Tornesch/Elmshorn. Bürgerinitiative kritisiert mangelnde Informationspolitik der Bahnbetreiber. Raudies fordert Entschädigung für Stammkunden.

Die Züge fahren wieder nach dem Unfall im Elmshorner Bahnhof am vergangenen Mittwoch. Berufspendler aus dem Kreis Pinneberg sind dennoch verärgert. Der entgleiste Zug – es war am Ende nur das i-Tüpfelchen. Die Geduld vieler Bahnfahrer ist schon in den Wochen zuvor arg strapaziert worden. Immer wieder ist es auf der Strecke zu Störungen gekommen. Besonders hart fühlen sich die Tornescher getroffen. Viele Züge hielten nicht, andere fielen komplett aus. Und der Einsatz von Bussen funktioniere nicht. Viele Pendler haben in Tornesch in den vergangenen Tagen zeitweise stundenlang am Bahnhof festgesessen gesteckt.

Die Bürgerinitiative (BI) „Starke Schiene“ kritisiert heftig die Informationspolitik und das Vorgehen der Bahnbetreiber. Jeder Nutzer der Nordbahn habe sicher Verständnis für Zugausfälle durch höhere Gewalt oder Fahrplanabweichungen wegen Bauarbeiten. Was das Unternehmen seinen Kunden allerdings in der letzten Zeit zumute, könne so nicht länger hingenommen werden, heißt es seitens der BI.

Zugausfälle würden eher zufällig und kurzfristig angekündigt. Die Ersatzfahrpläne aus dem Internet seien unzuverlässig, Ersatzbusse nicht ausgeschildert. Die Busfahrer selbst könnten, so Manfred Mörker von der BI, keine Auskunft geben, weil sie von der Nordbahn auch keine Informationen erhielten. „Es ist zudem so, dass man in die Züge, wenn sie denn mal fahren, gar nicht reinkommt, so voll sind die“, sagt BI-Initiatorin Gisela Hüllmann. Wer einen Termin beim Amt oder etwa eine Prüfung habe, stehe im Regen. Im Ernstfall nachzuweisen, dass die Bahnbetriebe für nicht eingehaltene Termine verantwortlich sind, sei schwer.

Die Lage wäre nicht so kompliziert, wenn einerseits Bahn und Nordbahn mehr miteinander kommunizieren würden, meint BI-Sprecher Erhard Wasmann. Zurzeit werde rund ein Drittel der Bürger im Kreis Pinneberg verkehrlich regelrecht abgehängt. Dabei ginge es anders. „Das Argument der Bahn etwa, dass für einen funktionierenden Ersatzverkehr nicht genügend Busse vorhanden seien, lassen wir nicht gelten“, sagt Wasmann.

Wenn bei viel Verkehr alle Lokführer dazu aufgefordert würden, in Tornesch zu halten, um einen Verkehrsstau abzubauen, dann wäre viel gewonnen, meint Wasmann „Das ist aber durch die Privatisierung nicht gewollt, das interessiert gar nicht.“

Ebenfalls helfen würde es seiner Einschätzung nach, Güterzüge verstärkt in einen Nachtfahrplan zu verschieben. „Wir wollen daher von der Bahn wissen, wie viele Güterzüge wann auf der Strecke fahren“, sagt Wasmann. „Wir fordern auch, dass Personen- und Güterverkehr endlich den gleichen Rang erhalten. Das ist bislang nicht der Fall, zum Nachteil der Bahnreisenden“, sagt der BI-Sprecher.

Bahn fährt wieder

Nach der Zugentgleisung im Bahnhof Elmshorn gingen die Reparaturarbeiten an den Gleisen schneller voran als erwartet. Bereits am Freitagmittag konnten die zwei seit dem Unfall von Mittwoch gesperrten Gleise freigegeben werden, sodass auch die Strecken nach Kiel und Flensburg wieder bedient werden konnten.

Auch die Nordbahn nahm am Nachmittag den Betrieb wieder auf. Ursprünglich hatte es geheißen, dass erst an diesem Sonnabend wieder der reguläre Fahrplan gelten würde. „Die Arbeiter haben die ganze Nacht durchgearbeitet, um die Strecke so schnell wie möglich wieder freigeben zu können“, sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis.

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Des Weiteren fordert die BI eine baldige Realisierung eines Überholgleises bei Tornesch. Die Bahnuntertunnelung bei Esingen werde viergleisig geplant, daher sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden und das Überholgleis realisiert werden, um dem ständigen Chaos auf der Strecke zu begegnen.

Übel stößt der BI auf, dass das Land drei Züge mehr für Tornesch versprochen hatte, diese Zahl wegen Bedenken aus Hamburg aber wohl nicht realisiert wird. Nur zwei der für Dezember eingeplanten Züge würden sich gemäß Aussagen der Stadt Hamburg wirtschaftlich rentieren. Das ist laut der BI nicht zutreffend. Beim geplanten Treffen mit Hamburgs Staatsrat Andreas Rieckhof soll dieses Thema daher zur Sprache gebracht werden. Wenn die Bahn weiter unzuverlässig bleibe, sei es nicht verwunderlich, dass Hamburgs Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen im Pendlerverkehr regelrecht erstickten.

Was Bahnpendler jetzt in Elmshorn aushalten mussten, gehe über das normale Maß hinaus, meint unterdessen die Elmshorner Landtagsabgeordnete Beate Raudies (SPD). „Es wird Zeit, dass DB Regio und nah.sh die treuesten Bahnkunden nicht im Regen stehen lassen und ein Zeichen des guten Willens zeigen“, sagt Raudies. „DB Regio und nah.sh sind gut beraten, über eine Entschädigung der Pendler nachzudenken. Ich fordere Wirtschaftsminister Buchholz auf, sich in den Gesprächen mit den Verkehrsunternehmen für eine solche Entschädigung einzusetzen.“

Die Abgeordnete, die selbst regelmäßig mit der Bahn nach Kiel pendelt, fordert Verbesserungen bei der Infrastruktur durch ein Drittes Gleis sowie eine zusätzliche Durchfahrtmöglichkeit im Bahnhof Elmshorn. Minister Bernd Buchholz (FDP) müsse insbesondere die Planungen zum Bahnhofsumbau in Elmshorn zügig vorantreiben.