Altenpfleger, Fahrlehrer, Taxifahrer – Was sie erleben, erzählen wir in unserer Serie „Auf Achse“. Heute: Straßenwachtmeister Timo Hein

Es ist kurz vor 8 Uhr, und Timo Hein steht zum Dienstbeginn mit seinem gelben ADAC-Auto am Pinneberger Bahnhof. Es regnet, die Menschen hasten mit Regenschirmen über den Bahnhofsvorplatz. Doch das schlechte Wetter macht dem Pannenhelfer aus Elmshorn keine schlechte Laune. Sowieso kennt er in seinem Berufsalltag keine Missstimmung. „Man hat immer einen schönen Tag“, sagt Hein. Der 41-Jährige sitzt in seinem Wagen und wartet auf den ersten Auftrag. Was ihn erwartet, das weiß der Elmshorner nicht. Jeder Tag ist für ihn wie eine Überraschungstüte. „Ich finde es wirklich spannend“, sagt er. „Ich weiß nicht, wo ich hinfahre und was als nächstes kommt.“

7.57 Uhr. Das Display, das am Armaturbrett angebracht ist, leuchtet auf. Der erste Auftrag für heute ist eingegangen. Im Kreisgebiet ist gerade nichts zu tun, für Timo Hein geht es als erstes Richtung Itzehoe, genauer gesagt nach Lägerdorf. Dort hat ein Autofahrer einen Platten. Diese Informationen bekommt Hein über das Display im Vorfeld zugespielt. Ein Disponent hat bereits mit dem Kunden telefoniert und leitet wichtige Informationen wie Standort, Art der Panne, Automarke, -farbe, und -kennzeichen an ihn weiter.

© Sarah Stolten | Sarah Stolten

Hein gibt die Adresse in das Navigationssystem ein und fährt auf die A 23. „Wir wollen innerhalb einer Stunde vor Ort sein“, sagt der ADAC-Mitarbeiter. Das gesetzte Ziel schafft er – 26 Minuten später erreicht er den Zielpunkt. Auf einem Parkplatz, unweit der Autobahn, wartet der Autofahrer in Regenjacke auf die Hilfe des gelben Engels. Der Mann mit der Panne, Andreas Bath, war gerade auf einem Rastplatz, als er bemerkte, dass er in eine Schraube reingefahren ist. „Ich habe sie rausgezogen“, sagt der Schädlingsbekämpfer aus Hamburg. „Unterwegs bemerkte ich dann, wie es zischte und ich einen Platten hatte.“

Ausgerechnet heute ist Andreas Bath mit einem Leihwagen unterwegs und hat keinen Ersatzreifen mit. Für Timo Hein ist das kein Problem. In seinem ADAC-Wagen hat er alles dabei, um Hilfe leisten zu können. „Ich drücke einen Flicken in den Reifen“, sagt der Profi. „Im Anschluss pumpe ich ihn wieder auf.“ Keine 15 Minuten später hat Hein seinen ersten Auftrag des Tages erledigt. Der Kunde ist glücklich und kann seine Fahrt fortsetzen.

Timo Hein (41) ist Straßenwachtfahrer und arbeitet seit über fünf Jahren beim ADAC
Timo Hein (41) ist Straßenwachtfahrer und arbeitet seit über fünf Jahren beim ADAC © Sarah Stolten | Sarah Stolten

Langeweile kommt für Timo Hein nicht auf. Kaum im Wagen, wartet schon der nächste Auftrag auf den Pannenhelfer. Dieses Mal in Seestermühe. Landwirtin Heike Hell hat ein Problem mit dem Wagen ihres Mannes: Die Feststellbremse will sich nicht lösen. Doch kaum sitzt der Pannenhelfer in Hells Auto, rollt die Karre wieder. Typischer Vorführeffekt. „Es scheint ein sporadischer Fehler zu sein“, vermutet Timo Hein. „Etwas mit dem Stellmotor.“

Zur Sicherheit schaut sich der Elmshorner das Auto des ADAC-Mitglieds noch einmal von unten an. Doch eine Diagnose kann er nicht stellen. Am Weg in die Werkstatt führt nichts vorbei. Die 56-Jährige ist trotzdem dankbar für die Hilfe. „Vor Jahren waren wir mal auf Sylt und wollten aus einem Parkhaus fahren, da ist das Auto ausgegangen. Und selbst dort hat es mit dem Service geklappt.“ Bis 14 Uhr hat Hein drei weitere Aufträge erledigt. Acht Stunden dauert sein Arbeitstag.

Mehr als 215.600 Kilometer absolviert

Mehr als 215.600 Kilometer hat Timo Hein bis jetzt als Straßenwachtmeister, so seine offizielle Berufsbezeichnung, für den Automobilclub zurückgelegt. Sein Einsatzgebiet: der Kreis Pinneberg. Er fährt aber auch mal weiter gen Norden bis St. Peter-Ording oder in die andere Richtung bis Hamburg-Eidelstedt. Je nachdem, wo Hilfe benötigt wird und wie viele Pannenhelfer im Einsatz sind. „Mein oberstes Ziel ist es, dass die Leute mit dem Wagen noch in die nächste Werkstatt fahren können“, so der 41-Jährige. Um das zu schaffen, fährt er eine halbe Werkstattausrüstung mit sich herum. Ob Bunsenbrenner, Zündkerzen, Feuerlöscher, Schrauben, Kühlmittelschläuche, Glühlampe oder Batterien, er will immer gewappnet sein. „Man muss viel improvisieren, versuchen zu flicken oder zusammenzubauen.“ Kommt es tatsächlich mal vor, dass der Pannenhelfer keine Lösung weiß, ruft er einen Abschleppwagen.

Zehn Mal täglich

Der Kreis Pinneberg gehört zu den ADAC-Regionalclubs Hansa und Schleswig-Holstein. Im Kreisgebiet gibt es täglich etwa zehn Pannenhilfen, in ganz Schleswig-Holstein etwa 385.

Die Anzahl der Pannen sind stark von externen Einflüssen wie dem Wetter oder Ferienbeginn abhängig. In Schleswig-Holstein sind 56 Straßenwachtfahrer im Einsatz.

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Bevor Timo Hein anfing für den ADAC zu arbeiten, hat er bei einem Autohaus in der Werkstatt gearbeitet und sich später als Servicetechniker weitergebildet. „Das hat mir unheimlich Spaß gemacht, ich wollte gar nicht zurück in die Werkstatt“, sagt Timo Hein. Der 41-Jährige brennt für seinen Job als Pannenhelfer. „Es gibt fast keinen schöneren Beruf. Die Leute freuen sich, sobald man auftaucht, sie sind dankbar und müssen meistens kein Geld für den Service zahlen.“

Als Pannenhelfer kann er noch richtig an den Autos basteln und flicken. „In der Werkstatt wird ja fast nur noch ausgetauscht.“ Hein ist gern in Kundenkontakt. „Man ist gut angesehen“, sagt der Pannenhelfer. Besonders bei Kindern. „Deren Augen leucht immer ganz besonders.“

Im nächsten Teil unserer Serie „Auf Achse“ begleiten wir Uetersener Polizisten bei nächtlichen Einsätzen im Kreis Pinneberg und beobachten Kontrollen bei Streifenfahrten im Revier.