Elmshorn/Uetersen. Alexander F. hat viele Vorstrafen – und wird noch bis 2021 hinter Gitter sitzen. Seit März sitzt er in der Justizvollzugsanstalt.

Richterin Renate Päschke-Jensen war noch mitten in der Urteilsbegründung, als sie der Angeklagte unterbrach. „Wie lange muss ich denn jetzt sitzen?“ fragte Alexander F. – und löste bei Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger eifrige Rechenspiele aus. Das Ergebnis behagte dem 32-Jährigen gar nicht: Weil diverse Vorverurteilungen noch unverbüßt sind und das Schöffengericht Elmshorn ihm am zweiten und letzten Prozesstag nochmals 17 Monate als „Zugabe“ verpasst hat, wird der Uetersener bis Mitte 2021 in Haft verbringen.

„Das mag jetzt paradox klingen, aber ich sehe für Sie größere Chancen, wenn Sie in Haft sitzen, als wenn Sie in Freiheit sind“, hielt die Richterin dem Angeklagten vor. Hinter Gittern habe er die Chance, von Drogen und Alkohol loszukommen. „Draußen würden Sie nur wieder neue Straftaten begehen. Die einzige Chance, die das Gericht hat, ist, Sie in Haft zu schicken“, so Päschke-Jensen. Eine finanzielle Wiedergutmachung der Schäden sei nicht möglich. Päschke-Jensen: „Bei Ihnen ist nichts zu holen.“

Seit März dieses Jahres sitzt der 32-Jährige (mal wieder) in der Justizvollzugsanstalt Kiel ein. 14 Monate verbüßt er dort – wegen Drogenbesitzes und der Weitergabe an Minderjährige. Das Urteil stammt von Ende 2014. Seitdem stand der Uetersener mehrmals vor Gericht. Wegen Sachbeschädigungen bekam er weitere 14 Monate, wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Unfallflucht nochmals fünf Monate. Beide Strafen bezog das Schöffengericht in sein Urteil mit ein, sodass unter dem Strich eine dreijährige Gefängnisstrafe stand.

Mit Straftaten kennt sich Alexander F. bestens aus. 26-mal hatte der Uetersener zuvor mit der Justiz Kontakt, sein Vorstrafenregister ist so lang wie ein Roman. Diesmal musste er sich wegen sechs Anklagen verantworten. Zwei davon betrafen 49 Graffiti-Schmierereien in Uetersen sowie Tornesch, die vom Ankläger als Sachbeschädigung gewertet werden. Angeklagt waren auch zwei Fälle des Diebstahls, eine Körperverletzung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Hausfriedensbruch.

Im Alkohol- und Drogenrausch eine Feier gesprengt

Letzteres betraf einen Vorfall, der sich im Vorjahr in Seestermühe abgespielt hatte. Dort soll Alexander F. im Alkohol- und Drogenrausch in eine Wohnung eingedrungen sein, die Bewohner mit dem Tode bedroht und im Anschluss eine Feier gesprengt haben, als er mit einer Flasche auf Gäste losging. „Als wir den Angeklagten auf der Straße angetroffen haben, war er stark alkoholisiert und äußerst aggressiv“, so Polizist Björn M. (27) vom Revier Elmshorn.

Weil der Angeklagte keiner Anweisung freiwillig Folge leisten wollte, seien ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt und sei ihm eine Spuckhaube übergezogen worden, um weitere Spuckattacken zu unterbinden. „Wir wollten ihn nach Pinneberg ins Gewahrsam bringen. Ich saß ihm gegenüber, als er nach mir trat.“

2,5 Promille ergab ein Atemalkoholtest bei dem Uetersener. „Ich weiß von gar nichts mehr, aber ich möchte mich dafür entschuldigen“, gab Alexander F. dem Zeugen mit auf den Weg. Ein weiterer Zeuge, mit dem der Angeklagte in der Obdachlosenunterkunft ein Zimmer teilte und den er dort vermöbelt haben soll, erschien trotz Vorladung nicht vor Gericht. Daraufhin stellte das Gericht das Verfahren in diesem Punkt ein. Auch ein Diebstahl von sechs Computerspielen floss nicht in das Urteil ein, weil der 32-Jährige schnell ermittelt werden konnte und das Diebesgut zurückgab.

Einen Großteil der Sachbeschädigungen hatte Alexander F. eingeräumt. „Das spricht für den Angeklagten“, so Staatsanwalt Peter Müller-Rakow. Weitere Dinge, die sich zugunsten des 32-Jährigen auswirken, habe er nicht gefunden. Und selbst Verteidiger Torben Schneider betonte: „Auch mir ist klar, dass bei diesem Angeklagten keine Rede von einer Bewährungsstrafe sein kann.“