Elmshorn. Bier selbst zu machen liegt im Trend. Lutz Dinklage und Thomas Pollum bringen ihr Craft Beer jetzt sogar in den Einzelhandel.

In heimischen Küchen gärt es. Immer mehr Menschen im Kreis Pinneberg begeistern sich für das Selbstbrauen. Auch Lutz Dinklage (43) und Thomas Pollum (42) aus Elmshorn stellen ihr eigenes Craft Beer her – und das kommt nun in den Handel.

Craft Beer – das steht für hopfen- beziehungsweise malzbetonte, aromaintensive, individuelle Biere, die von Experimentierfreude und Regionalität geprägt sind. „Wir brauen seit Jahren für den Hausgebrauch“, sagt Dinklage. Auf Partys boten sie das Bier auch Freunden und Bekannten an. Das zog immer größere Kreise. „Irgendwann fragten uns Fremde, wo sie denn unser Bier kaufen könnten“, sagt Pollum. Aus einer Bierlaune heraus beschlossen sie, im Oktober 2016 ein Gewerbe anzumelden.

Seitdem sind die beiden Freunde auf Erfolgskurs. Vier Standardbiere haben sie bislang unter der Marke Brewing Pack im Sortiment. Sie brauen IPA, Stout, Pilsener, Pale Ale. Edeka Hayunga in Elmshorn bietet vom 18. November an zunächst ihr Elmshorner Blondes mit Mütze an, mit Rewe ist ein Vertrag geschlossen, und mit Famila laufen Gespräche, so die beiden Männer. Und im Irish Pub Broderick kommt das handgemachte Bier aus dem Fass vom Zapfhahn.

Noch gehen sie ihren regulären Jobs als Ingenieur in der Autoindustrie und als Vertriebsleiter für Software nach. „Richtig gewinnstrebend sind wir mit unseren Bieren noch nicht, aber wir wachsen“, sagt Dinklage. In nicht allzu ferner Zukunft möchten sie vom Brauen leben können. „Der Spaß steht aber im Vordergrund.“

In Elmshorn etabliert sich eine Hobbybrauerszene

Die englische Bezeichnung Craft Beer ist von den USA über England und Skandinavien nach Deutschland herübergeschwappt und wird hierzulande umgangssprachlich für aromaintensive Biere und besondere Bierspezialitäten verwendet. In Pinneberg kredenzt der Prisdorfer Marco Hurtig (43) in der Hamburg Holsteinischen Bierbotschaft seinen eigenen Gerstensaft. Anlässlich des Jubiläums „250 Jahre Drostei“ entwarf er sogar ein Festbier. Auch in Elmshorn gebe es eine rege Hobbybrauerszene, versichern Pollum und Dinklage. Es komme zu regelmäßigen Treffen. Das Brauhandwerk erfährt eine Renaissance.

Mit acht Gründungen entstand 2016 die Hälfte der neuen Brauereien in Hamburg und Schleswig-Holstein, so das Statistische Bundesamt. Mit rund 6000 verschiedenen Biermarken aus mehr als 1400 Brauereien zeichnet sich Deutschland durch eine enorme Biervielfalt aus.

Dem Trend zu immer mehr kleinen Spezialitätenbrauereien steht der abnehmende Bierverbrauch gegenüber. Die Deutschen trinken mit 72 Millionen Hektolitern – ein Minus von 3,1 Prozent zum Vorjahr – so wenig wie nie. Aber wenn sie es tun, greifen sie offensichtlich gern zum Selbstgebrauten. „Die Industrie hat den Craft-Beer-Trend verpennt“, sagt Pollum. Nun kaufte sie nach und nach die Mini-Brauereien auf.

Hopfen aus Neuseeland und den USA sorgt für Aroma

Mit ihrem Craft Beer besetzten sie eine Nische für Leute, die auf Geschmack stehen, sagt Dinklage. Die finden sich auch unter Weinkennern. „Wir haben unsere Biere beim verkaufsoffenen Sonntag vorgestellt und hörten von einigen Passanten, sie würden lieber Wein trinken“, sagt er. Das habe sich geändert, als die Menschen das Craft Beer zunächst gerochen und dann probiert hätten. Auf der Weinmesse AsinoVino am Sonnabend in der Vinothek am Grauen Esel in Elmshorn wollen sie weitere Weinliebhaber überzeugen.

In ihrer kleinen Braustube – ein Anbau an ein Einfamilienhaus an der Langelohe – wird das Malz frisch geschrotet, dann im Wasser bei verschiedenen Temperaturstufen erhitzt. Dabei wird Stärke in Zucker umgewandelt. Die Maische muss ständig mit einem Maischpaddel verrührt werden. Später, beim Läutern, werden die ungelösten von den flüssigen Bestandteilen getrennt. Durch diesen Filterprozess entsteht die sogenannte Würze im Bier. Die nach dem Läutern gewonnene Würze muss nun gekocht werden. Zur gekühlten Würze wird Hefe hinzugegeben. Dann kommt es auf das Lüften an. Etwa eine Woche muss das Bier gären. Nicht umsonst bedeutet „Craft“ Handwerk.

Von Weinmesse bis Braukurs – hier gibt es Craft Beer

The Brewing Pack ist am Sonnabend, 11. November, von 11 - 19 Uhr auf der Weinmesse AsinoVino – veranstaltet von der Vinothek am Grauen Esel in Elmshorn – vertreten. Tickets 10 Euro nur im Vorverkauf direkt in der Vinothek am Grauen Esel, Ramskamp 70. Eine Abendkasse ist nicht vorgesehen.

Verschiedene Craft-Biere zu einem Vier-Gänge-Menü werden auch Elmshorner Restaurant Mercator, Hafenstraße 16, am 24. Februar 2018 serviert. Tickets kosten 69 Euro. Reservierungen: 04121/636 38.

Wer lernen möchte, sein eigenes Bier zu brauen, kann bei Brewing Pack für 129 Euro Kurse auf der Homepage unter www.brewingpack.com buchen (zehn Stunden).

Elmshorner Craft Beer von Brewing Pack gibt`s frisch gezapft vom Fass zu Live-Musik und hausgemachten Burgern aus regionalen Zutaten im Irish-Pub Broderick Elmshorn, Königstr. 3.

Verkostungsabende und Braukurse bietet auch Bierbotschafter Marco Hurtig von der Hamburg Holsteinischen Bierbotschaft in Pinneberg an.

Veranstaltungen werden nach Wunsch individuell zusammengestellt, daher Preis auf Anfrage. Buchungen sind möglich unter www.bierbotschaft-hhsh.de.

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Vom Abfüllen über das Verkorken bis hin zum Etikettdesign machen die beiden Elmshorner alles selbst. Ihr Wissen geben die Brauer auch in Seminaren weiter. „Biermachen ist wie Kochen“, sagt Pollum. Jedes Malz gibt eine andere Färbung, der Hopfen sorgt für das besondere Aroma. Durch Experimentieren kitzeln sie ihre Favoriten heraus.

„Während die Industrie auf Hopfenkonzentrat zurückgreift, setzen wir Hopfen aus Deutschland, Neuseeland, den USA ein“, sagt Dinklage. Der wird in einem großen Sieb in das abgekühlte Gebräu getaucht, um möglichst viele Aromaöle zu erhalten. Das macht sich auch im Preis bemerkbar. Eine 0,3-Liter-Flasche der Marke Brewing Pack kostet 2,99 Euro.