Kreis Pinneberg. Reaktionen der Kreis-Parteien auf die Fälle des Familiennachzugs. Kindeswohl stehe im Vordergrund, aber es müsse überprüft werden.

Mit der Erlaubnis der Kreisverwaltung, in zwei Fällen die Zweitfrauen syrischer Flüchtlinge nachkommen zu lassen, die Mütter hier lebender Kinder sind, ist der Kreis Pinneberg jetzt bundesweit in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Viele überregionale Medien haben den Bericht des Hamburger Abendblatts vom Freitag aufgegriffen und zitiert. In der Kreispolitik werden jetzt kritische Stimmen laut, die das Verwaltungshandeln hinterfragen. CDU, SPD und Grüne betonen allerdings, dass das Wohl der Kinder im Vordergrund zu stehen habe. Insofern „hat die Kreisverwaltung richtig und sehr gut gehandelt“, sagt SPD-Fraktionschef Hannes Birke.

Kreissprecher Oliver Carstens hat gegenüber dem Abendblatt von Einzelfällen gesprochen, bei denen überprüft worden sei, ob es eine soziale Härte für die Kinder bedeute, wenn der syrischen Mutter die Einreise verweigert werden würde. „Kein Mensch wird bestreiten wollen, dass gerade Kinder in der Fremde ihre Mutter brauchen“, sagt Carstens. Zudem sei das Vorgehen durch einen Erlass der Landesregierung von 2013 gedeckt, dass es aus humanitären Gründen geboten sein könne, syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen zu erlauben, enge Verwandte hierher nach Deutschland zu holen.

Insofern habe sich die Kreisverwaltung nach Recht und Gesetz korrekt verhalten, sagt Valerie Wilms (Grüne), Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Ordnung des Kreistages, in dem das Thema bereits einmal kurz angesprochen worden sei. „Wenn die Erlasslage so ist, muss sich die Ausländerbehörde danach richten“, sagt Wilms. Ob dieser Erlass heute noch richtig ist, sei eine andere Frage, die die jetzige Landesregierung zu klären habe.

Die CDU wolle das Thema auf der nächsten Hauptausschusssitzung des Kreistages erörtern, kündigt dessen Vorsitzende Heike Beukelmann an. „Der Kinderschutz muss absoluten Vorrang haben“, sagt sie. Aber es müsse erlaubt sein, zu fragen, ob diese Fälle in Gänze überprüft worden sind, um Missbrauch vorzubeugen. So will der CDU-Kreistagsabgeordnete Nicolas Sölter von der Verwaltung wissen, ob mittels eines DNA-Tests die Mutterschaft der nachgereisten Zweitfrau festgestellt wurde.

Ähnlich äußert sich der FDP-Kreisvorsitzende Günther Hildebrand. So sei es für Außenstehende nicht zu beurteilen, welche Notlage bei den Betroffenen tatsächlich vorherrschte. Aber ihm stelle sich hier die Frage, warum der syrische Mann nicht zu seiner Zweitfrau und den Kindern nach Syrien zurückgekehrt sei, die ja dort haben leben können. „Wir müssen bei diesen Angelegenheiten aufpassen, dass wir die deutsche Bevölkerung mitnehmen und nicht den sozialen Frieden gefährden.“

Den hält Burghard Schalhorn schon für überstrapaziert. Der Abgeordnete der Kreiswählergemeinschaft hatte mit seiner Anfrage das Thema in die Öffentlichkeit gebracht und wird nun auch von Fernsehsendern dazu befragt. Er sagt, es dürfe nicht sein, „dass das Verbot der Bigamie hierzulande ausgehebelt wird“. Er fordere Landrat Oliver Stolz auf, sich selbst anzuzeigen, um juristisch überprüfen zu lassen, ob seine Verwaltung tatsächlich rechtens gehandelt hat.

SPD-Fraktionschef Birke hält das Vorgehen Schalhorns für „unanständig, in Unkenntnis des Sachverhalts auf dumpfen Rassismus zu setzen.“

Die ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Wilms hält es dagegen für wichtiger, dass es endlich eine bundesweit einheitliche Regelung geben solle, das Alter der eingereisten jugendlichen Flüchtlinge richtig zu bestimmen, als diese wenigen Einzelfälle der Zweitfrauen. Zudem müsse gelten, dass der subsidäre Schutz von geflüchteten Familien „kein Recht auf dauerhaften Aufenthalt in Deutschland bedeutet“.