Kummerfeld/Rellingen. Die Amtszeit der Jugendschöffin Elke Gers-Barlag aus Kummerfeld läuft dieses Jahr aus. Sie kann ein Engagement nur empfehlen.
Raub, Diebstahl, Schlägereien, Drogenmissbrauch – Elke Gers-Barlag kennt solche Fälle. Als Schöffin hat sie ihnen vor dem Jugendgericht beigesessen. Für die Kummerfelderin ist es bereits die zweite Amtszeit in dem Ehrenamt.
Dabei war es ursprünglich gar nicht ihre Idee, das Amt zu übernehmen. „Ich wurde von jemandem aus der Gemeinde angesprochen, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich habe mich erkundigt, was das bedeutet und habe dann gesagt, warum nicht“, sagt Gers-Barlag. Im Jahr 2009 fing sie an, 2018 wird nun ihr letztes Jahr als Schöffin sein. „Es sind nur zwei Amtszeiten nacheinander erlaubt“, so Gers-Barlag.
Schöffin empfindet das Amt als große Bereicherung
Für alle Schöffen im Kreis Pinneberg geht mit diesem Jahr die Amtszeit zu Ende. Überall müssen Nachfolger bestimmt werden. In Rellingen und im Amt Pinnau hat man sich bereits auf die Suche gemacht, dabei ist der Kreis, bei dem die Fäden zusammenlaufen, noch gar nicht soweit.
„Bisher ist die Wahl der Schöffen noch nicht so weit fortgeschritten, dass für die Wahlperiode 2019-2023 genaue Zahlen vorliegen“, sagt Sabine Lankau vom Fachdienst Recht. Sie ist für die Wahl von ehrenamtlichen Richtern und Schöffen beim Kreis zuständig.
Für die letzte Wahlperiode waren es 120 Personen, die als Jugendschöffen vorgeschlagen werden mussten, erklärt Sabine Lankau. „Bisher wurden immer noch – wenn auch knapp – genügend Jugendschöffen gefunden“, betont die Mitarbeiterin der Kreisverwaltung.
Elke Gers-Barlag kann nur empfehlen, sich auf einen Posten als Jugendschöffe zu bewerben. Sie empfand das Amt als große Bereicherung. „Manches, was man vor Gericht erlebt, relativiert das, was man mit den eigenen Kindern so erlebt“, meint die Mutter von drei Kindern. Außerdem höre man anders hin, wenn es um Urteile in der Rechtsprechung gehe. Die Sicht auf das Rechtssystem ändere sich. „Auch wenn einem der gesunde Menschenverstand manchmal etwas anderes sagt, versteht man den Mechanismus der dahinter steckt. Man begreift die Gesetzesgrundlage“, so Gers-Barlag.
Das Schöffenamt ist ein Ehrenamt. Es koste zwar Zeit, aber auch nicht so viel, wie man vielleicht denke, so Gers-Barlag. Neun Termine bekommt sie jedes Jahr, ob sie dann auch wirklich zu Gericht muss, stellt sich aber erst kurz vorher heraus – je nachdem, ob tatsächlich Termine anberaumt sind. „In den ersten Jahren war ich sieben bis acht Mal bei Gericht. In den letzten Jahren ist es weniger geworden“, so Gers-Barlag. Die Schöffen entscheiden gemeinsam mit dem jeweiligen Richter über das Urteil. „Man berät gemeinsam. In den Fällen, wo ich dabei war, waren wir uns nach einer kurzen Diskussion eigentlich immer einig“, sagt sie.
Aus genau diesem Grund sei das Schöffenamt so anspruchsvoll, betont Lankau. „Es verlangt in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbständigkeit und Reife des Urteils“, sagt Lankau. Jeder Schöffe sollte daher soziales Verständnis, Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen, Berufs- und Lebenserfahrung, logisches Denkvermögen, Vorurteilsfreiheit und Kommunikationsfähigkeit sowie Durchsetzungsvermögen mitbringen. „Das ist nötig, um verantwortungsvoll in der Strafrechtspflege mitwirken zu können“, sagt Lankau weiter.
Im Jugendbereich ginge es meist um Arbeitsstunden. „Das sind eher erzieherische Maßnahmen“, so Gers-Barlag. Dennoch sind der 55-Jährigen bewegende Biografien und Geschichten vor Gericht begegnet. „Die Lebensgeschichten sind häufig nicht schön und manchmal sehr merkwürdig“, sagt sie.
Gemeinsam mit der Richterin haben Gers-Barlag und die anderen Schöffen einen Ausflug in das Jugendgefängnis Neumünster gemacht. „Das war sehr bedrückend, man bekommt da drin sofort ein Gefühl des Eingesperrtseins. Gleichzeitig ist es aber auch wahnsinnig interessant“, sagt Gers-Barlag. Wann erhalte man sonst solche Einblicke?
Schöffenamt nur für Deutsche ohne Vorstrafen
Zur Wahl der Schöffen für die Amtsgerichte und Landgerichte schlagen die Stadt- beziehungsweise Gemeindevertretungen eine vorgegebene Anzahl von Personen vor. „Die Vorschlagslisten der Städte und Gemeinden werden vom Kreis Pinneberg zusammengefasst und dem Jugendhilfeausschuss zur Be-schlussfassung vorgelegt“, erklärt Sabine Lankau. Danach entscheide ein Schöffenwahlausschuss bestehend aus einem Richter, einem Verwaltungsbeamten und den vom Pinneberger Kreistag gewählten Vertrauenspersonen darüber.
Das Schöffenamt kann nur von Deutschen ohne Vorstrafen ausgeübt werden. Bei der Wahl sollen alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigt werden.
Die letzten neun Termine von Elke Gers-Barlags Amtszeit sind bereits angesetzt. Wie oft sie tatsächlich bei Gericht erscheinen muss, weiß sie noch nicht. Doch klar ist für sie jetzt schon: Sie wird auch danach ihr neu gewonnenes Interesse für die Rechtsprechung behalten.