Pinneberg. Die Kreisstadt bekommt eine neue Visitenkarte. Die Politik entscheidet kommende Woche über Gestaltung südlich der Gleise.

Am alten Hauptgebäude bröckelt der Putz. Busse manövrieren auf engstem Raum. Barrierefreier Zugang? Fehlanzeige. Pinnebergs Bahnhof ist ein Schandfleck. Seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten. Doch das wird sich ändern. Und es geht voran. Arbeiten nördlich des historischen Altbaus legen davon Zeugnis ab. Dort wird 2018 ein neuer Busbahnhof eröffnet. Es wird bereits gepflastert. In Kürze könnten die Politiker Pläne für die Gestaltung des südwestlichen Bahnhofsumfelds absegnen. Zudem wollen Investoren 2019 ein neues Wohnquartier hochziehen – Pinneberg bekommt ein neues Bahnhofsviertel.

So soll es auf dem Ilo-Gelände an Pinnebergs Bahnhof aussehen
So soll es auf dem Ilo-Gelände an Pinnebergs Bahnhof aussehen © HA | Moka_studio

Der weitere Fahrplan steht. So soll schon 2018 mit dem Bau der neuen, mindestens fünf Meter breiten Fußgängerunterführung nebst Aufzug begonnen werden. Das Konzept der Bahn sieht vor, 2019 das historische, 1848 erbaute Empfangsgebäude anzupacken – es wird saniert. Ergänzend entstehen Neubauten, sogenannte Pavillons. Einzelhandel soll Platz finden. Bei der Bahn wird mit einer Bauzeit von zweieinhalb bis drei Jahren gerechnet. 2020 könnte mit der Umgestaltung des nördlichen Vorplatzes begonnen werden, im selben Jahr mit der Entwicklung auf der anderen Seite der Gleise.

Für den Umbau des Pinneberger Bahnhofs war 2013 eine Lenkungsgruppe aus der Taufe gehoben worden. Verkehrsministerium, Nah.SH, die Stadt und die Bahn koordinieren die Einzelprojekte. Im Januar 2014 hatte es in Pinneberg eine Einwohnerversammlung gegeben. Anregungen der Bürger flossen anschließend in die Planungen ein.

Der Busbahnhof ist bereits in Bau und soll 2018 eröffnet werden
Der Busbahnhof ist bereits in Bau und soll 2018 eröffnet werden © HA | nah.sh

Kostenschätzungen liegen seit 2016 auf dem Tisch. Demnach rechnet die Bahn damit, dass Unterführung und Aufzüge etwa zwölf Millionen Euro verschlingen werden. Fürs Servicegebäude werden sechs Millionen Euro veranschlagt. Beide Vorhaben schultern die Bahn und das Land Schleswig-Holstein. An der Finanzierung der Bahnhofsvorplätze nebst Omnibusstation ist die Stadt beteiligt, wobei wohl insgesamt um die sechs Millionen Euro verbaut werden.

Doch der neue Bahnhof ist nur ein Element der Umgestaltung des Quartiers. Auch das Projekt der Hamburger Investoren Matrix wird das Viertel entscheidend prägen: Zwischen Gleisen und Mühlenau werden südwestlich der Bahnlinie drei- bis fünfgeschossige Gebäude mit rund 360 Wohneinheiten hochgezogen, die Politik besteht auf einem Anteil von 20 Prozent öffentlich geförderten Wohnraums. Es entstehen rund 75.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, wovon ein Drittel für Gewerbe vorgesehen ist. Anfang 2018 sollen erste Arbeiten auf dem ehemaligen Gelände der Ilo-Motorenwerke beginnen. Ab 2019 geht es an den Hochbau. Mühlenauquartier nennt die Stadt den neuen Stadtteil, der auf 2,4 Hektar Fläche entsteht. „Dass Investoren derzeit viel Energie in Planungen investieren, zeigt, dass sie für die Stadt hervorragende Perspektiven sehen“, sagt Bürgermeisterin Urte Steinberg.

Ältestes Bahnhofsgebäude im Land

Das Empfangsgebäude im Pinneberger Bahnhof gilt als ältester noch erhaltener Bau seiner Art in Schleswig-Holstein.

Lange war über den möglichen Abriss diskutiert worden, bevor die Bahn sich darauf einließ, den weißen Kubus, in dem einst auch eine Gastwirtschaft beheimatet war, zu erhalten und zu sanieren.

Das Empfangsgebäude, in dessen oberem Stockwerk eine Wohnung ist, wurde 1848 erbaut und später um architektonisch fragwürdige Flachbauten ergänzt.

In Pinneberg gibt es derzeit fünf Bahnsteiggleise, nicht alle davon sind barrierefrei. Das wird sich mit Fertigstellung des neuen Bahnhofs ändern.

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Blick von oben auf das Gelände nord-östlich der Bahngleise
Blick von oben auf das Gelände nord-östlich der Bahngleise © HA | nah.sh

Während der für Dienstag, 28. November, geplanten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung (18.30 Uhr, Rathaus) werden Architekten vom zuständigen Büro Trüper, Gondesen und Partner das Konzept für das südwestliche Bahnhofsumfeld präsentieren. Die Planung für den Vorplatz sieht vor, dass fünf überdachte Abstellanlagen mit je 128 Doppelplätzen für Fahrräder entstehen. Pendler, die morgens ihren Wagen am Pinneberger Bahnhof zurücklassen und abends wieder abholen wollen, können sich auch über 50 zusätzliche Park&Ride-Plätze freuen. Dazu kommen laut Stadtverwaltung 40 Parkplätze, die auf dem seit Jahren brach liegenden Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs entstehen.

Der noch heruntergekommene und etwas abgelegene Tunnel, durch den Passanten unter den Gleisen hindurch gelangen, wird näher ans Hauptgebäude geholt. Der neue Eingang zur Gleisunterführung wird auf der Höhe des denkmalgeschützten Eingangsgebäudes der einstigen Ilo-Motorenwerke liegen. Fußgänger und Radfahrer können sich dort frei auf einer durchgehend gepflasterten Fläche bewegen.

Die Bauarbeiten am Omnibusbahnhof laufen bereits
Die Bauarbeiten am Omnibusbahnhof laufen bereits © HA | Andreas Daebeler

Auch ist ein Wendehammer für Busse vorgesehen, der es ermöglicht, dass in Notfällen der gesamte Busverkehr auf Quellental-Seite abgewickelt werden kann. „Wir planen einen großzügigen Vorplatz für alle Verkehrsarten, vor allem aber für Fußgänger, Radfahrer und Park+Ride-Nutzer“, so Bauamtschef Klaus Stieghorst, der sich für das Mühlenauquartier „hohe Wohnqualität“ erhofft. „Mit der Neugestaltung des südlichen Vorplatzes würde die Stadt den letzten Baustein zur vollständigen Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes realisieren“, blickt Bürgermeisterin Steinberg optimistisch in die Zukunft. Pinnebergs Rathauschefin setzt darauf, dass sich ein als Schandfleck bekanntes Viertel zur ansehnlichen Visitenkarte entwickelt. Pinneberg sei drauf und dran, sich zu einem noch attraktiveren Lebensumfeld in der Metropolregion Hamburg zu entwickeln.