Kreis Pinneberg. Zahl der Betriebe geht zurück – ebenso die Anbaufläche. Dafür sind zwei Pleiten mitverantwortlich. BdB-Chef ist dennoch optimistisch.
Die Zahl der Betriebe sinkt – und auch die Anbaufläche geht zurück: Die Baumschulwirtschaft im Kreis Pinneberg befindet sich auf dem Rückzug. Waren 2012 noch 239 Betriebe im Kreis gemeldet, sind es laut Zahlen des Statistikamts Nord aktuell nur noch 199. Die Anbaufläche schrumpfte in diesem Zeitraum von 3350 auf 2931 Hektar.
Ein Grund dafür: zwei Pleiten von großen Firmen der Branche. 2015 musste die Halstenbeker Euro-Baumschule Rudolf Schmidt den Betrieb einstellen. Auch ein Rettungsversuch, den ein Wedeler Baumschuler gemeinsam mit einem Ex-Mitarbeiter der Euro-Baumschule startete, scheiterte. Seitdem liegen das Betriebsgelände und ein Großteil der 150 Hektar umfassenden Anbaufläche brach.
Holmer Firma BKN musste 2016 Betrieb einstellen
Im Januar 2016 musste dann BKN Strobel aus Holm nach 89 Jahren seine Geschäftstätigkeit aufgeben, weil sich kein Käufer für das insolvente Unternehmen fand. Die Firma hatte sich erst 2002 neu in Holm angesiedelt. Bis Juli 2016 wickelte die extra dafür gegründete BKN Pflanzen aus Holm GbR die letzten Aufträge des einstigen Giganten ab, dem die Pleite seiner Großabnehmer Max Bahr und Praktiker letztlich den Kopf kostete. Seitdem liegen 46 Hektar Containerbaumschule brach – inklusive Verwaltungs- und Betriebsgebäude, riesiger Gewächshäuser und hochmoderner Maschinen. Alles sieht noch so aus, als würden jeden Moment die 82 einstigen BKN-Mitarbeiter zurückkommen.
Besitzer der „Geister-Baumschule“ ist die Polaris Immobilienmanagement aus Norderstedt, die das Areal aus der Insolvenzmasse heraus erworben hat und mehrere Mitarbeiter beschäftigt, um die technischen Anlagen in Schuss zu halten. „Alles ist voll funktionstüchtig. Das Gelände verbleibt in unserem Besitz“, sagt Anne Liedtke von Polaris. Was die künftige Nutzung angeht, sei man aufgrund bestehender Vorschriften stark reglementiert. „Nur eine landwirtschaftliche Nutzung ist möglich.“ Man suche einen dafür geeigneten Mieter. Die Fläche wird auf der Homepage von Polaris und auf dem Internetportal Immonet als Spezialimmobilie angepriesen. Den Mietpreis gibt es nur auf Anfrage. „Der Idealfall wäre ein Nutzer aus dem Baumschulbereich, der die gesamte Fläche übernimmt“, sagt Anna Liedtke. Jedoch auch eine Teilvermietung sei denkbar, so könnte die Fläche halbiert oder gedrittelt werden. „Mehr ist nicht möglich.“
Laut Holms Bürgermeister Walter Rißler (CDU) „hätte der Erwerber beim Kauf wissen müssen, was da möglich ist und was nicht“. Die BKN-Strobel-Fläche liege direkt neben einem Naturschutzgebiet, das Unternehmen habe damals nur mit Ausnahmegenehmigung aus Pinneberg umsiedeln dürfen. „Wir waren damals froh, dass wir die Firma hatten“, erinnert sich Rißler. Eine Änderung des Flächennutzungsplans, um dort anderes Gewerbe zuzulassen, komme aus Sicht der Gemeinde nicht infrage. „Das würde der Kreis auch gar nicht zulassen. Der hat eher Interesse daran, das Naturschutzgebiet auszuweiten.“
Holms Bürgermeister sieht nur Rückbau als Alternative
Rißler sieht als Alternative nur einen Rückbau der Gebäude. „Uns als Gemeinde interessiert natürlich brennend, was da passiert.“ Er gehe davon aus, dass der jetzige Zustand länger andauern werde, weil der neue Besitzer zu keiner schnellen Vermietung gezwungen sei. „Die Firma Polaris gehört der wohlhabenden Hamburger Kaufmannsfamilie Herz, in deren Besitz sich auch der direkt nebenan gelegene Reitstall Gut Moorhof befindet. Ich denke, die wollten sich die Flächen erst einmal sichern“, sagt Rißler.
Auch Frank Schoppa, Geschäftsführer des Landesverbandes Schleswig-Holstein im Bund deutscher Baumschulen (BdB), hat keine Informationen über die Zukunft der BKN-Strobel-Fläche. Er geht ebenfalls nicht von einer schnellen Vermietung aus, da sich die Baumschulwirtschaft derzeit noch in einer Konsolidierungsphase befinde. „Wir haben europaweit Überkapazitäten im Markt gehabt, das hat die Preise gedrückt und Firmen in Schwierigkeiten gebracht.“
Von Abercron (CDU) will Baumschulen helfen
Die geringere Nachfrage liege unter anderem daran, dass die Verkäufe nach Russland (Schoppa: „Ein für uns wichtiger Markt“) durch das Handelsembargo abgeebbt seien und der Rubel auf einem sehr niedrigen Stand liege. Auch sei die Nachfrage aus den neuen Bundesländern, die seit der Wende ein wichtiger Abnehmer waren, inzwischen fast komplett befriedigt.
Laut Schoppa sind die Überkapazitäten mittlerweile zurückgefahren. „Die Preise gehen wieder zart nach oben. Wir sind vorsichtig optimistisch, dass die Talsohle durchschritten ist.“ Um die Baumschulwirtschaft im Kreis Pinneberg macht sich Schoppa trotz des Rückgangs von Firmen und Anbauflächen keine Sorgen. „Strukturwandel hat es schon immer gegeben und wird es auch weiter geben.“