Kreis Pinneberg. Ab 2004 initiierte ein Historiker die ersten Bürgersolaranlagen im Kreis Pinneberg. Sie steuern heute auf die Gewinnzone zu.
Je mehr Lampen im Schaukasten leuchten, desto mehr Strom produziert die Solaranlage auf dem Dach. Eine Formel, die auch die Kinder der DRK-Kita an der Elmshorner Turnstraße verstehen. Seit zehn Jahren produziert die Anlage mit einer Leistung von 33 Kilowatt-Peak Energie. Angeschafft wurde sie von 42 Gesellschaftern, die Anteile an einem Bürgersolar-Unternehmen erwarben.
Es betreibt vier „Sonnenkraftwerke“ mit einer Gesamtleistung von 188 Kilowatt-Peak – zwei in Elmshorn und je eines in Schenefeld und in Holm. Die Initiative ging von Olaf Vollstedt aus. Der 59-Jährige aus Altenholz bei Kiel ist eigentlich promovierter Historiker, wurde dann jedoch Überzeugungstäter in Sachen Photovoltaik. Er erkannte damals, dass mit der Kraft der Sonne durchaus Geld zu verdienen ist – und warb in vielen Kommunen des Landes um die Gründung von Bürgersolar-Unternehmen. Acht Betreibergesellschaften wurden auf sein Bestreben zwischen 2004 und 2009 ins Leben gerufen. Drei davon sind mit Anlagen im Kreis Pinneberg vertreten – und zwar in Elmshorn, Tornesch, Schenefeld, Halstenbek und Holm.
2018 wurde die Prognose um 28 Prozent übertroffen
Ein Unternehmen ist die Bürgersolar Gemeinde Holm, Städte Elmshorn und Schenefeld GbR, wie der korrekte Titel der Gesellschaft lautet. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Die vier Anlagen produzierten bisher 1,65 Millionen Kilowattstunden Strom, der in das öffentliche Verteilnetz eingespeist wurde. 1450 Tonnen Kohlendioxid wurden dadurch eingespart, die vor Inbetriebnahme prognostizierte Energiemenge wurde in dem Jahrzehnt um zehn Prozent übertroffen. „Dank des Supersommers liegen wir in diesem Jahr sogar 28 Prozent über dem Soll“, erläutert Vollstedt.
Die Gesellschafter investierten zusammen 726.000 Euro. Sie konnten Anteile zwischen 1000 und 12.500 Euro zeichnen. „Unser Ziel war es, dass sich ökologisch interessierte Bürger auch mit ganz kleinen Geldbeträgen an dem Projekt beteiligen können“, erinnert sich Vollstedt. Mehr als 90 Prozent der Einlagen seien von normalen Bürgern, der Rest von Vereinen oder Institutionen gekommen. „Da waren welche darunter, die man vielleicht als typische Ökos bezeichnen würde. Aber auch Selbstständige, politisch engagierte Menschen und Personen, die eine Geldanlage gesucht oder etwas für die Absicherung im Alter tun wollten, haben in die Bürgersolar investiert.“
Die Anlage hat sich rückblickend auch gelohnt
Eine Anlage, die sich laut Vollstedt, der als geschäftsführender Gesellschafter fungiert, rückblickend auch gelohnt hat. „Das Projekt steuert in Richtung der Gewinnzone. Wir schütten inzwischen deutlich mehr aus, als die Anteilseigner Steuern zahlen müssen“, sagt der 59-Jährige. Sein Fazit: „Eine Photovoltaikanlage darf auch Geld einbringen.“ Heute ist er so sehr mit Betrieb, Wartung und der Geschäftsführung der Bürgersolaranlagen befasst, dass er diese Aufgabe jetzt hauptberuflich macht. Es gilt, ein Gesamtinvestment von 1,45 Millionen Euro zu verwalten und die 250 bis 300 Anteilseigner über die Entwicklung ihrer Sonnendächer ständig auf dem Laufenden zu halten – nicht nur während der jährlichen Gesellschafterversammlung. „Die sind immer gut besucht, in der Regel kommen ein bis zwei Drittel der Anteilseigner.“
Die Dachnutzungsverträge für alle Anlagen laufen nach 20 Jahren aus. Dann werden auch die Betreibergesellschaften liquidiert. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Laut dem 59-Jährigen lasse die Technik in der Regel einen Weiterbetrieb zu. „Noch ist bis dahin ein bisschen Zeit. Landesweit wird bereits an Lösungen gearbeitet.“
Investitionskosten sinken, für Strom gibt’s weniger Geld
Für Vollstedt ist die Solarenergie die Energiequelle der Zukunft, weil sie das größte Energiepotenzial hat. „Die Anlagen meiner acht Betreibergesellschaften zeigen, dass die Technik ausgereift ist.“ Der 59-Jährige hat nur wenige Ausfälle seiner Anlagen zu beklagen. Und wenn ihm eine Betriebsstörung gemeldet wird, dann stellt er fest, dass meist nicht die Technik ursächlich dafür gewesen ist. „Unser größtes Problem sind Marderverbisse und leider auch Vandalismus.“
Seit 2006 seien die Investitionskosten für Photovoltaik-Anlagen um 75 Prozent gesunken. Eine laut Vollstedt erfreuliche Entwicklung. Sie hat allerdings auch eine Schattenseite. Weil die Zahl der Anlagen sehr stark gestiegen ist, ist auch die Einspeisevergütung für Solarstrom für kleine und mittlere Anlagen stark zurückgegangen. In der Folge wurde das Modell Bürgersolar-Gesellschaft zum Auslaufmodell. „Die Gesetzeslage hat sich geändert, angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen rechnet sich das nicht mehr“, sagt der 59-Jährige. Was sich noch lohne, seien große Anlagen im Megawattbereich. Auch in diesen Bereich ist Vollstedt bereits eingestiegen, hält Beteiligungen an drei größeren Anlagen.
Weitere Infos: Preisgarantie
Dem Betreiber einer Photovoltaikanlage wird über einen Zeitraum von 20 Jahren eine feste Vergütung für den eingespeisten Strom garantiert. Deren Höhe hängt davon ab, wann die Anlage in Betrieb genommen wird. Grundsätzlich gilt: Je später, desto weniger Geld gibt es. Die Vergütung hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren um mehr als 70 Prozent verringert. Allerdings haben sich auch die durchschnittlichen Investitionskosten verringert.