders jetzt zu Weihnachten, eine der umsatzstärksten Zeiten.
Seit 5 Uhr ist Mohrdieck schon im Laden, hat mittlerweile Brötchen gebacken und Brote sowie Kuchen für die Auslage hübsch angerichtet. Ihre Kollegin Steuck durfte ein wenig später anfangen. Sie kümmert sich um die Snacks, also zum Beispiel belegte Brötchen mit Wurst und Käse. Erster Gast des Tages ist Meinerd Hirsch (77), der mit einem Lächeln im Gesicht mit seinen Augen über das große Warenangebot fliegt. Von links nach rechts. Dann sagt er zu Mohrdieck: „Guten Morgen, meine Liebe, alles gut bei dir?“ Hirsch ist einer von vielen Stammkunden, wie sich später herausstellt. „Ja, na klar. Uns geht es hier gut“, kommt es als Antwort.
Dann fragt der Pinneberger nach der Adventstorte, denn die möchte er unbedingt zu Weihnachten auf seinem Tisch stehen haben. Die besteht aus einer weihnachtlichen Gewürzmasse und einer kalt gerührten Marillen-Konfitüre im Kern. Überzogen ist sie mit dunkler Kuvertüre, oben drauf sind mehrere gelbfarbene Sterne aus Marzipan. „Die Torte haben wir seit Ende November im Verkauf“, sagt die Bäckereifachverkäuferin, die seit zwei Jahren für Kolls arbeitet und mittlerweile Regionalleiterin ist und fünf Filialen betreut. „Gut in Ordnung, dann weiß ich Bescheid“, sagt Hirsch, der sich dann doch für ein Brot entscheidet. Für ihn sei es noch etwas zu früh fürs Weihnachtsgebäck, aber die traditionelle Adventstorte werde er sich auf jeden Fall noch gönnen.
Viele der angebotenen Waren werden nicht in der Filiale in der Flensburger Straße hergestellt. Hauptsitz samt Produktion der Firma Kolls ist in Bönningstedt. Dort werden die Brote im Holzofen gebacken und Brötchen-Teiglinge produziert, die dann in den jeweiligen Filialen nur noch für wenige Minuten in den Ofen geschoben werden müssen. Und genau das macht Mohrdieck nun auch, denn gegen 8.30 Uhr sind die ersten Quickborner ausverkauft. Das sind Weizenbrötchen mit einer angenehmen Kruste.
Mohrdieck geht hinten zur Kühlung und holt ein Blech mit Brötchen-Teiglingen heraus. Diese kommen nun erst einmal in die Gare, sagt sie. Die Gare beschreibt die Zeit zwischen der Kühllagerung und dem Backen. In dieser Phase ruht und geht der Teig auf. Anschließend müssen sie in den Ofen, der verschiedene Backprogramme hat. Je nach Produkt einfach das gewünschte Backprogramm am Ofen einstellen. „Vergangene Woche wurde uns extra ein Weihnachtskeks-Programm installiert“, sagt Mohrdieck.
So richtige Weihnachtsstimmung will an diesem Wochenende bei den Kunden noch nicht aufkommen. Auch, wenn Lebkuchenecken, Mini-Stollen, Adventsschnitten und Rumkugeln schon ausliegen und es wunderbar nach Zimt und Schokolade duftet. Es sind die frisch gebackenen Brötchen, die die meisten Kunden an einem Sonnabendmorgen anlocken. „Oft geht es erst so richtig zwei Wochen vor Weihnachten los, dann wollen alle Weihnachtsgebäck haben“, sagt Mohrdieck, die selbst besonders gern die Adventsschnitte nascht. Die schmeckt wie ein großer Domino-Stein. Plötzlich piept es aus dem hinteren Bereich des Ladens. Die nächsten Brötchen sind fertig -- schnell hin. Von den frischen Brötchen profitiert ein zwölfjähriger Junge, der einen ganzen Schwung für seine Familie mitbringt. Verkäuferin Susanne Steuck packt zehn davon ein und gibt noch einen Tipp: „Die Tüte bitte noch etwas auflassen, denn die Brötchen sind noch heiß und werden sonst weich und pappig.“
Stammgästen machen den Verkäuferinnen Geschenke
Gegen 9.30 Uhr kommt eine ganze Riege an Stammgästen vorbei. Es wird über den vergangenen Urlaub, über neue Kekssorten und was sonst noch so in den vergangenen Tagen passiert ist, gesprochen. Dann sagt Volker Wegner zu Susanne Mohrdieck: „Oh, wir müssen uns noch unbedingt etwas für euch zu Weihnachten ausdenken.“ Zu Ostern hat es für die Mitarbeiterinnen der Bäckerei Kolls von den Stammgästen einen Haarreifen mit Hasenohren gegeben. Die Arbeit mit den Stammgästen gefällt Mohrdieck sehr gut. „Man weiß immer sofort, was sie sich zu Essen und zu Trinken wünschen“, sagt sie und bedient Volker und Manuela Wegner, Jürgen und Andrea Gutzeit sowie Detlef Dunst, die sich sonnabends zum Klönschnack bei der Bäckerei treffen und es sich im Café-Bereich gemütlich machen.
Als es für wenige Minuten ruhiger im Verkauf wird, ist es an der Zeit, Weihnachtskekse zu backen. In der Kühlung liegen Keks-Teiglinge in einem Korb bereit, die nur noch auf Bleche gelegt und dann im Ofen gebacken werden müssen. „In diesem Jahr bieten wir Gewürz-Schoko- und Orange-Schoko-Kekse an“, sagt Mohrdieck. Die müssen nun für acht Minuten bei 190 Grad im Ofen backen.