Bokel. Marvin Hütter aus Barmstedt hat schon während seiner Ausbildung lernen müssen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen.
Der beste frisch ausgelernte Auszubildende des Koch-Handwerks im Süden des Landes arbeitet in der Bokeler Mühle, wo er bei Küchenchef Oliver Sched drei Jahre lang gelernt hat. Mit einer Gesamtnote von 1,8 absolvierte Marvin Hütter (23) aus Barmstedt als Jahrgangsbester von 20 Jung-Köchen in den Kreisen Pinneberg, Steinburg und Segeberg jetzt seine Abschlussprüfung.
Dabei musste Hütter schon während der Ausbildung die Verpflichtungen von Beruf und Familie unter einen Hut bringen. Anders als viele andere Auszubildende, die noch zu Hause bei ihren Eltern leben, wohnt er allein mit seinem jetzt dreijährigen Sohn. Die Mutter des Kindes, von der er sich Anfang der Lehre getrennt hatte, gab das Kind zunächst in eine Pflegefamilie, aus der Hütter es inzwischen zurückgeholt hat. Seine Großeltern und auch die Pflegefamilie, die den Jungen ins Herz geschlossen haben, halfen und helfen ihm bei der Betreuung des Kleinkindes. Auch die familiäre Atmosphäre bei seinem Arbeitgeber habe mit dazu beigetragen, dass für ihn genügend Zeit für beides blieb: für Beruf und Familie. Morgens kocht er für seinen Sohn und seine Eltern, bevor er dann zur Arbeit nach Bokel fährt.
Küchenchef Sched sagt über seinen Schützling: „Das wird einmal ein ganz Großer. Ich kann mich in allen Belangen auf ihn verlassen.“ Gerade wegen seiner Doppelbelastung sei Hütters gutes Abschneiden so bemerkenswert, lobt Sched, der als Augsburger in Hamburg Koch gelernt hat.
Dabei war für Marvin Hütter eigentlich der Beruf des Bäckers vorbestimmt. Bereits in sechster Generation betreibt sein Vater sechs Bäckereigeschäfte in Barmstedt, Elmshorn, Bilsen und Klein Nordende. Aber für den Sohn war das nichts. Das frühe Aufstehen mitten in der Nacht, die Hitze in der Backstube, der gestörte Schlafrhythmus vergraulten ihm den Beruf seiner Vorfahren.
Über die Arbeit als Küchenhilfe landete er schließlich beim Kochhandwerk, das er schnell zu seiner Passion entwickelte. „Man braucht als Koch-Lehrling viel Geduld, Organisationstalent und Durchhaltevermögen“, sagt Marvin Hütter rückblickend. Und fügt hinzu: „Auch das ist schon ein stressiger Beruf.“ Und auch in der Küche sind die Arbeitszeiten nicht zu unterschätzen. So musste er schon in der Lehre oft bis spät abends und an den Wochenende arbeiten.
Im ersten Lehrjahr lernte er zunächst, wie man Salate, frisches Gemüse und Obst zubereitet. Fleisch war da noch gar nicht dran. Dafür musste er bereits Verantwortung für seinen „Posten“ tragen, also dafür sorgen, dass immer genug von diesem oder jenem Gemüse in der Küche vorrätig war. Im zweiten Jahr wurde er zum Beilagen-Koch – auch Entre-Metier genannt – ausgebildet. Dazu gehöre, die verschiedenen Koch- und Bratvarianten von Kartoffeln und verschiedener Gemüse zu beherrschen. „Das ist mit die schwierigste Aufgabe, weil ja immer ein Gemüse und Kartoffeln oder Nudeln zu jedem Gericht gehören.“
So kocht der Jahrgangsbeste „Forelle blau“
Im letzten Lehrjahr lernte Marvin Hütter dann alle Feinheiten der Soßenzubereitung und des Fleischbratens in der gastronomischen Küche. „Das ist der anspruchsvollste Job, da die Soßen das A und O eines jeden Gerichts sind und immer gleich schmecken müssen.“ Da könne sich der Auszubildende auch nicht etwa frei entfalten, erklärt Hütter. „Der Küchenchef gibt hier seine Vision vor, die wir einzuhalten haben.“
All das konnte er dann nahezu perfekt bei der Abschlussprüfung im Elmshorner Berufsbildungszentrum anwenden. Der Note „Eins“ in Fachkunde, einer „Zwei plus“ in Material und Planung und einer „Drei“ in Arbeitsrecht folgte dann die „Eins minus“ in seinem Gesellen-Menü. Das bestand aus einem Geflügel-Cocktail in Madeira-Wein-Soße, gedünsteten Romanesco-Röschen, einer Mischung aus Brokkoli und Blumenkohl, frittierten Dauphin- oder Prinzenkartoffeln und einer bayerischen Creme aus Johannisbeeren, Erdbeeren und Vanille-Hippen. Weil er die Arbeitsabfolge so gut plante, konnte er sich die letzte Stunde seiner vierstündigen Kochprüfung der Garnierung der Speisen und Teller widmen. „Geschmacklich war alles eine Eins.“ Den Punktabzug, meint er, gab es wohl für Mängel bei der Sauberkeit.
Irgendwann will sich Marvin Hütter selbstständig und ein eigenes Restaurant aufmachen, schildert er seinen Berufstraum. Das solle kein teurer Gourmet-Tempel werden, sondern er wolle seine Gäste mit einfachen, hausgemachten, leckeren Speisen und nettem Service überzeugen. „Ich möchte die Masse ansprechen, ich möchte, dass die Leute sagen: Ich bin satt, es war gut, in dieses Restaurant komme ich gern wieder.“ Er selbst aber gehe in kein Restaurant mehr, gesteht Marvin Hütter. Da achte er zu kritisch auf alles, was ihm den Genuss verderben könnte.