Elmshorn. War es menschliches Versagen? Nach dem Bahnunglück in Elmshorn Behinderungen im ganzen Norden. Doch einige Züge können passieren.

Ein Fahrgast sagte, es habe gerummst wie bei einem leichten Erdbenen. Ein anderer fürchtete, der ganze Zug würde umkippen. Das Zugunglück in Elmshorn vom Mittwochmorgen ist aber noch einmal glimpflich abgelaufen – abgesehen von kleineren Verletzungen und Hunderten ausgefallenen Zügen. Nur eine 28 Jahre alte Reisende und die 44 Jahre alte Zugbegleiterin werden leicht verletzt, sagt Hanspeter Schwartz von der Bundespolizei. Als Folge gibt es Verspätungen bis nach Dänemark. Der Unfall des Regionalzugs in Elmshorn hat den Bahnverkehr in weiten Teilen Schleswig-Holsteins lahmgelegt.

Am Donnerstag können Personenzüge allerdings die Unfallstelle zumindest eingeschränkt passieren. Die Marschbahn fährt im Stundentakt zwischen Altona und Westerland, außerdem pendelt die Regionalbahn zwischen Pinneberg und Dauenhof. Die Züge Richtung Kiel und Flensburg fallen weiterhin aus, wie das Hamburger Abendblatt am Mittwochabend erfuhr.

Ausfälle gab es auf den Strecken von Hamburg in Richtung Sylt, Flensburg und Neumünster, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn sagte. „Etliche Hundert Züge sind davon betroffen.“ Auch Züge ins dänische Jütland fielen aus. Die Bergungsarbeiten dauern voraussichtlich zwei Tage.

Der Zug gräbt sich ins Gleisbett und verbiegt die Schienen

Am Bahnhof in Elmshorn wird klar: Es muss gewaltig gerummst haben, als der weißblaue Steuerwagen der NahSH-Bahn nach rechts aus den Gleisen sprang und über Schwellen und Schotter hüpfte. Dabei drückte die Lok am Endes des Zuges noch einen weiteren Wagen ins Aus: Der Reisezugwagen gräbt sich dabei bis tief zu den Achsen in das Gleisbett ein, verbiegt die armdicken Schienen.

Für Pendler und andere Zugreisende sind die Auswirkungen jedoch „erheblich, da drei Hauptstrecken in Schleswig-Holstein betroffen sind“, sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis, der sich am Nachmittag vor Ort einen Eindruck verschafft. Hinter ihm erwacht mit einem Knarzen ein Bahnlautsprecher: „Ein Hinweis für Reisende in Richtung Pinneberg: Es wurde ein Busnotverkehr eingerichtet“, tönt es blechern über die Bahnsteige. Die Durchsage nützt niemanden, denn der Bahnhof ist leer. Das kann noch länger dauern, denn die Spurensuche vor Ort muss beendet sein, bevor mit der Bergung der beiden Wagen begonnen werden kann.

Damit ein Kran an die Wagen kommen kann, muss zunächst die 15.000 Volt führende Oberleitung abgebaut werden. Erst wenn die beiden Wagen abtransportiert sind, können die Schienen, Schwellen und das Schotterbett repariert werden. „Wie groß der Schaden ist, können wir erst dann sagen“, erklärt Bahnsprecher Meyer-Lovis. Er geht jedoch „von mindestens zwei Tagen aus“.

Bahnunglück: Das müssen Reisende wissen

Bis dahin empfiehlt er Reisenden aus Kiel, über Lübeck zu fahren, beziehungsweise von Flensburg aus die Strecke über Oldesloe/Neumünster nutzen. Für Syltreisende seien unter anderem Direktbusse zwischen den Bahnhöfen Pinneberg und Itzehoe eingesetzt.

Unter den vielen betroffenen Reisenden war auch Umweltminister Robert Habeck (Grüne). Er traf nach nächtlichen Sondierungsgesprächen in Berlin für ein Jamaika-Bündnis mit über 90 Minuten Verspätung zur Landtagssitzung in Kiel ein - sehr müde, wie er sagte.

Die Ermittlung der Unfallursache wird zusätzlich Zeit in Anspruch nehmen, sagt Schwartz. Unter anderem müssen die Daten der „Blackbox“ des Zugs ausgelesen werden. Die so genannten „Fahrverlaufsaufzeichungen zeigen zum Beispiel, wie schnell der Zug war, und wann er bremste“. Dazu kommt die Befragung von Lokführer, Zugbegleiter und dem für den Streckenabschnitt zuständigen Fahrdienstleiter: „Um zu klären, ob es menschliches Versagen war.“

„Solche Unglücke sind die absolute Ausnahme“, sagt Bahnsprecher Meyer-Lovis und betont: „Nach wie vor ist der Zugverkehr das sicherste Verkehrsmittel.“