Tornesch/Lanzarote. Wie ein Tornescher sein von einem Junkie bewohntes Traumschiff entdeckte und dieses eine lange und abenteuerliche Reise antrat.

Nein, wie ein Traumtänzer wirkt Edzard Leffers nicht. Eher bodenständig. Guter Job, nettes Häuschen in Tornesch, zwei Hunde. Eine kleines bisschen verrückt ist der 59-Jährige trotzdem. Wer entdeckt schon ein fast schrottreifes Boot auf Lanzarote, wagt eine abenteuerliche Überführung durch den englischen Kanal, um jahrelang jedes Wochenende, jeden Urlaubstag auf einer norddeutschen Werft zu tüfteln? Richtig: Edzard Leffers. Nächstes Jahr geht es zu Wasser, sein Souvenir aus Lanzarote. Sein Traumschiff auf zwei Rümpfen. Ein Katamaran, „Naomi“ genannt. Das ist der Name der ersten Weltumseglerin.

Ein Bild aus dem Jahr 2012. Der Katamaran dümpelt ohne Masten vor Lanzarote herum. Edzard Leffers schlug zu, brachte das Boot auf abenteuerliche Weise nach Deutschland und investiert seitdem jede freie Minute
Ein Bild aus dem Jahr 2012. Der Katamaran dümpelt ohne Masten vor Lanzarote herum. Edzard Leffers schlug zu, brachte das Boot auf abenteuerliche Weise nach Deutschland und investiert seitdem jede freie Minute © HA | Andreas Daebeler

Ortstermin: Auf dem Gelände der Glückstädter Yachtwerft ist nicht viel los. Aus einer Ecke hinter der großen Halle, in der Boote überwintern, steht ein Zelt, aus dessen Innerem ein Hämmern und Sägen zu vernehmen ist. Zwei schneeweiße Rümpfe, die unter der Plane hervorlugen, lassen erahnen, was vor sich geht. „Immer rein“, ruft Edzard Leffers. Er steht auf der Brücke seines bald nahezu neuwertigen Katamarans. Und freut sich, dass das Zelt und „Naomi“ den Sturm Xavier unbeschadet überstanden haben. Vor Jahren hatte ein Orkan das Zelt, unter dem getüftelt wird, zerlegt.

Nicht mehr viel erinnert an das 14 Meter lange und sieben Meter breite Schiff, das Leffers 2012 auf den Kanaren entdeckte. Weltumsegler, denen das Geld ausgegangen war, hatten das Boot dort zurücklassen müssen. Ein Obdachloser mit Drogenproblem hatte es sich nach deren Abreise auf dem Katamaran gemütlich gemacht. Ingo, so der Name des Bootsbesetzers, hocke mittlerweile auf Lanzarote im Knast, so Leffers. Der Hang zu Betäubungsmitteln sei dem „Naomi“-Bewohner zum Verhängnis geworden.

Unterm Zelt geschützt: Das Boot von Edzard Leffers hat Sturm Xavier überstanden
Unterm Zelt geschützt: Das Boot von Edzard Leffers hat Sturm Xavier überstanden © HA | Andreas Daebeler

Die Wochen nach dem Kauf des im Jahr 2000 in Trondheim vom Stapel gelaufenen Boots fallen arbeitsam aus. Mit Freunden reist Leffers nach Lanzarote, legt „Naomi“ trocken. Und muss erstmal ein Biotop entfernen. „Da war reichlich Muschelbewuchs“, erinnert sich der 59-Jährige. „Anschließend bauten wir die Ruderanlage komplett neu, sonst hätten wir uns nicht auf den Atlantik trauen können.“ Leffers packt ein paar Matratzen von Ikea in das eigentlich als Rennboot konzipierte und nur notdürftig für die dann abgebrochene Weltumseglung umgestaltete Schiff – und los geht die Reise. Sohn Sönke, Bruder Bernd und ein Freund lenken „Naomi“ ins französische Brest, wo der neue Eigner selbst das Ruder übernimmt.

Und ihn erwartet eine Situation, die nicht ohne ist. Ein Motor gibt den Geist auf, der Ersatz kurz darauf auch, weil Wasser in den Diesel geraten ist. „Wir sind zwei Tage ohne Maschine im Englischen Kanal hin- und hergeschippert“, erinnert sich der Tornescher. Nach 15 Tagen Abenteuer schafft es die Besatzung dann irgendwie doch in die Elbe. Was folgt, sind Jahre, in denen in Glückstadt geschraubt, gesägt und lamelliert wird. Um die 100.000 Euro investiert Leffers in seinen Traum von Schiff. Vor allem aber Zeit. Seine Frau Gisela, sie ist Rektorin an einer Uetersener Schule, nimmt das hin. „Aber sie mag das Boot kaum noch sehen“, sagt Leffers.

Der Katamaran

Polynesische Fischer gelten als Erfinder des Katamarans. Die Bauweise war jedoch schon im antiken Rom bekannt.

Katamarane fahren im Gegensatz zu einrümpfigen Booten auf zwei Rümpfen. Durch geringe Auflage auf dem Wasser sind sie schneller als herkömmliche Schiffe.

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Im Inneren ist noch einiges zu tun, aber viel benötigte Technik ist bereits eingebaut
Im Inneren ist noch einiges zu tun, aber viel benötigte Technik ist bereits eingebaut © HA | Andreas Daebeler

Der Tornescher Tüftler war schon immer gern auf dem Wasser. Zehn Jahre war er mit einem Trimaran auf der Flensburger Förde unterwegs. 45.000 Euro hat Leffers („Ich wollte immer ein großes Boot haben“) 2012 spontan hingeblättert. Genaugenommen ein Schnäppchen. Wenn das Schiff 2018 ins Wasser der Flensburger Förde rutscht, wird es mit 250.000 Euro versichert sein. Mit vier Doppelkojen und zwei Einzelbetten ist dann Platz für die ganze Familie. Angetrieben von zwei 29 PS starken Dieselmotoren, kommt die dank besonders leichter Baustoffe nur 7,5 Tonnen wiegende „Naomi“ auch bei Windstille voran. Mit den 127 Quadratmetern Segelfläche geht es rasanter übers Wasser.

Wenn Leffers von Flensburg kommend gen Osten will, muss er allerdings einen Umweg in Kauf nehmen. Grund ist die Masthöhe von 23 Metern. „Unter der Fehrmarn-Sund-Brücke komme ich nicht durch“, sagt der Tornescher. Doch wer eine so lange Reise mit dem Katamaran hinter hat, wird einen Weg aus der Förde finden. „Ich möchte jedenfalls irgendwann nach Trondheim“, sagt Edzard Leffers. Für seine „Naomi“ wäre es die Rückkehr in den Heimathafen.