Kreis Pinneberg. Nachdem die Bundesnetzagentur das Chaos bei der Zustellung von Briefen und Paketen herunterspielt, folgt ein Sturm der Entrüstung.

Die Pinneberger und die Post – ausgerechnet vorm Weihnachtsfest gärt es gewaltig. Nachdem die für Kontrolle zuständige Bundesnetzagentur das Chaos um mangelhafte Zustellung von Briefen und Paketen heruntergespielt hat, weil es aus der Region kaum Klagen über den Service der Post gebe (wir berichteten), entlädt sich ein Sturm der Entrüstung. Etliche Beschwerden erreichten das Abendblatt – binnen zwei Tagen weit mehr als die sieben, die die Netzagentur in den vergangenen Monaten aus der Region erhalten haben will.

Darunter die Zuschrift von Dieter Hoffmann, der im Peinerweg in Pinneberg wohnt. Er habe in der vergangenen Woche zwischen Mittwoch und Sonnabend etwa überhaupt keine Post erhalten. Eine für Donnerstag avisierte Zeitschrift sei zwei Tage verspätet eingetrudelt. „Da ich meine Beschwerden regelmäßig der Bundesnetzagentur habe zukommen lassen, finde ich die Aussage, es würden nur sieben Beschwerden vorliegen, etwas befremdlich.“

Inge Reinhardt aus Pinneberg bescherte 2017 „das größte Post-Chaos der vergangenen 40 Jahre“. In Pinneberg-Nord werde teilweise nur einmal pro Wochen zugestellt. Es sei unverständlich, wie die Bundesnetzagentur zu ihrer Aussage gelange, dass nur sieben Beschwerden vorlägen. Es sei eine Erfahrung aus den letzten Jahren, dass man Beschwerden in der Zentrale lediglich ohne spürbaren Erfolg entgegennehme – nach dem Motto: empfangen, lochen, abheften.

Das sagt die Post

Postsprecher Martin Grundler sprach am Montag von „enormen Sendungsmengen“, die vor dem Weihnachtsfest unterwegs seien. In Pinneberg seien daher auch zusätzliche Kräfte im Einsatz. „Die Kollegen tun das Menschenmögliche.“ Von einem Chaos könne keine Rede sein. „Im Großen und Ganzen läuft es in Pinneberg derzeit gut“, sagt Grundler.

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Wilma Häfele, die im Jägerkamp in Pinneberg wohnt, berichtet von einem am 5. Dezember in Holzminden an sie auf den Weg gebrachten Päckchen. Zwar habe sie schon tags darauf eine Benachrichtigung im Briefkasten gefunden, als sie am 7. Dezember abhole wollte, sei die Sendung bei der Postfiliale unauffindbar gewesen. Auch der anschließende Anruf bei einer Service-Telefonnummer sei wenig aufschlussreich gewesen. Das Paket müsse eigentlich in der Filiale liegen, habe es geheißen. „Einen Tag später rief der Absender mit der Nachricht an, dass das Päckchen zurückgekommen sei.“ Ein am 9. Dezember gestarteter erneuter Versuch sei bislang ohne Erfolg geblieben. „Es ist bis heute, nach mehr als neun Tagen, nicht eingetroffen“, so Häfele am Montag.

Auf die Argumentation der Bundesnetzagentur, bislang seien lediglich sieben Beschwerden über schlechte Zustellung eingegangen, was nicht für gravierende Mängel spreche, reagiert auch Jeanette Bachmann, die in der Pinneberger Feldstraße lebt. „Ja, wie und wo denn auch? Einen Postzusteller fragen? Wir sehen nie jemanden“, sagt sie. Darauf, dass die Bundesnetzagentur für Mängel zuständig sei, müsse der Normalbürger erst mal kommen. „Wir bekommen schon lange keine regelmäßige Post mehr hier in der Feldstraße, die übrigens recht lang ist“, berichtet Bachmann. Dank der schlechten Zustellung habe sie sogar den Kündigungstermin für ihre Autoversicherung verpasst.

Offenkundig gibt es nicht nur in Pinneberg Probleme. So meldet sich etwa Cornelia Schröder aus Tornesch zu Wort. Auch sie spricht von einer „desaströsen Zustellung“. So sei ein vor mehr als einer Woche an sie geschicktes Paket bis heute nicht angekommen. „Laut Sendungscode wurde das Paket nicht vom Wagen ausgescannt und in der Filiale abgeliefert. Für die Post ist der Vorgang damit nicht verfolgbar“, so Schröder. Sie wolle nicht unterstellen, das ein Fahrer sich das Päckchen unter den Ärmel geklemmt oder irgendwo in der Feldmark entsorgt habe. Vielmehr täten ihr die Postboten leid, die angesichts der vielen Internetbestellungen vor Weihnachten Überstunde um Überstunde schieben. „Hoher Krankenstand? Erklärt sich doch von selbst“, sagt die Tornescherin.

Auch in Quickborn gibt es unzufriedene Kunden. Wie etwa Elke und Jürgen Saleskat, die im Rathausstieg wohnen. Die Briefzustellung sei „ein ständiges Ärgernis“. Montags werde in ihrem Viertel gar nicht mehr zugestellt. „Es passiert auch, dass bis Mittwoch keine Zustellung erfolgt.“ Die beiden Quickborner haben sich diverse Male in Bonn beschwert und erhielten stets gleichlautende Antwort. Die Post entschuldigt sich – und gelobt Besserung.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Dieter Rossmann (SPD) hat die Bundesnetzagentur eingeschaltet und Bürger zu Protesten aufgerufen. Diesen Appell haben die Betroffenen im Kreis Pinneberg offenkundig gehört. Allerdings soll auch eine Stimme aus der Hasenkehre in Pinneberg nicht verschwiegen werden. Christian Haage hat durchaus Lob für die Post parat: Aktuell sei fast jeden Tag Post in seinem Briefkasten. „Insofern nehme ich an, dass die Beschwerden bei der Post ihre Wirkung nicht ganz verfehlt haben.“