Pinneberg. Die Waldenauer Speeldeel wird 70 Jahre alt. Ilse Seibt, die Freitag am Eingang die Tickets abreißt, war schon 1947 dabei.

Genau 70 Jahre nach Beginn der allerersten Proben im November 1947 begeht die Waldenauer Speeldeel das Jubiläum mit der Premiere ihrer neuen Komödie „Dat Utloopmodell“ am Freitag, 17. November, im Gemeinschaftshaus Alte Schule. An diesem Tag wird Ilse Seibt am Eingang die Karten kontrollieren. Die kosten längst nicht mehr „’ne Mark“ wie noch in den Anfangstagen der Bühne. Für die 89-Jährige ist es auch ein ganz persönlicher Ehrentag, denn ihre Mitgliedschaft besteht seit Gründung des Vereins. Seitdem hat sie in vielen Stücken gespielt, Regie geführt, souffliert oder andere Aufgaben übernommen.

Sophie Riemenschneider, hier mit Heino Röhr, spielt eine Hauptrolle im aktuellen Stück der Speeldeel
Sophie Riemenschneider, hier mit Heino Röhr, spielt eine Hauptrolle im aktuellen Stück der Speeldeel © HA | Elvira Nickmann

Bei der allerersten Aufführung habe sie noch hinter der Bühne gestanden, sagt Inge Seibt. Die Begeisterung hatte sie da schon gepackt, aber zum Schritt ins Rampenlicht fehlte der 19-Jährigen der Mut. Als sie die Auswahl der Darsteller für das zweite Stück „De Fährkrog“ verfolgte, erschienen ihr die Vorträge leiernd, die Texte ohne Betonung. Sie wusste, dass sie es besser konnte. „Jetzt lese ich die Rolle mal“, habe sie zum damaligen Speelbaas Hermann Schumacher gesagt - seine Reaktion: „Darauf habe ich nur gewartet.“ Seibt hatte ihre erste Rolle, wartete hinter dem Vorhang bei der Premiere auf das Lampenfieber. Doch es wollte sich nicht einstellen, die Schüchternheit war auf wundersame Weise auf der Bühne verflogen.

Ihre Rollen habe sie nicht gespielt, sondern gelebt, sagt Seibt, die seit einigen Jahren zwar nicht mehr auf der Bühne steht, „aber immer dabei ist“. Sophie Riemenschneider, die Besetzung der weiblichen Hauptrolle im neuen Stück, habe das Blut fürs Theaterspielen und die Ausstrahlung von ihrem Großvater Egon Heidorn geerbt, einem inzwischen verstorbenen Gründungsmitglied des Vereins. Seibt: „Da hat das Publikum schon geklatscht, wenn er nur auf die Bühne kam.“

Ihr Opa habe sie irgendwann mit zum Theater genommen, erzählt Sophie Riemenschneider. Probleme mit der Aufführungssprache Niederdeutsch hat die junge Frau nicht: Es sei die Muttersprache ihres Großvaters gewesen. „Durch Opa hatte ich es immer im Ohr.“ Egon Heidorn durfte den ersten Auftritt seiner Enkelin noch erleben, der zugleich sein letzter sein sollte: Im Frühjahr 2009 standen sie gemeinsam in „De Reis na Kapstadt“ auf der Bühne. „Meine Eltern waren nie beim Theater“, sagt die 27-Jährige mit diesem entwaffnenden Lächeln, das ihr allein schon die Herzen der Zuschauer zufliegen lässt. Das „Theatergen“, es scheint in ihrem Fall eine Generation übersprungen zu haben.

Das erste Stück

143 Stücke hat die Speeldeel bis heute gespielt. Das erste war „Gastweert Göbel“, das die Mitglieder der neu gegründeten Kulturgemeinschaft Waldenau, später umbenannt in Waldenauer Speeldeel, ab November 1947 probten und 1948 vorstellten. Spielort war eine Turnhalle, der Vorhang bestand aus Verbands-Dreieckstüchern der Wehrmacht.

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Dass sie auch als Darstellerin überzeugt, zeigt sie während der Proben zu „Dat Utloopmodell“. Im Stück spielt sie Ruth, die neue Mieterin in einem Mehrgenerationenhaus. Verschiedene Lebensentwürfe und Charaktere prallen hier aufeinander, und Vermieter Jensen hat seine liebe Not, den Hausfrieden aufrechtzuerhalten. Sein komödiantisches Talent dürfte dessen Darsteller Maximilian Schwickart, 17, wiederum seiner Mutter Silvia verdanken, die in der Besetzung des Hausdrachens Ottilie von Puttlitz glänzt. Maximilian kam durch sie zu ersten Rollen, spielte lange beim Theotervereen Bossel-Hogenfiedel. Als seine Ansprüche an Umstände und Regie wuchsen, wechselte er zum Waldenauer Verein und ergatterte prompt eine Hauptrolle. „Zuerst war es sehr schwer, und die ersten Proben waren sehr anstrengend“, gibt er zu. Aber inzwischen mache es ihm großen Spaß, auf Plattdeutsch zu spielen. Er habe die Sprache unbedingt erlernen wollen, weil er einen Beitrag zu ihrer Rettung leisten wolle.

Solche Mitglieder wie ihn und Sophie Riemenschneider braucht die Waldenauer Speeldeel, junge Menschen, die die Begeisterung zum Theater und eine Liebe zum Niederdeutschen mitbringen. Damit sein Fortbestand gesichert ist und er noch viele Jubiläen feiern kann.

Theater: Fr–So 17.–19.11., Waldenauer Gemeinschaftshaus, Nienhöfener Straße 18; Sa/So 25./26.11., Schenefelder Forum, Achter de Weiden 30, Zeiten: Fr 20 Uhr, Sa 18 Uhr, So 16 Uhr; Tickets Vvk. 7/Abendkasse 8 Euro, Vvk.-Stellen: Hof Ramcke, Datumer Chaussee 191 und unter www.waldenauerspeeldeel.de