Wedel/Helgoland. 14 Jahre lang pendelte der „Halunder Jet“ zwischen Hamburg und Helgoland. Den letzten Flug über die Nordsee begleitete das Abendblatt.
Dieses Hupkonzert, das die Helgoländer dem „Halunder Jet“ zum Abschied bereitet haben, müssen die Bewohner sogar auf dem Festland gehört haben. Hunderte Besucher und Inselbewohner hatten sich am Hafen versammelt. Die Feuerwehr war angerückt und stand Spalier, Blaulicht inklusive. Auf dem Meer sorgte das Feuerwehrboot für eine ansehnliche Wasserfontäne. Die Insulaner wissen, wie man ordentlich Tschüs sagt.
Es ist Sonntag, 16.30 Uhr. Zu dieser Zeit legt der Katamaran samt der vielen Besucher, die er täglich auf die Insel bringt, üblicherweise ab. Doch an diesem Sonntag ist nichts alltäglich. Denn diesmal legt der „Halunder Jet“, der in den vergangenen 14 Jahren Helgoland mit Hamburg verbunden hat, zum letzten Mal von der Kaimauer im Südhafen ab. Es wird gewinkt, getrötet, gehupt. An Bord liegt sich die Mannschaft in den Armen. Derzeitige Crewmitglieder, ehemalige langjährige Mitarbeiter und Familienangehörige: Sie alle sind bei dieser besonderen Fahrt dabei. Einige Börteboote begleiten den Katamaran aus dem Hafen hinaus. Der „Halunder Jet“ dreht noch eine letzte Pirouette vor der Insel, und dann ist es vorbei.
Helgoline-Geschäftsführerin Birte Dettmers reibt sich verstohlen Tränen aus dem Gesicht. „Es geht ja weiter. Aber das berührt einen schon“, sagt sie fast entschuldigend. Ähnlich ergeht es Bodo Balog. „Dass das schöne Schiff nun weg muss, geht einem schon nahe“, gesteht der gestandene Mann und fügt schnell hinzu: „Aber natürlich stirbt man nicht dran.“ Der 58 Jahre alte Balog ist seit 26 Jahren auf der Linie zwischen Hamburg und Helgoland unterwegs – einst als Kellner auf dem Seebadschiff, der „Wappen von Hamburg“.
So treu wie die Mitarbeiter, so treu ist auch mancher Fahrgast. „Halunder-Jet“-Fan Andreas Gilde hat für die letzte Fahrt sogar ein eigenes T-Shirt entworfen. „Moak et got“ steht dort auf Helgoländisch geschrieben. Die letzte Fahrt wollte sich der Zugbegleiter aus Süddeutschland auf keinen Fall entgehen lassen.
Reederei setzte mit dem Katamaran neue Standards
Dabei ist es ja weniger eine Fahrt als viel mehr ein letzter Flug über die Nordsee, wenn man dem Werbetext im Einführungsfilm samt Sicherheitshinweisen glauben will. Klar ist: Die Förde Reederei Seetouristik setzte mit dem Schiff, das es auf 9436 PS und 36 Knoten bringt, neue Standards. Zu Recht darf die Reederei damit werben, dass sie den schnellsten Törn über Elbe und Nordsee gen Helgoland anbietet. Zudem setzte das Schiff auch einen anderen neuen Standard, der damals bei den Helgoländern aber gar nicht gut ankam. Denn der Katamaran darf aufgrund seines niedrigen Tiefgangs direkt im Inselhafen anlegen. Alle anderen Fährschiffe müssen vor der Insel festmachen. Die zahlreichen Besucher werden mit den Börtebooten ausgeschifft. Daran hängen viele Arbeitsplätze. So war die Angst anfangs groß, dass der „Halunder Jet“ diese Tradition begraben könnte. Eingetroffen ist das bis heute nicht.
Somit endete am Sonntag für Crew und Fahrgäste eine Ära. „Der Halunder Jet“ geht nach knapp 3000 Fahrten, bei denen etwa 1,3 Millionen Gäste befördert wurden, im anderen Design nun nach Kanada. Dort soll er eine neue Linie zwischen dem kanadischen Vancouver und Victoria verstärken. „Einen Katamaran auf dem Weltmarkt zu finden, der die nötigen Richtlinien erfüllt, ist nicht so einfach“, erklärt Dettmers, und da man ein neues Schiff nicht auf einer neuen Linie einsetze, käme die Hamburg-Helgoland-Linie nun unerwartet zu einem neuen Schiff. Das befindet sich bereits im Bau.
Australische Werft baut das neue Helgoland-Schiff
17 Millionen Euro investiert die Reederei in den neuen Katamaran. Das Schiff, das derzeit von einer australischen Werft gebaut wird, soll im Frühjahr 2018 nach Helgoland überführt werden. Dort wird der Katamaran offiziell vom neuen Eigentümer übernommen. Dann muss er noch einen Test überstehen – und zwar eine Fahrt durch den Hamburger Hafen, bei der der Wellenschlag von der Hamburg Port Authority geprüft wird. Danach richtet sich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, die der Katamaran auf der Elbe bis Rissen fahren darf. Da sich das unmittelbar auf den Fahrplan auswirkt, überließ die Reederei nichts dem Zufall.
Im Vorwege wurden aufwendige Simulationen in Auftrag gegeben, bei denen das alte und das neue Schiff verglichen wurden. Laut Dettmers schnitt das neue Schiff – dessen Name schon feststeht, aber erst bei der Taufe bekannt gegeben wird – in der Theorie deutlich besser ab als das alte. Das wird nun noch die Praxis beweisen müssen.
Baufortschritt online verfolgen Der neue Katamaran verkehrt vom kommenden Jahr an zwischen Hamburg und Helgoland. Der Neubau mit einer Länge von gut 56 Metern bietet laut der Flensburger Förde Reederei Seetouristik bis zu 692 Passagieren Platz – etwa ein Fünftel mehr als der alte „Halunder Jet“. Dazu kommenein sechsmal größeres Freideck, eine 360-Grad-Rundumsicht auf dem Brückendeck und ein Lift. Der Nachfolger entsteht in der australischen Werft Austal. Er kostet laut Reederei 17 Millionen Euro. Der Baufortschritt kann online auf der Webseite von Helgoline verfolgt werden. |