Tornesch. Dieser Mann ist Legende: Wolf-Dieter Stubel, inzwischen 76, hat Generationen die Charts erklärt. Heute moderiert er für Radio Bob.

Die Rock-Urgesteine können es nicht lassen: Mick Jagger ist 74 Jahre alt und startete als Boss der Rolling Stones im vergangenen Jahr im Hamburger Stadtpark deren Europatournee. Sänger und Gitarrist Eric Clapton wird im März 73 und geht noch auf Tour. Der andere Eric, nämlich Burdon, ist auch ohne seine Animals noch mit 76 tierisch munter musikalisch unterwegs. Und was macht Wolf-Dieter Stubel, dessen Beziehung zu den anderen dreien sich dadurch ableiten lässt, dass er deren Platten auflegt? Der hat auch schon 76 Lenze geschafft, wohnt in Tornesch und ist immer noch mit Rockmusik im Hörfunk auf Sendung.

Die Stimme war sein unverkennbares Markenzeichen, als er von 1967 an 23 Jahre lang als Moderator die „Internationale Hitparade“ auf NDR 2 betreute. War? Von wegen: Diese Stimme gibt es immer noch, und das typische tiefe, sonore Timbre ist schon am Telefon zu erkennen, wenn sich Herr Stubel schlicht mit Stubel meldet.

„Hallo Fans, hallo Freunde“ – immer noch sein erster Satz

Die Hitparade gibt es auch immer noch. Zwar stellte der Norddeutsche Rundfunk die Kultsendung 1990 ein, um neuen Strömungen Platz zu machen. Doch Stubel blieb trotz vieler anderer Aufgaben langfristig dem Format treu. 2005 startete er beim Kieler Privatsender Radio Nora durch, der seit 2016 als Radio Bob zu empfangen ist. „Die haben mich angerufen und gefragt, ob ich will“, sagt Stubel. Er wollte. „Internationale Rock-Hitparade“ heißt der Hörfunk-Klassiker nun. Geblieben ist neben dem mittlerweile schon fast legendären Moderator die fetzige Erkennungsmelodie: der Instrumentaltitel „And then there were drums“ von Sandy Nelson. Und Stubel sagt zur Begrüßung wie gewohnt ganz lässig: „Hallo Fans, hallo Freunde.“

Platten und CDs stapeln sich in den Regalen bis unters Dach
Platten und CDs stapeln sich in den Regalen bis unters Dach © HA | Rainer Burmeister

Der Nischensender Radio Bob hat sich auf Rock- und Pop-Oldies spezialisiert, gemixt mit aktuellen Hits. Doch wenn Wolf-Dieter Stubel moderiert, hat er ausschließlich Rock im Angebot. Wobei es sich nicht nur um Heavy Metal oder andere Hardrock-Produkte handeln muss. „Auch Songs wie ,Wind of Change‘ oder Bluesrock und Countryrock können dabei sein, aber die Les-Humphries-Singers haben keine Chance“, erläutert der Experte sein Konzept für die Oldie-Show.

Jeden Sonntag ist er mit seiner Sendung im Programm. Von 18 bis 20 Uhr werden die Top Ten aus zwei historischen Hitparaden präsentiert. Da Radio Bob an Wochenenden nicht live sendet, ist genügend Zeit, die Rock-Mixtur im Voraus zu produzieren. Die meisten Hitparaden entstehen in seinem Privathaus, doch ab und zu ist der Moderator auch in der Kieler Sendezentrale aktiv. In der Präsentation ist er seinem Stil treu geblieben. Schnörkellos und sachlich, ohne platte Witzchen sagt Stubel die Titel an, nennt die Interpreten und stellt seine persönlichen Favoriten vor. „Das wollen die Hörer so haben“, weiß er aus zahlreichen Zuschriften.

Seit 1978 lebt Wolf-Dieter Stubel in Tornesch. Dorthin zog er von Hamburg, weil es neben der ländlichen Umgebung auch eine Bahnstation gibt. Im Dachgeschoss seiner geräumigen und für einen Rock-Moderator doch ganz bürgerlich eingerichteten Villa ist Platz genug für ein privates Aufnahmestudio. Das strahlt auf den ersten Blick den nostalgischen Glanz betagter Hörfunktechnik aus. Doch der Schein trügt: Der Hausherr ist dabei, von analog auf digital umzurüsten.

Neben dem Aufnahmeraum gibt es eine wahre Fundgrube für die Fans historischer Rocktitel. Bis unters Dach sind in übermannshohen Regalen Tausende Vinylplatten und CDs gestapelt. „Zählen Sie doch mal“, scherzt der stolze Eigentümer, wenn er nach der genauen Zahl gefragt wird. Das Schallarchiv ist auch die Basis für die „Internationale Rock-Hitparade“. Doch auch seine Eigenproduktionen wie Hörspiele, Weihnachtsgeschichten und Abenteuerschallplatten sind in der Sammlung enthalten. Bisher hat Stubel noch nahezu jeden Titel der historischen Hitlisten aus seinem Fundus liefern können. In anderen Fällen greift er auch mal auf Anbieter wie Amazon zurück. Auf diese Weise sind bereits Hunderte Rückblicke auf die Hits von einst entstanden. Der Moderator freut sich, dass es immer wieder Fanpost von Hörern gibt, die schon in den 60er-Jahren die Hitparade gehört haben. Doch auch die aktuelle junge Generation ist wieder dabei, wie Zuschriften bestätigen. „Schließlich sind Altrocker wie Eric Burdon auch dem Nachwuchs ein Begriff“, sagt er.

Das ist Radio Bob

Der Privatsender Radio Bob gehört zur Regiocast GmbH & Co. KG. Die Gesellschaft ist im Besitz von Zeitungsverlagen und Medienhäusern.

Regiocast ist an 16 privaten Rundfunksendern, darunter in Schleswig-Holstein RSH und Delta Radio, beteiligt. Radio Bob sendet überwiegend in Schleswig-Holstein und Hessen, ist außerdem deutschlandweit digital vertreten.

Im Kreis Pinneberg ist der Sender über Antenne auf der UKW-Frequenz 101,1 zu hören.

Zu hören ist die „Internationale Rock-Hitparade“ am Sonntag von 18 bis 20 Uhr.

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Die vom damaligen NDR-Unterhaltungschef Henri Regnier initiierte „Internationale Hitparade“ mit ausschließlich englischsprachigen Titeln wurde von Wolf-Dieter Stubel in die Praxis umgesetzt. Doch abseits dieses Dauerbrenners hatte der überwiegend selbstständig arbeitende Radiomann nebenbei, vorher und nachher noch jede Menge andere Betätigungsfelder. Seine Stimme ertönte bei Werbeproduktionen von Persil bis Peter Stuyvesant ebenso wie in Synchronstudios. In der Fernsehserie „Bonanza“ verhalf er dem in einer Nebenrolle agierenden kleinen Hilfssheriff zur deutschen Sprache. Beim Synchronisieren diverser Filmproduktionen stand er an der Seite von Stars wie Hildegard Knef und Curd Jürgens. Im Hörfunk war das Allroundtalent unter anderem bei NDR-Regionalsendern, beim WDR und im Südwestfunk Baden-Baden auf verschiedenen Kanälen als Sprecher, Autor und Producer tätig. Frank Elstner wollte ihn für Radio Luxemburg gewinnen. Doch Stubel half nur als Urlaubsvertretung beim „Piratensender“ aus.

Bei dermaßen vielen Aktivitäten blieb kaum noch Zeit für Freizeitbeschäftigungen. Umso besser ist es da, dass Hobby und Beruf ohnehin synchron laufen. „Musik, Musik, Musik“ braucht der Moderator auch jetzt noch im Privatleben fast rund um die Uhr. Kein Wunder, dass dabei „And then there were drums“ auf dem ersten Platz seiner persönlichen Hitliste steht. Außerdem hat Stubel Freude am Reisen, bevorzugt sind Ziele auf der iberischen Halbinsel. Und die Fotokamera ist auch immer zur Hand.

Der gebürtige Ostpreuße war zunächst Exportkaufmann

Geboren im Ostseebad Cranz bei Königsberg, wuchs Wolf-Dieter Stubel in Bremen auf. Früh interessierte er sich schon für die darstellende Kunst. Doch sein Vater verlangte erst eine „richtige“ Berufsausbildung. So wurde Stubel zunächst Exportkaufmann, begann dann jedoch nebenbei schon mit Sprech- und Schauspielausbildung. Bald war er in Bremen am Theater als Kleindarsteller dabei. Doch als ein neuer progressiver Regisseur kam, der seine Schauspieler nackt über die Bühne laufen lassen wollte, suchte Wolf-Dieter das Weite und landete gar nicht so weit weg bei Radio Bremen als Regieassistent und Sprecher.

Der Hörfunk war sein Ding, das erkannte Stubel schon bald und legte damit den Grundstein für seine Marathon-Karriere. Und wie lange will er bei der Hitparade noch mitlaufen? Die Antwort ist typisch Stubel: „Jedenfalls nicht, bis ich hier herausgetragen werde!“