Pharmaunternehmen Nordmark forscht an neuem Wirkstoff. Hersteller von Arzneimitteln ist bereits Marktführer für Pankreatin.

In der Schlangenfarm des Uetersener Pharmaunternehmens Nordmark Arzneimittel befinden sich 600 Malaiische Grubenottern. Regelmäßig wird ihnen Gift abgenommen. Denn das Pharmaunternehmen hofft, mit dem Gift der Grubenottern künftig Hörsturzgeschädigten Patienten helfen zu können.

n den Nordmark-Werkshallen erklärt Mitarbeiter Holger Flörke den Produktionsprozess der Tablettenherstellung.
n den Nordmark-Werkshallen erklärt Mitarbeiter Holger Flörke den Produktionsprozess der Tablettenherstellung. © HA | Nordmark

2009 hat die Nordmark nach wirtschaftlich bewegten Zeiten die einst von der Schließung bedrohte Schlangenfarm vollumfänglich vom einst an der Nordmark beteiligten Unternehmen Abbott übernommen. Seitdem wird intensiv an den medizinischen Möglichkeiten des Schlangengifts geforscht. Die Erforschung des Wirkstoffes gegen Hörsturz befinde sich, so Nordmark-CEO Jörn Tonne, in der „klinischen Phase IIa“.

Das Ancrod, das im Schlangengift enthalten ist, besitzt Blutgerinnungsfähigkeiten. Die könnten gerade bei einem Hörsturz helfen. Denn der damit einhergehende Hörverlust steht in vielen Fällen mit Durchblutungsstörungen im Zusammenhang. Sollten die Forschungsergebnisse positiv sein, es wäre ein großer Durchbruch für die Nordmark. „Wir hoffen, dass es klappt“, sagt Tonne. Und wenn nicht? „Dann haben wir es wenigstens probiert“, sagt der Geschäftsführer.

Tonne schaut so oder so positiv in die Zukunft. Auch dann, wenn die Forschung für das Hörsturz-Medikament nicht von Erfolg gekrönt sein sollte. Denn nach 90 Jahren bewegter Geschichte steht das Unternehmen gut da. In den vergangenen 17 Jahren hat der Arzneimittelhersteller kontinuierlich die Zahl seiner Mitarbeiter erhöhen und den Umsatz enorm steigern können. 2001 lag der Umsatz bei 55,6 Millionen Euro, 388 Mitarbeiter zählte das Uetersener Unternehmen. Momentan sind etwa 530 Mitarbeiter bei Nordmark tätig, der Umsatz ist inzwischen auf beachtliche 88,5 Millionen Euro hochgefahren worden.

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Behutsam haben Peter Tonne und sein Sohn Jörn Tonne in den vergangenen Jahrzehnten den Pharmahersteller umgekrempelt. Dieses behutsame Vorgehen als auch das Einnisten in einer Marktnische hat sich für den Pharmahersteller ausgezahlt, dessen Kerngeschäft biologische Produkte tierischen und biotechnologischen Ursprungs sind. Insbesondere der Wirkstoff Pankreatin, der bei gravierenden Stoffwechselstörungen des Verdauungsapparates zum Einsatz kommt, ist ein Erfolgsprodukt für Nordmark. Der Umsatz mit dem Wirkstoff konnte in den vergangenen 17 Jahren von 16,4 auf 56,2 Millionen Euro gesteigert werden.

Weltweit gibt es nur wenige Firmen, die mit dem Wirkstoff arbeiten, der aus den Drüsen von Schweinen in einem aufwändigen Verfahren gewonnen wird. Es brauche jahrzehntelange Arbeit, um Pankreatin marktreif zu bekommen, erklärt Jörg Clemens, Leiter für den Geschäftsbereich Produktion. Es sei nicht möglich, von heute auf morgen einen solchen Wirkstoff herzustellen. Jahrzehntelange Forschung und Erfahrung seien nötig.

Das Hauptgebäude der Nordmark Arzneimittel in Uetersen
Das Hauptgebäude der Nordmark Arzneimittel in Uetersen © HA | Nordmark

Für Nordmark hat sich die Geduld ausgezahlt. Das Pharmaunternehmen habe, so erzählt Jörn Tonne, 2016 den Konkurrenten Kreon als Marktführer für Pankreatin abgelöst. Heutzutage zähle Nordmark zu den Top 40 der Pharmaunternehmen in Deutschland.

Angefangen hat die Erfolgsgeschichte 1927 in Hamburg Barmbek. Dort wurde vom Apotheker Julius Wolf und dem Unternehmer Alfred Voss das pharmazeutische Unternehmen gegründet. Nach den Bombenangriffen von 1943 und aufgrund von akutem Platzmangel siedelte die Firma nach Uetersen und Moorrege an die Pinnau um. 1968 kaufte die BASF nach einem gescheiterten Generationenwechsel das Unternehmen.

Pankreatin

Patienten, deren Bauchspeicheldrüse ihre Funktion ganz oder teilweise eingebüßt hat, benötigen Pankreatin, um Proteine, Kohlenhydrate, Fette und Vitamine im Verdauungstrakt aufspalten zu können.

Pankreatin wird vor allem aus Schweine-Bauchspeicheldrüsen gewonnen. Ursache der Fehlfunktion der Drüse können vererbte genetische Defekte aber auch Erkrankungen wie Mukoviszidose sein.

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Nordmark war für BASF die Eintrittstür in die Pharmawelt. 2000 endete die BASF-Ära in Uetersen und Moorrege. Die Nordmark Arzneimittel GmbH wurde neu gegründet, um einer drohenden Schließung zuvorzukommen. Seitdem hat das Unternehmen einen rasanten Aufstieg hingelegt.

Und die Zukunft stimmt Tonne zuversichtlich. Die Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft wird angestrebt, ein beträchtlicher Teil der Anlagen und Gebäude soll schrittweise erneuert werden. 320 Millionen Euro hat das Unternehmen bislang in Uetersen und Moorrege investiert. Weitere Millionen werden folgen: Ein Biotechnikum für zwölf Millionen Euro ist bereits in Planung.