Bönningstedt. Familie Gaspar in Bönningstedt hat ihr Haus durch den Orkan “Xavier“ verloren und ist jetzt auf die Hilfe anderer angewiesen.

Die ersten Tage hat sie nur geheult. Aus Verzweiflung und weil sie sich so ohnmächtig gefühlt hat, erzählt Diana Gaspar und ist wieder den Tränen nahe. Das Sturmtief "Xavier" hat sie und ihre Familie mit zwei kleinen Kindern und einem Hund plötzlich obdachlos gemacht. Die große, dicke, „kerngesunde“ Eiche in ihrem Garten am Hohenloher Ring ist aufs Haus gekracht und hat es wegen Einsturzgefahr unbewohnbar gemacht.

Wie das Loch in der Decke des Kinderzimmers zeigt, stürzte die Eiche bis auf den Boden des Kinderzimmers, in dem sich zum Glück niemand aufhielt. Die größten Holzstücke sind weggeräumt, Eichenblätter zeugen von dem Unglück
Wie das Loch in der Decke des Kinderzimmers zeigt, stürzte die Eiche bis auf den Boden des Kinderzimmers, in dem sich zum Glück niemand aufhielt. Die größten Holzstücke sind weggeräumt, Eichenblätter zeugen von dem Unglück © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Nun muss sich die Familie um eine Bleibe kümmern und mit Versicherungen und Handwerksbetrieben auseinandersetzen. „Das ist alles so schrecklich. Ich bin fast Amok gelaufen. Das wünscht man seinem ärgsten Feind nicht“, sagt die junge Mutter, lehnt sich an ihren Mann André und ringt um Fassung vor ihrem zerstörten „Traumhaus“, das sie und ihre Kinder zumindest die nächsten Monate wohl nicht betreten werden können. Die Feuerwehrleute, die die etwa einen Meter dicke Eiche von dem an mehreren Stellen eingestürzten Dach holten – es waren tragende Balken und Zwischenwände zerstört und Türzargen herausgerissen – gestatteten der Familie, schnell noch ein paar Sachen aus dem Haus zu holen.

Nur das Nötigste wurde eingepackt

„Da stand ich dann bei strömendem Regen, völlig durchgefroren mit einem Gefühl der Ohnmacht“, erinnert sich Diana Gaspar. Wie in Trance habe sie dann das Nötigste eingepackt, Papiere, Spielsachen für die Kinder. „Ich hatte keinen Kopf dafür, lief wie ein aufgeschrecktes Huhn durch die vom Regen aufgeweichte Wohnung und suchte ein paar Gegenstände zusammen.“ Zum Glück habe ein Feuerwehrmann sie beruhigen und ihr dabei helfen können.

Die Planen auf dem Dach des Hauses in Bönningstedt zeigen, wo die Eiche beim Sturm einschlug
Die Planen auf dem Dach des Hauses in Bönningstedt zeigen, wo die Eiche beim Sturm einschlug © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Ausgesprochenes Glück hatte die Familie auch, dass sie nicht im Haus war, als der über Norddeutschland hinwegfegende Nordoststurm die Eiche entwurzelte. Bis auf den Hund, dem aber nichts passiert ist. Nicht auszudenken, was hätte passieren können, sagt Diana Gaspar. Denn die Eiche stürzte durch das Dach in das Kinderzimmer, während sie und ihr Mann in Hamburg bei der Arbeit und die Kinder in der Kita waren.

Den kleineren, vier Jahre alten Sohn habe das Unglück regelrecht mitgenommen, erzählt die Mutter. „Er hat das noch nicht verarbeitet, hat jetzt Angst vor hohen Räumen, dass etwas herunterfällt. Den kann ich im Moment nicht allein lassen.“

Asyl in einer leerstehenden Bürofläche

Vorübergehendes Asyl hat die Bönningstedter Familie jetzt in einer leerstehenden Bürofläche am Markt gefunden. Zwei Notunterkünfte, die die Gemeinde und die Stadt Quickborn zunächst vermittelte, erwiesen sich als ungeeignet und zu teuer. Für die eine hätte die Familie, die „zwar obdachlos, aber nicht mittellos ist“, wie André Gaspar sagt, 1600 Euro Miete im Monat zahlen sollen. In die andere durften sie den Hund nicht mitnehmen. „Den haben wir jetzt 13 Jahre und lassen ihn nicht mehr allein“, stellt André Gaspar fest. „Eher stehe ich auf der Straße, als dass ich unseren Hund weggebe.“

Immobilienbesitzer bot der Familie spontan Hilfe an

Doch das müssen sie nicht, dank der spontanen Hilfe von Rolf Mensching. Der Immobilienbesitzer bot der Familie sofort die leerstehende Fläche in dem Bürogebäude an. „Da kann die Familie jetzt bis auf weiteres wohnen“, sagt er. „Als ich davon hörte, dass sie mit zwei kleinen Kindern obdachlos geworden ist, musste ich natürlich helfen.“

Sturmtief Xavier

Das Sturmtief Xavier raste mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h über das nördliche und östliche Europa und verursachte schwere Schäden. In Deutschland starben vor allem durch umstürzende Bäume sieben Menschen, viele Gebäude wurden stark beschädigt und der Bahnverkehr musste teilweise eingestellt werden.

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Allerdings gibt es in den Räumen nur eine kleine Herdplatte, eine Toilette, keine Dusche. Darum habe die Gemeinde der Familie jetzt angeboten, die sanitären Anlagen des Bauhofes nutzen zu können, sagt Bürgermeister Peter Liske. „Ich war erschüttert, als ich davon hörte, dass ein Baum ein ganzes Haus zerstören und die Existenz einer Familie bedrohen kann“, sagt Liske, der froh sei, dass die Kinder nicht im Haus waren, als es passierte. „Ich finde es bemerkenswert, welche Kraft die Familie trotz ihres schweren Schicksalsschlages aufbringt.“

Tatkräftige Unterstützung durch die Nachbarn

Sie muss sich jetzt vor allem darum kümmern, dass das Reihenhaus, in das sie vor fünf Jahren so glücklich eingezogen ist, wieder bewohnbar und vor allem winterfest gemacht wird. Mit Hilfe des Technischen Hilfswerks in Barmstedt und örtlicher Dachdecker konnte das Dach jetzt endlich dicht gemacht werden, durch das es tagelang reingeregnet ist und das gesamte Inventar unter Wasser gesetzt hat. Sie seien ständig mit den Versicherungen und Gutachtern in Kontakt, sagt André Gaspar, der wie seine Frau selbst bei einer Versicherung arbeitet. „Aber mit Gebäuden und Hausrat haben wir nichts zu tun“, sagt er nachdenklich.

Auch die Nachbarn, die sie als erstes über die Katastrophe alarmierten, würden ihnen tatkräftig helfen, auf die Kinder aufpassen, zum Frühstück einladen, sie duschen und Wäsche waschen lassen. „Es ist schön, dass es diese Hilfe gibt“, sagt Diana Gaspar. Sie gebe ihr Kraft.