Appen. Landgericht Itzehoe verkündet Freitag Urteil im Streit zwischen Vorstand und Vereinsmitglied. Fußballer initiierten die Trennung.
Wie mit Vereinsmitgliedern umgehen, die Parteien am rechten Rand angehören oder sich für sie engagieren? Großen Beifall, aber auch Gegenwind bekam jüngst der Präsident von Eintracht Frankfurt, Peter Fischer, als er seine Position bekräftigte, keine Mitglieder der AfD aufnehmen zu wollen.
Unerwünschte Sportskameraden gibt es allerdings nicht nur in Großvereinen, sondern auch in Dorfclubs. In Appen etwa liefert sich der Turn- und Sportverein seit 2015 ein juristisches Scharmützel mit einem Mitglied, das sich für die NPD an vorderster Front engagiert: Lennart Schwarzbach, Hamburger Vorsitzender der NPD und im Bundesausschuss seiner Partei, hat gegen seinen Ausschluss aus dem TuS geklagt. Ein Ende dieses Streits könnte am morgigen Freitag fallen, wenn das Landgericht Itzehoe sein Urteil verkünden wird.
Alles begann 2014, als Schwarzbach der Appener Fußball-Abteilung beitrat. Von seinem Engagement für die NPD war damals nichts bekannt. Als Mannschaftskameraden davon erfuhren, recherchierten sie Äußerungen des Politikers in sozialen Netzwerken und auf NPD-Websites. Der Mannschaftsrat beschloss, nicht mehr mit dem Rechtsaußen spielen zu wollen und wandte sich an den Vorstand.
Daraufhin betrieb der Vorstand den Ausschluss des NPD-Funktionärs. Gegen den im Herbst 2015 erfolgten Beschluss legte Schwarzbach beim TuS-Ehrenrat Widerspruch ein – und bekam Recht. Die Vereinssatzung gebe einen Ausschluss wegen der politischen Äußerungen Schwarzbachs nicht her. Um dies zu ändern, berief der Vorstand eine Mitgliederversammlung ein. Die Satzung wurde geändert, ins Vereinsregister eingetragen, und nachdem der Vorstand einen neuerlichen Ausschluss beschlossen hatte, wurde der NPD-Mann im Frühjahr 2016 vor die Tür gesetzt.
Mögliche formale Fehler des Vereinsvorstandes
Doch Schwarzbach ging juristisch dagegen vor. Das Amtsgericht Pinneberg befand den Ausschluss allerdings für rechtens, Schwarzbach legte Berufung ein. Die wurde im Januar vor dem Landgericht Itzehoe verhandelt – allerdings ohne finalen Spruch. Morgen nun also der möglicherweise letzte Akt mit der Urteilsverkündung.
Schwarzbachs Anwalt Peter Richter findet das Vorgehen des TuS „skandalös“. Der Jurist, der die NPD auch im Verbotsverfahren vor dem Karlsruher Bundesverfassungsgericht vertreten hat, sieht ein „fragwürdiges Demokratieverständnis“, wenn ein Sportler aufgrund seiner Parteizugehörigkeit ausgeschlossen wird. Grundsätzlich kann er kein vereinsschädigendes Verhalten seines Mandanten erkennen. Außerdem hat er einige formaljuristische Fehler des TuS ausgemacht. So sei sein Mandant nicht angehört worden, die Satzungsänderung nicht ordnungsgemäß beschlossen worden. Die Begründung dafür sei nicht konkret, sondern defizitär, die Eintragung fehlerhaft. Der Anwalt ist optimistisch, dass das Landgericht Itzehoe im Sinne seines Mandanten entscheidet.
Schwarzbach will „selbstverständlich“ weiter am Sportbetrieb des TuS Appen teilnehmen: „Der Verein muss in die Schranken gewiesen werden.“ Er habe jahrelang diverse Kurse genutzt, auch Fußball gespielt. „Bis auf einige wenige hat sich niemand daran gestört.“
Der TuS-Vorstand will sich aktuell nicht zu dem Verfahren äußern. Vereinsanwalt Rainer Pauls verweist auf den „großen Ärger, der unter den Fußballern geherrscht hat“. Es sei rechtmäßig gewesen, Schwarzbach auszuschließen.
Möglich ist jedoch, dass der TuS vor Gericht scheitert und sich erneut mit der Causa befassen muss. Denn während der Verhandlung vor dem Landgericht wurde über einen möglichen Formfehler des TuS-Vorstandes diskutiert. Die Kammer verwies auf höchstrichterliche Entscheidungen, wonach nicht nur in der Einladung zur Versammlung der Tagesordnungspunkt „Satzungsänderung“ aufgenommen werden muss, sondern auch der Wortlaut der Änderungen mitzuliefern sei, erklärt Nils Meppen, Pressesprecher des Landgerichtes Itzehoe.
Vor dem Amtsgericht Pinneberg hatte dies noch keine Rolle gespielt. „Es handelt sich um einen Dorfverein mit Ehrenamtlichen, die juristisch kaum professionelle Beratung hatten“, sagt TuS-Anwalt Pauls. Das Gericht sollte dies berücksichtigen.
Grundsätzlich könne jeder Verein einen Eintritt ohne Begründung ablehnen, sagt Sönke P. Hansen, Vorsitzender des Kreissportverbandes. Allerdings wisse der Verein nicht, wer Mitglied werden wolle. Ein Mitglied könne ausgeschlossen werden, wenn es seine rechte Gesinnung in den Verein trage. Dann verstoße es gegen die in der Satzung festgeschrieben Regeln, sich politisch, ethnisch und konfessionell neutral zu verhalten.
„Wir fühlen mit dem TuS“, sagt Hansen angesichts der heftigen persönlichen Attacken gegen die Mitglieder des Vorstandes, die in den vergangenen Wochen per Mail und via sozialen Netzwerken geritten worden sind.