Schenefeld. Schleswig-Holsteinisches Kabinett tagt bei European XFEL in Schenefeld . Land will Standort für Spitzenforschung weiter stärken.

Schleswig-Holstein wird sich in Zukunft als Standort für Spitzenforschung noch stärker profilieren. Das sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Anschluss an die auswärtige Kabinettssitzung im Forschungszentrum European XFEL am Dienstag in Schenefeld. „Für die erste Kabinettssitzung außerhalb von Kiel haben wir uns sehr bewusst für das Röntgenlaser-Forschungszentrum entschieden. Hier ist in internationaler Kooperation eines der bedeutendsten Infrastrukturvorhaben für die Forschung in Europa entstanden“, sagte Günther.

Das XFEL-Gebäude
Das XFEL-Gebäude © picture alliance / Ulrich Perrey | Ulrich Perrey

Nach einem Gespräch mit XFEL-Geschäftsführer Professor Robert Feidenhans’l sowie den wissenschaftlichen Direktoren besichtigte das Kabinett die Experimentierhallen. Ausgerüstet mit Helmen ging es für einen Rundgang mit dem Fahrstuhl 15 Meter in die Tiefe. Dort befinden sich sechs neue Experimentierhallen im Aufbau. Zwei sind bereits in Betrieb genommen, die anderen vier sollen nach und nach bis Anfang 2019 folgen. Günther und Wissenschaftsministerin Karin Prien (CDU) ließen sich unter anderem vom leitenden Wissenschaftler, dem Australier Adrian Mancuso, in einer Halle die Geräte der Strukturbiologie-Forschung erklären. In der Halle nebenan ging es um Experimente mit ultraschnellen Röntgenstrahlen.

„Die ganze Anlage setzt völlig neue Maßstäbe. Mit dem weltweit leistungsstärksten Röntgenlaser erschließt sich für den Forschungsstandort Schleswig-Holstein ein enormes Potenzial“, betonte Prien, der insbesondere die internationale Atmosphäre vor Ort gefiel. „Der Start der Anlage am 1. September vergangenen Jahres schuf ganz neue Perspektiven für Wissenschaftler und ihre Teams im Land - zum Beispiel in Zukunftsfeldern wie der Medizin, der Nanotechnik oder der Materialforschung, wo unsere Universitäten und Institute heute bereits stark sind.“ Das Land arbeite an einer Gesamtstrategie, um das Profil des Wissenschaftsstandortes weiter zu schärfen.

Erste Einrichtung über die Landesgrenze hinweg

Damit möglichst viele auch junge Wissenschaftler aus Schleswig-Holstein den European XFEL erfolgreich nutzen können, bräuchten sie das entsprechende Know-how und auch Partnerschaften mit dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY, um die hohe Kompetenz in der Forschung mit Röntgenstrahlungsquellen zu nutzen. „European XFEL bietet auch die Chance, die Kooperation von Schleswig-Holstein und Hamburg in der Wissenschaftspolitik auf ein neues Niveau zu heben. Denn es ist die erste Einrichtung, die über die Landesgrenze hinweg errichtet wurde“, so Prien, die auch schon bei der offiziellen Eröffnung im September dabei war.

Die Gruppe besichtigte auch einen Tunnel. „European XFEL ist die weltweit leistungsfähigste Röntgenlaseranlage und wirkt auch ins Land hinein“, so Günther. Anknüpfungsmöglichkeiten gebe es vor allem zur Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, zur Universität zu Lübeck, zum Helmholtz-Zentrum Geesthacht sowie zum Forschungszentrum Borstel.

27.000 Blitze pro Sekunde

Der 3,4 Kilometer lange European XFEL ist der größte und leistungsfähigste von fünf Röntgenlasern weltweit, die kurzwelliges, hartes Röntgenlicht erzeugen können.

Bis zu 27.000 Lichtblitze statt wie bisher bei anderen Anlagen maximal 120 pro Sekunde und eine extrem hohe Spitzenleucht-stärke werden es Wissenschaftlern ermöglichen, auch sehr kleine Probenmengen zu untersuchen und die Experimente schneller durchzuführen.

Der gleichzeitige Betrieb an mehreren Experimentierstationen wird den European XFEL in den nächsten Jahren zur Anlage mit der weltweit größten Kapazität für die stark nachgefragte Strahlzeit (oder Forschungszeit) an Röntgenlasern machen. European XFEL beschäftigt mehr als 300 Mitarbeiter.

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Die 3,4 Kilometer lange European XFEL-Tunnelanlage beginnt auf dem DESY-Campus in Hamburg-Bahrenfeld und endet unter dem Forschungsgebäude in Schenefeld. Damit Röntgenlichtblitze in Schenefeld ankommen, müssen ausgehend vom DESY-Campus zunächst Elektronen stark beschleunigt werden, bevor die Elektronen dann auf einem magnetischen Slalomkurs Röntgenstrahlen aussenden.

Feidenhans’l freute sich, dass er Gastgeber für die erste auswärtige Kabinettssitzung der Landesregierung sein konnte. „Im vergangenen Jahr haben sich 340 Wissenschaftler aus aller Welt erfolgreich um Forschungszeit an unserer Anlage beworben, darunter auch einige aus Schleswig-Holstein“, sagte er. „Die guten Kontakte zu den Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Land möchten wir gern weiter stärken, und auch Kooperationen mit Schulen sind geplant. Dazu würden wir auch die entsprechende Infrastruktur auf dem Campus gern gemeinsam mit der Landesregierung weiter entwickeln und ausbauen.“ Die USA wären bereits auf European XFEL aufmerksam geworden und würden ein ähnliches Forschungszentrum bauen.

Für Bau und Betrieb des European XFEL haben zwölf Partnerländer eine eigenständige Forschungsorganisation gegründet. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf 1,22 Milliarden Euro. Als Sitzland trägt Deutschland (Bund, Hamburg und Schleswig-Holstein) 58 Prozent der Kosten, Russland 26 Prozent und die anderen Partner zwischen einem und drei Prozent.