Uetersen. Scharfe Kritik an Wirtschaftspolitik in Uetersen. Hängepartie zur Zukunft des Parkpalettenareals schädige den Einzelhandel im Zentrum
Fußgänger flanieren durch die Uetersener Fußgängerzone, shoppen, reden miteinander, trinken Kaffee. Uetersens Händler fürchten, dass dieses Bild schon bald aus dem Alltag verschwinden könnte. Denn die Zukunft des angrenzenden städtischen Parkpalettenareals an der Uetersener Klosterkoppel bereitet ihnen Sorge.
Fußgängerzone braucht einen Publikumsmagneten
Seit Jahresbeginn diskutieren Uetersens Parteien über die Zukunft des Areals – ohne vorzeigbares Ergebnis. Manch einer fürchtet daher, dass die Entwicklung des Areals zu einer endlosen Geschichte werden könnte. „Es muss schnell eine Entscheidung her, wie immer sie aussehen mag“, sagt Andreas Hinrich, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Handel und Gewerbe IHG Uetersen. Seine Meinung teilen viele Kaufleute in der Rosenstadt.
Mit großer Skepsis sehen die Uetersener Kaufleute die städtische Wirtschaftspolitik. „Alle Gutachten besagen, dass die Innenstadt einen Anker, einen Publikumsmagneten für die Fußgängerzone braucht“, sagt Hinrich. Das Konzept des Investors May & Co., das den Bau eines Rewe- und eines Pennymarktes bei der Fuzo vorsah, wäre ein solcher Anker. Es wird daher von Seiten der Kaufleute als sinnvollstes Konzept angesehen. Auch die von der SPD befürwortete Planung, die einen Rewe-Markt in Kombination mit Wohnungen vorsieht, wird als tragbar eingeschätzt.
Doch CDU und Grüne haben beiden Projekten den Laufpass gegeben und dafür das Wohnungsbauprojekt des Planungsbüros Betzler GmbH aus Hamburg, das bis Anfang Februar als Betzler Development firmierte, befürwortet. Für die Kaufleute ist das unverständlich. Es sei das mit Abstand unattraktivste Projekt. Es bringe viele Fragezeichen mit sich, dafür aber keinen Supermarkt oder anderen Publikums-magneten. Und dass ausgerechnet jenes Modell aus Wohnen, öffentlichen Einrichtungen und kleinteiligem Gewerbe bislang den Vorzug bekommen hat, sorgt für Kopfschütteln.
Weitere Beratung
Eine Bücherei könnte an dem Klosterkoppelareal eventuell einziehen, heißt es, auch eine Kita und die VHS. Das alles seien aber keine Frequenzbringer, urteilen Hinrich, Altverleger Lebrecht von Ziehlberg und Thorsten Vietheer von der Lavorenz GmbH unisono. „Ein Problem ist auch, dass das Betzler-Konzept inzwischen viele Wünsche aus der Politik zusätzlich berücksichtigen soll. Es ist nicht sicher, dass sich diese auch umsetzen lassen“, sagt Ziehlberg. Das Betzler-Projekt sei schon jetzt ein verwässertes Konzept geworden, ein „wünsch-dir-was“. Auch bei der Bauplanung sei noch vieles unklar. Wegen des Bodens werde eine aufwendige Pfahlgründung notwendig sein. Der erste Entwurf sah dies nicht vor. Die Baukosten würden also steigen.
Von Ziehlberg schätzt, dass die Bausumme von 15 Millionen auf 20 Millionen Euro hochschnellen könnte. Die Folge: Die Wohnungen, die später verkauft werden sollen, würden teurer werden und damit unattraktiver, insbesondere im Vergleich zu anderen Städten im Kreis.
Schwarz-grüne Pläne stoßen auf Ablehnung
Es sei, so Ziehlberg, durchaus denkbar, dass Betzler am Ende einen Rückzieher mache, weil sich das Projekt aufgrund der vielen Forderungen nicht wie geplant umsetzen lasse. Dass sich in solch einem Fall ein anderer Investor auf das Areal stürzen werde, sei eher unwahrscheinlich. „Sollte das Projekt scheitern, wäre das ein ganz schlechtes Signal nach draußen“, urteilt Hinrich.
Aber nicht nur die Baukosten sorgen für Stirnrunzeln. „Für uns Kaufleute ist vor allem die Parkplatzsituation ein Problem, denn es wurden nicht genügend Parkplätze für Kunden und Anwohner eingeplant“, sagt Vietheer. Sollten die Abrissbagger kommen und die Parkpalette niederreißen, dann stünde Uetersen jahrelang vor einem enormen Parkplatzproblem. Wie dem begegnet werden solle, dazu schweige die Politik bislang. „Es wird auch laut werden, wenn hier gebaut wird“, sagt Vietheer. Fünf Jahre lang Baustellenlärm an der Fußgängerzone bei fehlenden Parkplätzen – fatal sei das, urteilt der Uetersener.
Hinrich kann auch mit der Argumentation von CDU und Grünen nichts anfangen, dass kleinteilige Geschäfte zwecks Belebung der Innenstadt geschaffen werden. Freie Flächen für kleinere Geschäfte, so der IHG-Vorsitzende, habe es in der Vergangenheit immer gegeben. Es werde von der Politik ein Angebot geschaffen, für das keine Nachfrage bestehe. Für das Leerstandsmanagement der Stadt sei das Betzler-Projekt eher kontraproduktiv, so sein Fazit.
„Wir wissen auch gar nicht, ob Betzler solch ein Projekt, wie es der Politik vorschwebt, überhaupt stemmen kann. Wir kennen keine Referenzprojekte von Betzler in dieser Größenordnung“, sagt Hinrich. Auch das bereite Sorgen.