Pinneberg. Altenpfleger, Fahrlehrer, Pannenhelfer – sie und viele andere sind täglich viele Kilometer beruflich unterwegs. Heute: Taxifahrer Peter Ludwig Pape aus Pinneberg
Auf die Minute pünktlich hält Peter Ludwig Pape in der Saarlandstraße. Der Pinneberger (66) ist seit 45 Jahren Taxifahrer, seit 1979 selbstständig. Im Jahr legt er gut 50.000 Kilometer mit seinem 200er-Diesel zurück und kann sich seine Zeit oft selber einteilen, weil er viele Stammkunden im Kreis Pinneberg befördert. Wie jetzt Franziska Löwe, die Pape einmal die Woche zur medizinischen Untersuchung ins Universitätskrankenhaus Eppendorf fährt und wieder dort abholt.
„Ich fahre nicht nach Navi, das brauche ich nicht“
Dabei erweist sich der erfahrene Taxifahrer als gut gelaunter, sachkundiger Gesprächspartner. „Wir reden auf der Fahrt über Gott und die Welt, wie zum Beispiel die richtige Ernährung“, erzählt die 30-Jährige, die nicht mit Bahn und Bus fahren darf, weil sie sich dort wegen ihres schwachen Immunsystems schnell anstecken könnte. Da habe sich im Laufe der Zeit eine richtige persönliche Beziehung aufgebaut. „Ich bin froh, dass ich Herrn Pape als Taxifahrer habe.“ Bestimmt auch, weil Pape wohl jeden Schleichweg zwischen Elmshorn und Hamburg kennt. Als sich auf der A 23, wie jeden Morgen, bei Eidelstedt der Verkehrsstau bildet, fährt er runter von der Autobahn, biegt sogleich zum Niendorfer Gehege ab. Jetzt geht es durch kleinste Wohnstraßen quer durch Lok-stedt nach Eppendorf. „Ich fahre nicht nach Navi“, sagt Pape. „Das brauche ich nicht.“ In 36 Minuten ist er so beinahe in Rekordzeit beim UKE angekommen. 39 Euro kostet die Fahrt, die er mit der Krankenkasse verrechnet.
„Mir macht das Taxifahren unheimlich viel Spaß“, sagt Pape, der Speditionskaufmann gelernt hat. Da hätte er aber viel im Ausland arbeiten sollen. „Ich wollte lieber hier bei der Familie bleiben“, begründet er seinen Berufswechsel zum Taxifahrer, den er bis heute nicht bereut hat. Mit seinen zwei erwachsenen Kindern habe er darum heute ein sehr inniges Verhältnis, sagt Pape – und schimpft plötzlich über einen Radfahrer, der ihm die Vorfahrt nimmt und zum abrupten Bremsen zwingt. Manche Radfahrer seien offenbar lebensmüde, wundert sich der Taxifahrer, der sonst ruhig und gelassen bleibt. „Wenn wir Autofahrer uns so verkehrswidrig wie viele Radfahrer verhalten würden, gäbe es keine Fußgänger und Radfahrer mehr.“
Pape gehört seit vielen Jahren der Taxi-Union in Pinneberg an, der sich
13 selbstständige Taxifahrer mit insgesamt 14 Fahrzeugen angeschlossen haben. Einen Aushilfsfahrer, den er früher mal beschäftigt habe, könne er sich nicht mehr leisten, sagt Pape. Die Tarifordnung, die zuletzt vor einem Jahr angepasst wurde, sollte höher sein. Zwei Fahrer der Taxi-Union hätten in jüngster Zeit aufgegeben, erzählt er.
Sein erstes Taxi habe in den 1970er- Jahren 15.000 Mark gekostet. 2011 kaufte er seinen heutigen Benz für 40.000 Euro, der jetzt 270.000 Kilometer runter hat. „Das ist fast eine Verfünffachung des Kaufpreises.“ Der Taxitarif sei dagegen nur von einer Mark je Kilometer auf jetzt 1,75 Euro gestiegen (siehe Info-Kasten). Die Einnahmen seien aber auskömmlich.
Pape arbeitet in der Regel montags bis freitags von 7 bis 16 Uhr und ist „zu 80 Prozent ausgelastet“. Bis zu zehn Fahrten nach Hamburg und quer durch den ganzen Kreis Pinneberg seien das am Tag. Das Wochenende hält er sich heute für die Familie frei. Auch abends und nachts fährt er kaum noch.
Das war in seiner Anfangszeit als Taxifahrer noch ganz anders. Da hat er öfter Kundschaft gehabt, die er zur Reeperbahn nach Hamburg fahren sollte. Ein Kunde wollte partout nicht zahlen. Den habe er dann auf die Davidswache begleitet, wo der sein blaues Wunder erlebte. Die Polizeibeamten sorgten dafür, dass Pape von dem angetrunkenen Mann das Geld bekam, der gleich noch in Arrest genommen wurde. Doch solche Erlebnisse seien im Laufe der vielen Jahre eher selten gewesen, erzählt Pape. Da habe er wohl auch viel Glück gehabt.
Verzweifelte Frau vor Sprung von der Hochbrücke bewahrt
Einmal erwies Pape sich als echter Glücksbringer. Nachts um drei sah er, wie eine einsame Frau auf der Pinneberger Hochbrücke stand und offenbar vorhatte, herunterzuspringen. Pape hielt an, stieg aus und beruhigte die verzweifelte Frau, die Liebeskummer hatte. Schließlich fuhr er sie nach Hause und trank noch einen Kaffee mit ihr, bevor er sich wieder auf seine Tour machte. Taxifahrer sind für manche Menschen in bestimmten Situationen halt auch Seelsorger.
Pape ist ganz bei sich, spricht ruhig und fährt auch so. Sein Schwiegervater hat ihm vor 15 Jahren aus Fernost eine Buddha-Figur mitgebracht – als Glücksbringer. Die ziert jetzt sein Armaturenbrett und bewahrt ihn vielleicht vor Unfällen. Der letzte liege schon Jahrzehnte zurück, sagt Pape.
Inzwischen ist er wieder in Pinneberg angekommen. Jetzt ist er für den nächsten Fahrgast bereit, der ihm über die Hansa-Funkzentrale gemeldet wird, der sich die Taxi-Union Pinneberg aus Kostengründen angeschlossen hat.
Wer im Pinneberger Raum ein Taxi bestellt, wird über den Hansa-Funk an die Taxi-Union weiter vermittelt. Technisch sei diese Rufumleitung durch eine Software aus Österreich möglich. Pape: „Wir sparen uns so sehr viel Personalkosten für Mitarbeiter in der Zentrale, die sonst rund um die Uhr im Einsatz sein müssten.“
Zwei Jahre will er noch fahren. Dann geht auch seine Frau in Rente, und er will aufhören. „Die Arbeitswelt ist heute so stressig geworden.“ Vom vielen Autofahren bereitet seine Hüfte ihm Schmerzen, erzählt Pape. Darum könne er seinen Kunden auch nicht mehr das Gepäck tragen und die Türen aufhalten. „Das wird aber auch akzeptiert.“
Im nächsten Teil unserer Serie „Auf Achse“ begleiten wir einen ADAC-Pannenhelfer auf den Straßen des Kreises Pinneberg.