Wedel. Der Familienminister Heiner Garg besucht die Awo-Einrichtung Hanna Lucas, die für den diesjährigen Deutschen Kita-Preis nominiert ist.
Einen Vorzeige-Kindergarten hat sich Familienminister Heiner Garg (FDP) für seinen Besuch in Wedel ausgesucht. Die Einrichtung Hanna Lucas der Arbeiterwohlfahrt (Awo) an der Pulverstraße gehört zu den zehn Finalisten des Deutschen Kita-Preises 2018. Mehr als 1400 Kindertagesstätten haben sich beworben, am 3. Mai fällt die Entscheidung. Ausgelobt hat den Preis unter anderem das Bundesfamilienministeriums. Die Wedeler gehören also schon mal die zehn Besten in der Republik.
Der Minister hat sich nicht nur auf dem Weg aus der Landeshauptstadt an die Elbe gemacht, um den Mitarbeiterinnen um Leiterin Andrea Rump für die Nominierung zu gratulieren. Der gebürtige Breisgauer überbrachte auch eine gute Nachricht. Das landesweite Modellprojekt „Inklusive Kita“, an der die Wedeler als eine von zehn Einrichtungen in Schleswig-Holstein teilnehmen, soll weitergeführt werden. „Sie entwickeln engagierte Kita-Qualität weiter und erfüllen das Modellprojekt mit Leben. Dabei stehen die Kinder und die Förderung ihrer Stärken im Mittelpunkt“, sagte Garg bei seinem Besuch am Elbhochufer.
Der Ministeransage ging eine umfangreiche Überprüfung der anvisierten Ziele voraus. Die bestehen darin, den Schritt von der Integration zur Inklusion zu vollziehen. Wenn ein Kind eine besondere Förderung braucht, erhält es die in Wedel flexibel und rasch, ohne dass dafür etwa ein Antrag oder langwierige Diagnoseverfahren erforderlich sind. Musste zum Beispiel das Kind früher zu einem Amtsarzt zur Begutachtung gebracht werden, kommt heute einfach eine Heilpädagogin in die Wedeler Einrichtung. Außerdem kann die Förderung heute bereits beginnen, sobald das Team der Kita einen Bedarf erkannt hat.
Damit die Förderung in der inklusiven Kita gelingt, gehören neben den Erziehern auch heilpädagogische Fachkräfte zum festen Kita-Team. 85 Kinder werden bei Hanna Lucas – die streitbare Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Ehrenbürgerin und erste Ratsfrau der Rolandstadt gab der Einrichtung ihren Name – in vier Elementar- und zwei Krippengruppen betreut. 25 Mitarbeiter, davon 9,5 Stellen für Heilpädagogen, kümmern sich um die Kleinen. Außer dem Land Schleswig-Holstein unterstützen der Kreis Pinneberg, die Stadt Wedel und der Träger, die Arbeiterwohlfahrt, das im Jahr 2014 gestartete Projekt.
„Wir können uns umfassend um die Kinder kümmern und nicht erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Stempel „I-Kind“ haben, zu dem also offiziell ein besonderer Betreuungsbedarf festgestellt wurde“, sagt Andrea Rump. „Sozio-emotionale Auffälligkeiten“ werden frühzeitig bearbeitet und nicht erst in der Schule, „wenn die Kinder über Tische und Bänke gehen“, sagt die Pädagogin. Je früher eingegriffen werde, desto größer sei die Aussichten auf eine erfolgreiche Therapie.
Garg hebt Neuordnung der Kita-Finanzierung hervor
Allerdings ist die Kita nicht „defizitorientiert“, sagt die Leiterin. Die Frage „Was kann der Mensch?“ stehe im Mittelpunkt. Gemäß diesem Grundsatz sollen die Stärken gefördert werden. Die besondere Aufmerksamkeit gilt im Awo-Kindergarten nicht nur den schwierigen Kindern, sondern auch „den Stillen und Leisen“. Bei ihnen stecke ganz viel dahinter, sagt Andrea Rump.
Heiner Garg nutzte bei seinem Besuch in Wedel die Gelegenheit, um auf die von der Jamaika-Koalition geplanten Investitionen und Reformen im Kindergartenbereich hinzuweisen. „Die Weiterentwicklung und die Stärkung der Kita-Qualität ist ein entscheidender Teil der eingeleiteten Kitareform. Ebenso wichtig sind die Entlastung der Eltern durch die Deckelung der Beiträge sowie die Entlastung der Kommunen“, so der Minister. Um diesen Dreiklang auch finanziell zu unterlegen, plant die Regierung, in den Jahren 2018 bis 2022 zusätzlich rund 480 Millionen Euro ins Kita-System zu geben.
Einhergehen soll die Reform, die im übernächsten Jahr umgesetzt werden soll, mit einer Neuordnung des bisher äußerst komplizierten Finanzierungs-Systems. Dies begrüßte der Geschäftsführer der drei Awo-Kindergärten in Wedel, Georg Palm. Mit 17 Behörden und Organisationen müsse er sich abstimmen, 64 Mal im Jahr liefen diese Prozesse. „Das kann nicht sein“, urteilt der Geschäftsführer.