Pinneberg. Torsten Lemke aus Pinneberg gehört zum Team des Hamburger Regisseurs – und hat nach dem Golden Globe auf einen Oscar gehofft.

Film ist Mannschaftssport. Zu den vielen Gewerken, ohne die er nicht zustande kommen würde, die aber so gut wie nie im Licht der Aufmerksamkeit stehen, zählen die Beleuchter. Sie setzen die Lampen so, dass die Kameraleute bestimmte Stimmungen einfangen und die Stars gut aussehen lassen können. Torsten Lemke arbeitet als Oberbeleuchter, wenn er nicht seinem Regisseur die Daumen drückt. Der Pinneberger hat unter anderem an Fatih Akins „Aus dem Nichts“ mitgewirkt, der als Kandidat für die Academy Awards gehandelt wurde – leider vergeblich. Beinahe hätte Lemke ihn zum Oscar geleuchtet.

„Ich bin so etwas Ähnliches wie ein Polier auf dem Bau“

Oberbeleuchter Torsten Lemke
Oberbeleuchter Torsten Lemke © HA | Volker Behrens

Der 57-Jährige ist, auch wenn er in einer eitlen Branche arbeitet, ein eher uneitler Mensch. Deshalb hat seine Ehefrau auch schon mit ihm geschimpft. Noch nicht einmal ein Selfie von sich und Diane Kruger hat er von den Dreharbeiten mitgebracht. Wahrscheinlich war er an „Aus dem Nichts“ wieder emotional heftig beteiligt, das geht ihm bei den Filmen von Akin oft so. „Dass Diane großartig ist, war schon ab dem ersten Drehtag zu merken“, erinnert er sich. Seit 2001 hat er an fast allen Filmen des Hamburger Regisseurs mitgewirkt.

Als Beleuchter arbeitet er besonders eng mit den jeweiligen Kameraleuten zusammen. In den Akin-Filmen ist das fast immer Rainer Klausmann. Lemke kennt ihn schon seit 20 Jahren. Der Schweizer hat ihn überhaupt erst ins Akin-Team gebracht, das zu rund 80 Prozent bei jedem Film gleich ist. „Das ist wie eine Familie“, sagt der gebürtige Elmshorner.

Die deutsch-amerikanische Schauspielerin Diane Kruger spielt die Hauptrolle in „Aus dem Nichts“, dem aktuellen Film des Regisseur Fatih Akin
Die deutsch-amerikanische Schauspielerin Diane Kruger spielt die Hauptrolle in „Aus dem Nichts“, dem aktuellen Film des Regisseur Fatih Akin © dpa | Ursula Düren

Beleuchter war nicht Lemkes Berufswunsch, er hat ursprünglich Elektriker gelernt, die Lehre dann aber abgebrochen, um bei einem Tourneetheater als „Mädchen für alles“ zu jobben. Als dem Theater die Luft ausging, vertelefonierte er 200 Einheiten, bevor er die Chance bekam, als Beleuchter bei einer der Folgen der TV-Reihe „Heimatgeschichten“ mit Heinz Reincke zu arbeiten. „Meine elektrischen Grundkenntnisse waren dabei natürlich nützlich“, sagt er. In den frühen 90er-Jahren boomte der deutsche Fernsehmarkt, weil die Privatsender zahlreiche Filme und Serien drehten. „Ich bin in den Beruf so reingerutscht und habe ihn mir durch learning by doing erarbeitet.“

Die Chefs eines Oberbeleuchters, wie es Lemke mittlerweile ist, sind am Set die Kameraleute. Mit ihnen bespricht er vor den Dreharbeiten den Look des Films. Dann erstellt er eine Lichtliste und bestimmt, welche und wie viele Lampen, Stative und Kabel er benötigt. Zwei Tage vor Drehbeginn holt er die Utensilien von einem Verleiher ab und baut sie mit seinen meistens drei Beleuchtern auf. „Ich bin so etwas Ähnliches wie ein Polier auf dem Bau“, sagt er und schätzt, zum Job gehöre eine Mischung aus 70 Prozent Handwerk und 30 Prozent Kreativität.

Filme mit Lemkes Licht

„Bella Block“, sechs Folgen

„Eine verhängnisvolle Nacht“, Regie: Miguel Alexandre

„Tatort: verbrannt“, R: Thomas Stuber

„Lippels Traum“, R: Lars Büchel

„Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“, R: Leander Haußmann

„Dorfpunks“, R: Lars Jessen

„Das Feuerschiff“, R: Florian Gärtner

„Der Mann im Strom“, R: Niki Stein

„Die Sturmflut“, R: Jorgo Papavassiliou

„Der Fischer und seine Frau“, R: Doris Dörrie

„Mein letzter Film“, R: Oliver Hirschbiegel

„Der Seerosenteich“, R: Johannes Fabrick

„Der Briefbomber“, R: Torsten C. Fischer

„Der rote Schakal“, R: Hajo Gies

1/14

Über Akin als Regisseur sagt er: „Ich bewundere an ihm, dass er ganz klar seinen Weg geht und wie er um seine Filme kämpft.“ Sein Lieblingsfilm ist immer noch der Berlinale-Sieger „Gegen die Wand“. Besonders intensive Erinnerungen hat er aber auch an die Dreharbeiten zu „The Cut“, als das Team zusammen mit manchmal mehr als 500 Komparsen insgesamt fünf Wochen in Jordanien in der Wüste gedreht hat.

Licht machen für „Morden im Norden“. Hier eine Szene vor dem Kommissariat, das im Film in Lübeck sein soll. Gedreht wurde allerdings in Hamburg
Licht machen für „Morden im Norden“. Hier eine Szene vor dem Kommissariat, das im Film in Lübeck sein soll. Gedreht wurde allerdings in Hamburg © HA | Torsten Lemke

Lemke arbeitet überwiegend für das Fernsehen. In jüngster Zeit hat er an mehreren Borowski-„Tatorten“ und an der Reihe „Nord Nord Mord“ sowie „Der Kommissar und das Meer“ mitgewirkt. „Mein Beruf ist anstrengend, aber nach mehr als 30 Jahren immer noch spannend“, bilanziert Lemke. Manchmal kommt er auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 60 Stunden oder mehr. „Das geht natürlich nur, wenn die Familie mitspielt. Ich weiß gar nicht, wie viele Geburtstage ich schon verpasst habe“, sagt der Vater zweier Kinder.

Lemke hätte gern „Der Herr der Ringe“ beleuchtet

In 30 Länder hat Lemke seine Arbeit bisher schon geführt. „Neuseeland fehlt mir noch“, hadert er. Wenn ein deutscher Film im Ausland gedreht wird, kommt etwa ein Drittel des Teams aus der Heimat mit, der Rest sind einheimische Kräfte. „Das ist, kulturell gesehen, immer eine ganz spannende Geschichte“, hat Lemke erfahren.

Obwohl der Pinneberger eigentlich ganz zufrieden wirkt, wurmen ihn zwei Dinge, die allerdings nur schwer zu ändern sind: „Ich hätte sehr gern als Oberbeleuchter beim ,Herrn der Ringe‘ mitgewirkt und wäre gern in Woodstock dabei gewesen.“