Uetersen. Klientelpolitik: Die Kaufleute kritisieren die Entscheidung der Politik. Frust und Sorge über abwandernde Kundschaft.

Die Kritik an der Entscheidung von CDU und Grünen, das städtische Parkpalettenareal an der Klosterkoppel ans Hamburger Planungsbüro Betzler zu veräußern, hält an. Inzwischen werden Vorwürfe von Kaufleuten laut, dass insbesondere die Grünen mit ihrer Entscheidung zugunsten des Wohnungsbauprojektes den am Gerberplatz beheimateten Edeka-Markt sowie Kaufland vor unliebsamer Konkurrenz schützen wollten. Die Grünen weisen den Vorwurf als falsch zurück.

Der Frust ist bei Kaufleuten in der Fußgängerzone spürbar. „Wir merken eklatant den Kundenschwund in der Fußgängerzone“, klagt Gela von Lyncker, Inhaberin der Uetersener Rathausapotheke. Seit der Schließung des Rewe-Marktes sei die Fußgängerzone so gut wie ausgestorben, die Kundschaft bleibe zunehmend aus. „Es ist ein riesiger Unterschied zu der Zeit, bevor der Rewe zugemacht hat. Wir brauchen hier einen Frequenzbringer, und der einzige Frequenzbringer für die Fußgängerzone ist ein Supermarkt“, sagt von Lyncker. Das hätten die Einzelhandelsgutachten für die Stadt deutlich gezeigt. Die Stadtverwaltung habe entsprechend die Ansiedlung eines Supermarktkomplexes an der Klosterkoppel befürwortet.

Kaufkraft wandert nach Elmshorn und Tornesch ab

Dass sich die Ratsmehrheit jedoch entgegen der Gutachten und der Stadtverwaltung positioniere, verwundert viele Kaufleute in Uetersen. Man habe nicht über die Konsequenzen nachgedacht, so der Tenor. Denn nicht nur Uetersener Kundschaft bleibe fern, auch Kunden aus Richtung Neuendeich oder Klein Nordende orientierten sich anders. Die Kaufkraft wandere in Richtung Moorrege, Elmshorn und Tornesch ab.

Andreas Hinrich, Vorsitzender der Kaufmannsvertretung IHG Uetersen, sieht das sehr ähnlich. „Es gibt inzwischen eine starke Markentreue bei Kunden. Das hat weitreichende Auswirkungen“, sagt er. Nur weil es den Rewe an der Fußgängerzone nicht mehr gebe, bedeute dies nicht, dass die Kunden künftig zur Konkurrenz von Famila, Edeka, Aldi oder Lidl wechselten. Das Gegenteil sei der Fall. Anstatt zur Konkurrenz zu gehen, würden viele Kunden zu einem anderen Rewe fahren, notfalls bis nach Elmshorn.

Da sich bereits im Januar Famila-Chef Christian Lahrtz und Uetersens Edeka-Chef Horst Ermeling gegen einen großen Rewe-Markt an der Klosterkoppel positioniert und ihrerseits Existenzängste ins Spiel gebracht hatten, wird nun vermutet, dass insbesondere die Grünen die beiden Einzelhändler am Gerberplatz mit der Verkaufsentscheidung vor mächtiger Konkurrenz schützen wollten. Das weisen die Grünen-Politiker Thorsten Berndt und Bernd Möbius strikt von sich.

Grüne sprechen von einer Entscheidung für Wohnraum

„Das war für uns nie ein Aspekt“, sagt Fraktionschef Berndt. „Uns geht es darum, dass wir keine zwei Flachbauten dort hinstellen wollen. Wir sollen etwas schaffen, was Uetersen städtebaulich weiterentwickelt“, sagt er. Für die Grünen war von Anfang an klar, dass dringend Wohnungen benötigt würde, insbesondere geförderter Wohnraum. „Der Bedarf ist da. Und dem tragen wir mit der Entscheidung für das Betzler-Konzept Rechnung“, so Ratsherr Möbius.

Dass es während einer Bauphase zu weiteren Problemen für die Fußgängerzone kommen könne, wollen die Grünen-Politiker nicht ausschließen. Es sei weder klar, wie lange der Bau des ambitionierten Wohnprojektes an der Klosterkoppel dauern werde, noch wie die Parkplatzsituation zwischenzeitlich geregelt werden soll. „Hier wird man sich weiter Gedanken machen müssen“, gibt Berndt zu. Es sei aber nicht so, dass es keine Optionen für die Stadt gebe. So habe die Stadt den Auftrag, zu prüfen, ob ein Ausweichparkplatz am Stichhafen eingerichtet werden könnte. „Das ist nicht abwegig. Jedem normalen Bürger ist es zuzumuten, während einer Bauphase drei Minuten länger zu Fuß in die Stadt zu gehen“, so Möbius. Außerdem werde ein Neubau an der Klosterkoppel in mehreren Abschnitten erfolgen. Auch hier sei ein moderiertes Parkplatzmanagement theoretisch machbar.