Pinneberg. Eine neue Dauerleihgabe an das Pinneberger Stadtmuseum zeigt anschaulich die Anfänge der Hilfsmotoren für die Drahtesel.

Das Fahrrad ist in einem Topzustand. Die verchromten Teile sind blitzeblank poliert. Der schwarze Benzintank ist erst vor Kurzem neu lackiert worden. Und der ILO-Motor, der unten an der Fahrradgabel befestigt ist, funktioniert noch. Horst Sedlacek hat sein Fahrrad, das er 1950 als 20-Jähriger gekauft hat, gut in Schuss gehalten. Sehr zur Freude des Pinneberg Museums, denn das Rad mit Motor ist nun Teil der Dauerausstellung im ersten Stock.

Der Motor, ein Zweitaktverbrennungsmotor, ist damit gewissermaßen wieder heimgekehrt. Er wurde 1950 im ILO-Motorenwerk in Pinneberg gebaut. Horst Sedlacek fand ihn zwei Jahre später in einem Schaufenster in Hamburg und griff zu. „Ich war schon vorher auf der Suche, aber der war nirgendwo zu bekommen“, erinnert sich Sedlacek.

Dirk Hilmer kümmert sich ehrenamtlich um die Motorensammlung des Museums
Dirk Hilmer kümmert sich ehrenamtlich um die Motorensammlung des Museums © HA | Mirjam Rüscher

254 D-Mark musste er für den Motor zahlen, das Fahrrad hatte 230 D-Mark gekostet. Angebaut hat der heute 87-Jährige Motor, Tank und Gestänge selbst. Die Mühe hat sich gelohnt. „Ich bin damit etwa 18.000 bis 20.000 Kilometer gefahren“, sagt Sedlacek.

Der Fahrradmotor Typ F48 war nicht der erste seiner Art. Bereits ab 1926 baute man mit dem F60 einen Fahrradmotor, der sich großer Beliebtheit erfreute. „Er wurde bis 1950 tausendfach gebaut, ab dann ging der F48 in Produktion“, sagt Dirk Hilmer, der sich ehrenamtlich um die ILO-Motoren im Museum kümmert.

Es habe damals zwei große Firmen in Deutschland gegeben, die Ein- und Anbaumotoren entwickelten, eine davon war das ILO-Werk in Pinneberg. „Mobilität war nach dem Krieg sehr wichtig. Es gab einen regelrechten Boom der Zweiräder insgesamt“, sagt Hilmer. Der Motor aus dem ILO-Werk in Pinneberg wurde zur Erfolgsgeschichte.

40 Kilo wiegen Fahrrad und Motor zusammen

„Die Fahrräder zogen durch den Verbrennungsmotor blaue Fahnen hinter sich her“, beschreibt Sedlacek. Und einen weiteren Nachteil hatte das Rad mit Hilfsmotor: das Gewicht. Etwa 40 Kilogramm wiegen Fahrrad und Motor zusammen. „Wir hatten in unserem Haus damals keinen Platz im Keller. Dafür aber auch dem Dachboden. Jahrelang musste ich das Rad aus dem vierten Stock herunter und wieder hoch schleppen, wenn ich fahren wollte“, erinnert sich Sedlacek.

Ausstellung

Die Sonderausstellung „Keine wahre Liebesgeschichte – Wilhelmine und Friedrich 1844 bis 1849“ ist noch bis zum 10. Februar 2018 im Pinneberg Museum zu sehen.

Grundlage der Schau ist ein Konvolut von alten Liebesbriefen. Vor dem Hintergrund einer fiktiven Liebesgeschichte erzählt die Ausstellung vom Leben und den Entwicklungen in dieser Zeit.

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Ein Bericht im NDR hat ihn auf das Pinneberg Museum aufmerksam gemacht. Sedlacek schaute sich die Ausstellung an und entdeckte den Motor, den er am Fahrrad hat, unter den Ausstellungsstücken. „Ich habe gesagt, ich hätte so einen noch zu Hause, und ob sie Interesse daran hätten“, sagt er. Leiterin Ina Duggen-Below hatte es.

Die Präsentation eines Fahrrads mit ILO-Reibrollenmotor 1950 in Pinneberg
Die Präsentation eines Fahrrads mit ILO-Reibrollenmotor 1950 in Pinneberg © HA | Mirjam Rüscher

Erste Fans hat die neue Dauerleihgabe schon gefunden. „Die Aufsicht wurde angewiesen, genau aufzupassen. Zwei ältere Herren habe ich schon ertappt“, sagt Ina Duggen-Below. Das Fahrzeug wecke eben Begehrlichkeiten bei den Besuchern. Das Fahrrad und der Motor seien in Zeiten des E-Bikes kaum noch etwas wert, außer natürlich für Sammler. „Vor allem wegen des Topzustands“, so Duggen-Below.

Schon auf dem Weg ins Museum hat das Rad für Aufsehen gesorgt. Dirk Hilmer hat es mit der S-Bahn von Neugraben hergebracht, natürlich habe er geschoben. „Im Drosteipark wurde ich gleich mehrfach angesprochen“, sagt Hilmer. ILO-Motoren seien in Pinneberg nun mal bekannt, immerhin hat das Werk die Stadtgeschichte bis 1990 fast 80 Jahre lang geprägt.

Eine Besichtigung der ILO-Ausstellung ist nach vorheriger telefonischer Anmeldung unter 04101/20 74 65 möglich.