Wedel. Die Hamburgerin Helena Rennkamp stellt ihre Bilder in der Wedeler Kirche aus. Es geht thematisch auch um Nächstenliebe.
Den Turm einer Kirche zu erklimmen, kann für Gläubige bedeuten, näher zu Gott zu gelangen. Die Hamburger Malerin Helena Rennkamp offenbart in ihrer geradezu luftig-vergeistigten Ausstellung einen ausgeprägten Sinn für das Geistige in der Kunst und für die Bedeutung des Weges zu ihr. Sie hat den Titel „Délivrance – Befreiung, Erlösung, Errettung“ gewählt. Damit dringt sie zum einen zum Kern christlicher Heilsbotschaften vor, andererseits setzt sie einen deutlichen zeitgenössischen Akzent, indem sie die über die Meere fliehenden Menschen und ihren Tod mit zum Thema macht. Kuratorin der Ausstellung ist Carmen Oberst.
Die Einzel-Installation im Altarraum der lichten Kirche bezieht sich direkt auf das brandaktuelle Thema, das Helena Rennkamp mit dem Grundwert der christlichen Nächstenliebe verbindet. Die losen, um ein Metallgerüst gewickelten Stoff-Fetzen als Assoziation zu den Kleidern Geflüchteter sind beabsichtigt und unmissverständlich als Mahnmal gemeint, da sich Helena Rennkamp direkt darauf bezieht.
Die vielen hölzernen Stiegen hinauf in den wuchtigen, quadratischen Turm führen an den beiden Glocken vorbei. Hier hängt das erste große Bild über dem Kopf des Besuchers. Auf nachtdunklem Grund scheinen rote Pusteblumen-Samen über die Leinwand zu wehen, es könnten aber auch Schriftzeichen sein, die in einer schwarmartigen Struktur angeordnet sind. Darunter werden blaue Kreuze sichtbar. Helena Rennkamp hütet sich davor, wasserdichte Erklärungen für ihre Bilder zu liefern. Nur dass sich bei ihrem ersten Besuch der Turmspitze das Thema „Erlösung“ verdichtet habe, verrät sie.
Der oberste Raum unter der hölzernen Dachkonstruktion ist ringsum mit großen Fenstern verglast. Von der Rückseite ist die schlichte große Turmuhr zu sehen, die jede Viertelstunde schlägt. Die Höhe tut ihr Übriges, um das Schwebend-Leichte, das die Malerin ihren Bildern verliehen hat, zu verstärken. Eines zeigt einen Schwarm Libellen oder Schleifen, auf einem anderen sind auf sandfarbenem Grund große, weiße Kokons zu sehen, die aneinander haften – Zeichnung verbindet Rennkamp auch hier mit Malerei.
Unter diesem Gemälde hat sie eine ganze Menge gebrannter rötlicher Handschalen gruppiert – aus seit Jahrtausenden weltweit verarbeitetem Material, in einer universellen Form. Die Künstlerin sucht immer wieder das Verbindende, die Struktur, die ein Bild formt, das etwas über das menschliche Leben erzählt. Wunderschön poetisch ist die Ausstellung, und sie lässt genügend Raum für eigene Gedanken. (eng)
„Délivrance: Helena Rennkamp. Malerei und Installation“: Ausstellung bis 19.8. Immanuelkirche, Küsterstr. 4, Wedel. Geöffnet täglich 13.30–17.30 Uhr